Frage an Holger Haibach von Dieter M. bezüglich Finanzen
Hallo Herr Haibach !
Am letzten Sonntag gab es in der Sonntags-FAZ bei Geld & Mehr auf Seite 49 einen großen Bericht über die ab 2009 gültige Abgeltungssteuer.
Falls Sie diesen Bericht nicht kennen: Ich habe noch ein Exemplar und kann den Ihnen gerne zuschicken.
In diesem Bericht wird ausführlich berichtet, was auf uns zukommt. Also 25 % Steuer + Soli + Kirchensteuer für Veräußerungsgewinne von Aktien, Fonds und anderen Wertpapieren die nach dem 01.01.2009 erworben bzw. gezeichnet werden. Im letzten Absatz steht dann wie Mann/Frau ganz legal diese Steuer umgehen kann. Wenn jemand jetzt 1,25 Millionen Euro in Luxemburg als persönlichen Investmentfond anlegt, ist er von dieser Steuer auch ab 2009 befreit. Diese Regelung finde ich, mit Verlaub, asozial. Wie können Volksvertreter, das Gesetz ist ja mit großer Mehrheit verabschiedet worden, sowas zulassen ? Wer viel Geld hat wird belohnt, der kleine Mann, wie fast immer, bestraft. Was gedenken Sie zu tun, um dieses Schlupfloch zu stopfen ? Nur als Denkhilfe: Bei Anlage von 1,25 Mill. Euro gehen dem Staat 356250 Euro an Steuer verloren. Mit diesen 354250 Euro könnte man eine Menge tun...
Hier geht es um Gerechtigkeit. Und ich bin jetzt schon auf Ihre Antwort gespannt.
Mit freundliche Grüßen aus dem Hochtaunus
Dieter Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de. Gerne will ich versuchen, zur Aufklärung in der Sache beizutragen.
Richtig ist folgendes:
Das Großherzogtum Luxemburg hat im Februar 2007 sein Investmentrecht geändert. Seitdem können sich auch natürliche Personen als qualifizierte Anleger an "Spezialfonds" beteiligen oder der einzige Anleger eines solchen "Spezialfonds" sein. Das Gesetz räumt sehr große Gestaltungsspielräume hinsichtlich der Organisationsform und der Gegenstände ein, in die das Vermögen solcher "Spezialfonds" investiert werden kann.
Letztlich bedeutet dies, dass ein deutscher Anlege in Luxemburg eine Summe von 1,25 Mio. EUR investieren kann, um dort selbst einen Fonds aufzulegen, den er auch selbst verwalten muss. Bisher war es so, dass Ausschüttungen (Dividenden) aus Akten steuerpflichtig waren, Investmentfonds dagegen waren von dieser Regelung durch das sogenannte "Fondsprivileg" ausgenommen. Diese Regelung entfällt ab 2009, sodass auch die Ausschüttungen von Fonds steuerpflichtig sind. Für thesaurierte Veräußerungsgewinne bleibt es in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht bei der grundsätzlichen Nichtsteuerbarkeit. D.h. nur wenn der Anleger innerhalb seines eigenen Fonds wieder investiert und keine Gewinne ausschüttet, bleibt er steuerfrei. Veräußerungsgewinne sind jedoch wiederum steuerpflichtig, sodass der Vorteil nur bei der Thesaurierung zu sehen ist. Zwar erfolgt in diesen Fällen kein Kapitalertragsteuerabzug nach § 7 InvStG, der Steuerpflichtige ist aber verpflichtet, diese Kapitalerträge zu erklären, damit das Finanzamt die darauf entfallende Steuer festsetzt. Dabei wendet es zurzeit den individuellen Steuersatz an und demnächst den Abgeltungssteuersatz gemäß § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes. Aus gutem Grund haben die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen an dieser Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge festgehalten. Ein steuerehrlicher Bürger kann sich also durch einen thesaurierenden Luxemburger "Spezialfonds" nicht der Belastung mit der Abgeltungssteuer entziehen.
Die Abgeltungssteuer wird im Übrigen auf Erträge fällig, nicht auf die gesamte Investitionssumme, wie in Ihrem Beispiel aufgeführt. Würden die 25% zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer auf die Investitionssumme angerechnet, so bliebe dem Anleger nach vier Jahren ja kein Geld mehr übrig. Hier liegt offenbar ein Denkfehler vor. Es bleibt bei dieser gesamten Thematik abzuwarten, ob und in welchem Umfang solche Fonds aufgelegt werden. Letztlich ist das Problem auch von der Steuerehrlichkeit der Bürger abhängig. Nur wenn sich der Gedanke durchsetzt, dass Steuern notwendig für das Gemeinwesen, d.h. unseren Staat zur Erfüllung seiner umfassenden Aufgaben, sind werden Steuern auch ehrlich entrichtet werden. Aber es wird auch weiterhin so bleiben: Wer betrügen will, der wird auch einen Weg finden dies zu tun. Der Gesetzgeber kann leider nicht alle Lücken schließen, die kriminelle Energie von Steuerbetrügern ist mit gesetzlichen Regelungen nicht aus der Welt zu schaffen.
Die Bundesregierung wird dieses Thema weiterhin sehr genau beobachten und gegebenenfalls Änderungen vornehmen, falls dies notwendig sein wird. Ich darf Ihnen auch versichern, die CDU-CSU-Fraktion dieses Problem ebenfalls ernst nimmt und Betrügereien nicht akzeptieren wird.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen die Thematik erläutert zu haben
und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Holger Haibach