Frage an Holger Haibach von Jens O. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Haibach,
ich bin seit mehr als 30 Jahren dem Luftsport verfallen und fliege in meiner Freizeit Segel- und einmotorige Motorflugzeuge. Seit mehr als 15 Jahren bin ich im Rahmen dieser Aktivitäten auch ehrenamtlich in verschiedenen Funktionen der Vereinsführung tätig.
An Sie als Kandidat in meinem Wahlkreis habe ich einige Fragen, deren Beantwortung darüber mitentscheidet, ob Sie meine Stimme (und evtl. die meiner Fliegerkamerad(in)en, deren Familienangehörigen und weiterer Freunde des Luftsports) erhalten werden. Ich möchte Sie hiermit auf 2 aktuelle Punkte ansprechen, die das Leben und die Freizeitgestaltung von rd. 45.000 deutschen ´Privatpiloten´, so der offizielle Begriff der Luftfahrzeugführer, die nicht berufsmäßig fliegen, derzeit massiv einschränken, denn wir Luftsportler ersticken momentan in völlig groteskem Bürokratenwahn.
1. Punkt: Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)
Seit kurzem muß sich jeder Inhaber einer deutschen Pilotenlizenz laut §7 LuftSiG periodisch einer Zuverlässigkeitsprüfung (ZÜP) unterziehen, um nachzuweisen, daß er für dieses Land ein erträgliches Risiko darstellt oder kein potentieller Terrorist ist, dem die Flug-Lizenz entzogen werden muß, um so "den Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen" sicher zu stellen. (Zitat aus dem LuftSiG § 1 Zweck)
Man verdächtigt hier also pauschal alle deutschen Piloten, potentielle Terroristen zu sein. Dies ist aber so unbegründet, daß es die Gesetzeslage nicht hergibt, daß die Behörden selbstständig Nachforschungen im Einzelfall anstellen können. Aus dem Grund müssen wir diese Nachforschungen gegen uns selber beantragen. Auf eigene Kosten natürlich! Gleichzeitig wird uns für den Fall, daß wir diese Überprüfung nicht beantragen, damit gedroht, daß die Privatpilotenlizenz widerrufen wird. "Nach § 4 Abs,. 1 LuftVG ist Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis, daß keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbers bestehen. Verweigert ein Luftfahrer die Prüfung seiner Zuverlässigkeit, so begründet dies Zweifel an der Zuverlässigkeit, da für die Bejahung der Zuverlässigkeit eine Überprüfung nach §7 LuftSiG zwingend vorgeschrieben ist. Bei Vorliegen von Zweifel ist gem. § 4 Abs.3 LuftVG die Erlaubnis zu widerrufen." (Zitat aus dem Text des BMI-Erlasses)
Durch diese Vorgehensweise wird die Unschuldsvermutung als wichtigem Rechtsgrundsatz in diesem Lande kurzerhand ausgehebelt und macht jeden gesetzlichen Schutz des unschuldigen Bürgers zu einer Farce.
Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt und was werden Sie nach der Wahl dagegen unternehmen?
Eigentlich heißt es in §17 LuftSiG:
"(1) Das Bundesministerium des Innern regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7, insbesondere
1. die Frist für eine Wiederholung der Überprüfung sowie
2. die Einzelheiten der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten.
..."
Diese Regelung gibt es aber bis zum heutigen Tage nicht! Dennoch sind auf Betreiben des Innenministeriums die Regierungspräsidien angewiesen worden, sofort mit der ZÜP zu beginnen. Das führt zu einer völlig unübersichtlichen Situation und so werden von den verschiedenen RP´s in der Bundesrepublik unterschiedliche Vorgehensweisen in Bezug auf die Überprüfungsperioden und die Kosten praktiziert.
Genauso wenig gibt es die durch den Bundesrat festzulegenden Kriterien, die als Grundlage der Zuverlässigkeitsprüfung dienen sollen. Ich weiß bis zum heutigen Tag nicht, wie ich mich verhalten muß oder in der Vergangenheit verhalten mußte (!), um jetzt als ´zuverlässig´ eingestuft zu werden. Eine entsprechende Anfrage bei dem für mich zuständigen RP in Darmstadt nach den Zuverlässigkeitskriterien ist leider noch unbeantwortet. Auch hier entscheiden die Behörden offensichtlich völlig frei nach eigenem Gutdünken. Eine Rechtssicherheit gibt es nicht..
Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt und was werden Sie nach der Wahl gegen diese Rechtsunsicherheit unternehmen?
So richtig absurd wird die Sache, wenn man bedenkt, daß deutsche Piloten mit ausländischer Lizenz und ausländische Piloten, die in Deutschland fliegen, nicht überprüft werden.
Bisher gab es übrigens weltweit noch keinen einzigen Terroranschlag von Piloten mit gültiger Lizenz, dagegen jede Menge Anschläge mit PKW, LKW, Rucksack, (Sprengstoff-) Gürtel etc.. Logischer- und konsequenterweise müßten also zunächst alle PKW- und LKW-Fahrer, Rucksack- und Gürtelträger einer ZÜP unterzogen werden. Warum müssen dies nur die Flieger über sich ergehen lassen?
Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt und was werden Sie nach der Wahl dagegen unternehmen, daß nur die Privatpiloten ihre Zuverlässigkeit einer Überprüfung unterziehen lassen müssen?
2. Punkt: "JAR-FCL 3 deutsch"
Hier geht es um die Gesundheitsprüfung der Piloten. Wir Flieger müssen uns in regelmäßigen Abständen - je nach Alter in Intervallen von 5 bis 1 Jahr - unsere Tauglichkeit aus medizinischer Sicht durch einen speziell dazu ausgebildeten und lizensierten Arzt (´Fliegerarzt´) schriftlich bestätigen lassen. Ohne diese ´Fliegerärztliche Tauglichkeitsbescheinigung´ dürfen wir nicht fliegen. Und das, obwohl weltweit statistisch nachgewiesen ist, daß aufgrund mangelnder Gesundheit der Piloten praktisch keine Unfälle verursacht werden. So z.B. entsprechende Untersuchungen in Amerika, die ergaben, daß der Anteil medizinisch verursachter Unfälle bei 0,36 Prozent liegt, die der Ballonfahrer und Segelflieger bei 0,33 Prozent. In anderen europäischen Ländern reicht deshalb lebenslang ein Besuch beim Hausarzt zu Beginn der fliegerischen Ausbildung, der feststellt, ob sein Probant gesundheitlich in der Lage ist ein Flugzeug zu führen oder nicht.
Sei´s drum, wir leben in Deutschland! Mit dieser Regelung leben wir seit Neubeginn der Fliegerei nach dem Krieg und haben damit eigentlich auch kein Problem.
Allerdings ist im Mai 2003 im Rahmen der europäischen Harmonisierung bei uns in Deutschland mit dem neuen Regelwerk "JAR-FCL 3 deutsch" ein monströses bürokratisches Regelwerk auch für uns Luftsportler verbindlich geworden, welches ursprünglich nur für die gewerbliche Luftfahrt vorgesehen war. Das resultiert zum einen aus einer nachweislich falschen Übersetzung (!) des englischen Original-Textes und zum anderen durch die Abschaffung des Medical Klasse 3 (nach den internationalen Regeln der ICAO), was die Lage für den normalen Luftfahrer noch verschärft hat.
So führen nach den neuen Regelungen bei wortwörtlicher Auslegung bereits winzige Kleinigkeiten zur Fluguntauglichkeit und erst nach erneutem - natürlich kostenpflichtigen - Besuch beim Fliegerarzt darf wieder geflogen werden! Nach Meinung einiger Fliegerärzte und Behördenvertreter stellt z.B. eine Betäubungsspritze beim Zahnarzt, eine Grippeimpfung, eine Blutspende einen ´invasiven Eingriff´ - so der Begriff in dem Regelwerk - dar, der zur Untauglichkeit führt. Sogar eine simple Schwangerschaft wird zur Krankheit und führt zur sofortigen Fluguntauglichkeit! Leider scheint noch nicht einmal Herr Dr. Kirklies, Leiter des Referates Flugmedizin im Luftfahrtbundesamt (LBA) in Braunschweig, zu wissen, was denn nun fluguntauglich macht. Und er war maßgeblich an der Einführung dieser Regeln beteiligt. Auf Anfragen von verschiedenen Personen zu einem Sachverhalt sind da leider verschiedene Antworten erfolgt, was die Lage nicht gerade vereinfacht. Eine Rechtssicherheit besteht hier nicht. Was passiert z.B. wenn bei einem der seltenen Luftfahrt-Unfälle eine Versicherung nicht zahlen will und dann versucht, anhand der nicht vorhandenen Rechtssicherheit dem betroffenen Piloten daraus einen Strick zu drehen?
Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt und was werden Sie nach der Wahl gegen diese Rechtsunsicherheit unternehmen?
Selbst der Fliegerarzt-Verband wandte sich gegen die Anwendung der neue Regelung auf die Sportflieger. Aber offensichlich vergebens, denn wie Herr P. Novak, der seit einiger Zeit Mitarbeiter des Referates LS17 im Bundesverkehrsministerium ist, Fliegerärzten gegenüber erklärte, die aus guten Gründen Teile der neuen Bestimmungen kritisieren und auf Änderung drängen, sei dies alles „Gesetz“, also nicht mehr zu ändern, das gelte und Proteste seien sinnlos. Typisch deutsch eben!
Die staatlichen Forderungen an die Gesundheit eines Segelfliegers sind in Deutschland - weltweit einmalig ! - durchaus vergleichbar mit jenen, die an einen jungen und gesunden Jumbo-Kapitän oder an einen Kampfjetpiloten gestellt werden. Piloten, die nach der alten Regelung jahrzehntelang problemlos und unfallfrei ein Segelflugzeug flogen, werden nach den neuen Regeln ´gegroundet´, obwohl sich an ihrem Gesundheitszustand nichts verändert hat! Die alten, erfahrenen Funktionsträger in unseren Vereinen drohen daher auszusterben und für die Jüngeren wird es einfach zu teuer ( mehrere hundert Euro für eine Erstuntersuchung! ), weil sie neuerdings eine perfekte - und damit völlig übertriebene - Gesundheit nachweisen müssen. Die selben Menschen dürfen aber natürlich problemlos weiter Auto fahren.
Weitere Probleme liegen in der Anwendung der neuen Regelungen selbst.
So wird man als Proband dazu genötigt, quasi einen ´Blankoscheck´ für die Kostenübernahme für beliebige, nicht übersehbare Folge-Untersuchungen zu unterschreiben. Bei Weigerung bekommt man kein Medical und darf nicht mehr fliegen. Leider sind schon einige Fälle bekannt geworden, bei denen die Betroffenen maßlos abgezockt wurden. Allein für den Aktenversand durch Behörden wurden schon Beträge von 240 bzw. 650 Euro in Rechnung gestellt. Ärztliche Zusatzuntersuchungen liegen nicht selten im vierstelligen Bereich.
Ein weiteres Problem liegt im Datenschutz. Da wird man als Proband gezwungen, neben Fragen zu den eigenen medizinischen und persönlichen Verhältnissen, medizinische Daten von nahen Verwandten, das Verhältnis zu Versicherungen, ... (es gibt da einen Fragenkatalog mit fast 100 Fragen den Sie sich mal anschauen sollten) zu beantworten. Das wäre nicht so schlimm, wenn die Daten beim Arzt selber entsprechend seiner Schweigepflicht verbleiben würden. Leider wurde auch diese durch die neuen Regeln ausgehebelt, was nicht nur das Vertrauen in den Arzt zunichte macht. Der Fliegerarzt übermittelt den Behörden zwangsweise nicht nur den Bescheid ob jemand tauglich ist, nein, er muß den Behörden das Ergebnis des gesamten Fragenkataloges und die Befunde schriftlich und zusätzlich auch noch elektronisch per Computer übermitteln. Hier werden also die ärztlichen Schweigepflicht und der Datenschutz untergraben.
Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt und was werden Sie nach der Wahl gegen die Untergrabung der Ärztlichen Schweigepflicht und des Datenschutzes in diesem Zusammenhang unternehmen?
Auch ist völlig unklar, was mit den Daten in den Behörden selbst geschieht, wie diese gespeichert werden, wer darauf Zugriff hat.
Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt und was werden Sie nach der Wahl unternehmen um den Datenschutz zu gewährleisten und den Mißbrauch der Daten zu verhindern?
Soweit die beiden Problempunkte und die konkret daraus resultierenden Fragen.
Zu Ihrer Information: vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Umstände flaggen zur Zeit sehr viele deutsche Piloten aus. Das heißt, sie lassen im benachbarten Ausland ihre deutschen in österreichische, schweizerische, tschechische etc. Lizenzen umschreiben und fliegen mit diesen Lizenzen wieder legal in Deutschland. Erstens ist es deutlich preiswerter und zweitens absolut problemlos, legal und ein eleganter Weg, dem deutschen Bürokratismus zu entgehen. Die Zulassungsbehörden werden also in Zukunft deutlich weniger zu tun bekommen.
Ob das im Sinne des Erfinders der bürokratischen Lösungen war?
Aber es ist wohl ein Wesenszug von uns Deutschen, daß wir meinen, ein Verbrechen einfach verbieten zu können. Man kann aber einen Banküberfall nicht dadurch verhindern, daß man vor die Bank ein Halteverbotsschild stellt und davon ausgeht, daß sich auch der Bankräuber daran hält. Und ein zweites, wenn wider Erwarten doch ein Einbruch geschehen ist.
So geschehen in Berlin nach dem Selbstmord des UL-Piloten, denn der Luftraum über Berlin war auch in der Vergangenheit nur nach Freigabe durch die Deutsche Flugsicherung (DFS) befliegbar. Die Einrichtung einer Flugverbotszone war deshalb unsinnig. Aber selbst der diesbezügliche Rat der DFS wurde des Populismus wegen nicht gehört.
Dieses wird augenscheinlich nicht gesehen und man gaukelt der Bevölkerung mit völlig unsinnigen und fachlich völlig untauglichen Maßnahmen eine trügerische Sicherheit vor, die es so nicht gibt. Frei nach dem Motto "Wir haben doch alles getan und waschen unsere Hände jetzt in Unschuld" .
In diesem Zusammenhang sei an die Einrichtung der Sperrgebiete um die deutschen AKW´s für Sichtflieger erinnert. Die haben dazu geführt, daß jetzt jeder potentielle Terrorist mit Internetzugang die genauen GPS-Koordinaten der deutschen AKW´s aus dem Internet herunterladen kann, da sie dort ordnungsgemäß veröffentlicht wurden damit diese von den gesetzestreuen Piloten auch umflogen werden können. Welch ein Sicherheitsgewinn!
Die Gesetzgebungen zum Thema "Anti-Terror" basieren größtenteils auf einem gestörten Vertrauensverhältnis des Staates bzw. seiner Verwaltungsorgane gegenüber seinen Bürgern. Ich finde diese Einstellung sehr bedenklich. Dieser latente Generalverdacht gegenüber der Gesellschaft bzw. einzelnen Gruppen (in diesem Fall Sport- und Privatpiloten) ist unerträglich. Wenn Sie sich die Eingriffe in das öffentliche und private Leben der letzten vier Jahre im Gesamtbild ansehen, wird hier an den Fundamenten eines freiheitlichen Rechtstaates gerüttelt.
Stellen Sie sich vor eine künftige, radikale Regierung findet solche "Notstandgesetze" bereits vor, ist das nicht angsteinflößend?
Soweit meine - nun leider doch sehr umfangreich gewordenen - Ausführungen. Vielen Dank dafür, daß Sie sie bis hierher gelesen haben.
Benötigen Sie zur Meinungsbildung weitere Hintergrundinformationen? Ich lasse Sie ihnen gerne zukommen.
Ich lade Sie hiermit herzlich zu einem kleinen Rundflug über Ihren Wahlkreis ein, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, daß wir keine Terroristen sind, sondern normale Menschen, die nur um ihre freiheitliche Grundrechte fürchten. Eine gute Gelegenheit dazu wäre unser alljährliches Flugplatzfest, das in diesem Jahr an dem Wochenende 27. + 28. August auf dem Flugplatz Anspach/Ts. stattfindet. Wie in den vergangenen Jahren rechnen wir wieder mit mehreren tausend Besuchern, die wir natürlich auch auf unsere Probleme aufmerksam machen werden.
Ich sehe Ihren Antworten erwartungsvoll entgegen und mit mir sicherlich auch die rund 500 Luftsportler, die in den Luftsport-Vereinen Ihres Wahlkreises aktiv sind.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Olbrich
1. Vorsitzender des
Luftsportclub Bad Homburg e.V.
Beethovenstraße 2
D-61250 Usingen/Ts.
Tel.: 06081/13238
Fax:06081/124422
Mobil: 0171/8151436
jens.olbrich@lsc-badhomburg.de
Sehr geehrter Herr Olbrich,
vielen Dank für Ihre ausführlichen Erläuterungen und Ihre Fragen.
Ihre Verärgerung über die letzten Regelungen des Luftsicherheitsgesetzes sowie die Flugtauglichkeitsprüfungen kann ich gut nachvollziehen. In der Tat ist es so, dass die rot-grüne Bundesregierung mit diesen Neuregelungen bürokratische „Monster“ geschaffen hat, die zu einer großen Belastung der zivilen, vor allem privaten Luftfahrt geworden sind. CDU und CSU haben die Entwicklungen mehrfach kritisiert und wissen um die Probleme, die sich in der täglichen Anwendung ergeben.
1. Luftsicherheitsgesetz:
Wir sind uns allerdings auch bewusst, dass der Schutz der Bevölkerung einen hohen Stellenwert haben muss, wie die Anschläge mit Flugzeugen in den Vereinigten Staaten gezeigt. Erst jüngst hat der Selbstmord eines Fliegers in Berlin gezeigt, dass auch von Kleinstflugzeugen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann, wenn dies gewollt ist.
Bereits während der parlamentarischen Beratungen hat die Union stets auf die verfassungsrechtlichen Probleme des Luftsicherheitsgesetzes hingewiesen. Im Gegensatz zur rot-grünen Koalition war es fortwährendes Anliegen sowohl der CDU/CSU-Bundestagsfraktion als auch der unionsgeführten Länder, Rechtssicherheit für die politischen Entscheidungsträger und die betroffenen Piloten zu schaffen. Hierzu ist eine Klarstellung im Grundgesetz unabdingbar. Diese notwendige Klarstellung hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (BT-Drs. 15/2649) vorgelegt. Leider hat die rot-grüne Koalition sich einer Klärung wider besseres Wissen verweigert, da ihr der Koalitionsfrieden wichtiger war. Deshalb hat die Union das Luftsicherheitsgesetz als Ganzes abgelehnt.
Da sich abzeichnete, dass die rot-grüne Koalition trotz der verfassungsrechtlichen Bedenken gewillt war ihr Vorhaben durchzusetzen, hat die Union in den Beratungen im Bundesrat mehrere Änderungsvorschläge zu einzelnen Regelungen des Luftsicherheitsgesetzes gemacht, um zumindest hier Einsicht bei Rot-Grün zu erreichen. Eine zentrale Forderung der Union hierbei war die Streichung von Art. 1 § 7 Abs. 1 Nummer 4 LuftSiG. In den Ausschussberatungen bemängelte die Union, dass das rot-grüne Gesetz dazu führen würde, dass auch sämtliche Luftfahrer, insbesondere Luftsportgeräteführer, ebenfalls nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 des LuftSiG hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit überprüft werden müssten. Es wurde unmissverständlich klargestellt, dass eine Ausdehnung des Zuverlässigkeitsmaßstabes gemäß § 7 LuftSiG auf sämtliche Luftfahrer sowohl inhaltlich als auch von den Auswirkungen her die an Luftfahrer zu stellenden Anforderungen überspannen würde.
Nachdem auch der Bundespräsident verfassungsrechtliche Bedenken am Luftsicherheitsgesetz geäußert hatte, hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes erneut eingebracht. Durch die erneute Einbringung unseres Gesetzentwurfs wollen wir Rot-Grün den Weg eröffnen, den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundespräsidenten gegen das Luftsicherheitsgesetz in einem erneuten parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren Rechnung tragen zu können. Auch beabsichtigen wir, die von Bundespräsident Köhler aufgeworfenen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen im Rahmen einer erneuten Expertenanhörung vertiefend zu behandeln, damit schlussendlich ein verfassungskonformes Gesetz zustande kommt. Eine verfassungsgerichtliche Klärung ist aus unserer Sicht nur der zweitbeste Weg, denn die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir derartiges im Parlament lösen und nicht von vorneherein dem Bundesverfassungsgericht überantworten. Wir werden diesen Weg aber nicht scheuen, wenn Rot-Grün sich im Gesetzgebungsverfahren erneut uneinsichtig zeigt.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird prüfen, inwieweit sich in diesen parlamentarischen Beratungen zum Luftsicherheitsgesetz auch Verbesserungen bezüglich einer sicherheitsorientierten, praktikablen Zuverlässigkeitsüberprüfung erreichen lassen. Die Union sich stets für sinnvolle Regelungen auch im Interesse der Sportpiloten eingesetzt hat, ohne dabei die unabdingbare Notwendigkeit des bestmöglichen Schutzes der Bevölkerung zu vernachlässigen. Leider konnte die Union bei der Verabschiedung des Luftsicherheitsgesetzes aufgrund der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse nur vor den Schwachstellen des Gesetzes warnen, ohne letztlich die Fehler aufhalten zu können. Vielleicht werden die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundespräsidenten Rot-Grün endlich zur Vernunft bringen.
Vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl sind unsere Bemühungen, Änderungen am Luftsicherheitsgesetz natürlich erst einmal sehr beschränkt. Nach einem möglichen Wahlsieg von CDU und CSU werden wir dieses Thema noch einmal aufgreifen und Änderungen erwirken. Letztlich wird dies vom Wahlausgang abhängen und veränderten Mehrheiten zu Gunsten der Union.
2. JAR-FCL 3 deutsch
Was Ihre Bedenken bezüglich der ärztlichen Gesundheitsprüfung angeht, stimme ich Ihnen in weiten Teilen zu. Die von Rot-Grün erlassene Regelung entspricht in keiner Weise unseren Vorstellungen von Bürgerfreundlichkeit und Bürokratieabbau. Sicher ist richtig, dass nur gesunde Menschen ein Flugzeug, gleich welcher Art, führen sollten. Die Sicherheit unserer Bevölkerung sollte für alle Beteiligten oberste Priorität haben. Dies ändert nichts daran, dass meine Fraktion und ich die derzeitige Regelung ablehnen und wir auf Änderungen drängen. Wir wollen nach der Bundestagswahl dieses Thema noch einmal aufgreifen und mit Hilfe externen Sachverstands eine Evaluierung der geltenden Regelungen durchführen. Gerade die Regelungen zum Datenschutz erachten wir als problematisch und wünschen eine Überprüfung. Gerade weil sich in der jüngsten Vergangenheit zahlreiche Flieger über die JAR-FCL 3 deutsch beschwert und auf deren Mängel hingewiesen haben, hat meine Fraktion eine Kleine Anfrage zum Thema „Die Situation des Luftsports in Deutschland nach JAR-FCL 3 (deutsch)“ verfasst. Wir wollten damit auf die aktuellen Probleme hinweisen und eine Stellungnahme der Bundesregierung erreichen. Leider ist aufgrund der Auflösung des Bundestages diese Kleine Anfrage nicht mehr in den parlamentarischen Ablauf eingebracht worden. Den Text der Anfrage stelle ich Ihnen dennoch gerne nachfolgend zur Verfügung.
Bitte seien Sie aufgrund unserer zahlreichen Bedenken gegenüber den geltenden Regelungen versichert, dass wir nach der Bundestagswahl die Fragen aufgreifen und mit Hilfe verschiedener Fachleute zu lösen versuchen werden. Dazu werden sicherlich auch Vertreter der Luftsportclubs beitragen können. Für ein persönliches Gespräch stehe ich Ihnen und den Vertretern des Luftsportclub Bad Homburg gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Haibach
Deutscher Bundestag Drucksache 15/
15. Wahlperiode
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Norbert Barthle, Axel Fischer, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Georg Brunnhuber, Renate Blank, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Hubert Deittert, Enak Ferlemann, Dr. Michael Fuchs, Eberhard Gienger, Peter Götz, Bernd Heynemann, Klaus Hofbauer, Gerlinde Kaupa, Norbert Königshofen, Werner Kuhn, Peter Letzgus, Eduard Lintner, Klaus Minkel, Henry Nitzsche, Günter Nooke, Peter Rauen, Klaus Riegert, Wilhelm-Josef Sebastian, Gero Storjohann, Lena Strothmann, Volkmar Vogel, Gerhard Wächter und der Fraktion der CDU/CSU
Die Situation des Luftsports in Deutschland nach JAR-FCL 3 (deutsch)
Zum 1. Mai 2003 trat die „Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über Anforderungen an Flugbesatzungen“ in Kraft. Mit dieser Verordnung wurden die Joint Aviation Requirements - Flight Crew Licensing (JAR-FCL) in deutsches Recht umgesetzt.
Diese besteht aus fünf Regelwerken, und zwar
- JAR-FCL 1 (Flight Crew Licences Aeorplanes)
- JAR-FCL 2 (Flight Crew Licences Helicopter)
- JAR-FCL 3 (Flight Crew Licences Medical) und
- JAR-FCL 4 (Flight Crew Licences Flight Engineers).
Insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung von JAR-FCL 3 ergeben sich sowohl für Privat- und Sportfliegerei erhebliche Änderungen und auch Mehrkosten.
Wir fragen die Bundesregierung:
Musste JAR-FCL 3 zwingend in deutsches Recht transformiert werden und wenn nein, welche Gründe bewogen die Bundesregierung dies zu tun?
Wie viele Staaten haben bisher die Regelungen JAR-FCL 1 bis 4 in nationales Recht umgesetzt?
Ist der Bundesregierung bekannt, dass es in Deutschland viele Sport-, Privat- und Geschäftspiloten gibt, die zuvor über Jahrzehnte als tauglich eingestuft wurden und nach Inkrafttreten von JAR-FCL 3 ohne Verschlechterung ihrer Gesundheit im letzten Jahr nach den neuen Richtlinien im Durchschnitt zehn Wochen auf ihr Tauglichkeitszeugnis gewartet haben und wie bewertet die Bundesregierung diesen Sachverhalt?
Welche Kosten entstanden für die Fluguntersuchung vor der Transformation von JAR-FCL 3 und wie hoch sind die Kosten jetzt?
Ist der Bundesregierung bekannt, dass ein Deutscher, der befürchtet, von deutschen Behörden für fluguntauglich erklärt zu werden, in derzeit 20 weiteren JAR-Staaten in Europa ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis erwerben kann und dann überall in diesen Staaten in Europa, auch in Deutschland, legal ein deutsches oder entsprechend anderweitig registriertes Motorflugzeug fliegen darf und wie bewertet die Bundesregierung diesen Sachverhalt?
Trifft es zu, dass ein von deutschen Behörden für fluguntauglich erklärter Bürger problemlos in den USA oder in einem der anderen der 142 ICAO-Staaten eine Privatpilotenlizenz (PPL) nach den ICAO-Richtlinien erwerben darf und wie bewertet die Bundesregierung diesen Sachverhalt?
Trifft es zu, dass ein von deutschen Behörden für fluguntauglich erklärter Bürger anschließend z.B. in den USA, in England und in allen anderen ICAO-Ländern die Lizenz zum Führen eines Segelflugzeuges nach den ICAO-Richtlinien erwerben kann?
Trifft es zu, dass ein in Deutschland durch die Behörden für fluguntauglich erklärter Bürger mit einer Lizenz aus den USA oder aus England in Deutschland ein Segelflugzeug fliegen darf, ohne jemals wieder einen deutschen Fliegerarzt besuchen zu müssen?
Welche Behörden waren an der Übersetzung der Richtlinien nach JAR-FCL 3 beteiligt?
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wie in anderen Staaten im Hinblick auf Privatpiloten mit JAR-FCL 3 umgegangen wird und wenn ja, wie ist die Rechtslage?
Ist es denkbar, dass insbesondere die Vorschrift JAR 3.11 fehlerhaft übersetzt worden ist und dass diese Fehler zu einschränkenden Interpretationen der Tauglichkeitsrichtlinien für die deutschen Sport-, Privat- und Geschäftspiloten beigetragen haben?
Trifft es zu, dass die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) über eine deutliche Vereinfachung der Prozeduren für Sport-, Privat- und Geschäftspiloten in ganz Europa berät und wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diese Entwicklung?
Ist der Bundesregierung die Studie des Verbandes der allgemeinen Luftfahrt e.V. (AOPA) zu medizinischen Gründen als Unfallursache in der Allgemeinen Luftfahrt bekannt und wurde dieses Wissen in Deutschland bei der Verabschiedung von JAR-FCL 3 (deutsch) berücksichtigt?
Trifft es zu, dass in den USA und in England für Piloten von Segelflugzeugen und Ultraleicht-Flugzeugen wegen der AOPA-Studie überhaupt keine medizinische Tauglichkeitsuntersuchungen mehr vorgeschrieben sind und welche Konsequenzen beabsichtigt die Bundesregierung hieraus zu ziehen?
Lassen sich die Regelungen nach JAR-FCL 3 (deutsch) mit den von der Bundesregierung angekündigten Anstrengungen beim Bürokratieabbau vereinbaren und wenn ja warum?
Berlin, den 21. Juni 2005
Norbert Barthle
Axel Fischer
Dirk Fischer (Hamburg)
Eduard Oswald
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Georg Brunnhuber
Renate Blank
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Hubert Deittert
Enak Ferlemann
Dr. Michael Fuchs
Eberhard Gienger
Peter Götz
Bernd Heynemann
Klaus Hofbauer
Gerlinde Kaupa
Norbert Königshofen
Werner Kuhn
Peter Letzgus
Eduard Lintner
Klaus Minkel
Henry Nitzsche
Günter Nooke
Peter Rauen
Klaus Riegert
Wilhelm-Josef Sebastian
Gero Storjohann
Lena Strothmann
Volkmar Vogel
Gerhard Wächter
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion