Frage an Hermann Bachmaier von Stefan J. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Bachmaier,
zu dem Thema Zuverlässigkeitsüberprüfungen fast aller Piloten von Kleinflugzeugen nach §7 Abs. 1 Nr. 4 Luftsicherheitsgesetz habe ich Sie ja schon verschiedentlich per "Gelbe Post" angeschrieben. Da ich bisher keine Reaktion Ihrerseits erhalten habe, möchte ich mich auf diesem Weg an Sie wenden. Eine lange Einführung in dieses Thema erspare ich mir hier, der Hintergrund ist in meinen Schreiben enthalten.
Wie sehen Sie in Zusammenhang mit dieser Zuverlässigkeitsüberprüfungen fast aller Piloten von Kleinflugzeugen nach §7 Abs. 1 Nr. 4 Luftsicherheitsgesetz die
- Wahrung der Grundrechte der Betroffenen, insbesondere Unschuldsvermutung, informationelle Selbstbestimmung, Menschenwürde (die Betroffenen werden ohne jede Rechtfertigung unter den Generalverdacht des Terrorismus gestellt), usw.;
- Verhältnismäßigkeit (eher Unverhältnismäßigkeit) dieser Überprüfung, insbesondere wenn man sich ansieht, wie und womit terroristische Anschläge tagtäglich tatsächlich verübt werden;
- Verhältnismäßigkeit (eher Unverhältnismäßigkeit) dieser Überprüfung, insbesondere wenn man sich ansieht, wie andere wesentlich sensiblere und schadensträchtigere Bereiche NICHT analog "Zuverlässigkeitsüberprüft" werden;
- Sinnhaftigkeit dieser Überprüfung, insbesondere hinsichtlich der (Un-) Tauglichkeit dieser Überprüfung, zum angegeben Zweck auch nur in geringem Maße beizutragen - Bankräuber lassen sich durch Halteverbote vor der Bank schließlich auch nicht schrecken.
Dieses Gesetz scheint zudem den Föderalismus auszuhöhlen, schließlich wurden die zuständigen Landesluftfahrtbehörden angehalten, diese Überprüfungen durchzuziehen, ohne daß hierfür notwendige zustimmungspflichtige Rechtsverordnungen vorliegen würden. Wie stehen Sie zu diesem Umstand?
Mich hat auch erschreckt, wie die "hohe Politik" anläßlich eines (wenn auch spektakulären) Selbstmordes eines mutmaßlichen Gattenmörders mittels Leichtflugzeug vor dem Reichstag sofort und ohne zu Zögern einen Bogen zum internationalen Terrorismus geschlagen hat - dabei hat der fragliche Vorfall nicht das Geringste mit irgendwelchem Terrorismus zu tun (siehe oben, Stichworte Unschuldsvermutung und Menschenwürde). Dies halte ich für hochgradig unseriös, um die mildeste Wertung zu benutzen, die mir dazu einfällt. Mich würde interessieren, ob Sie diese Meinung teilen.
Zuletzt, haben Sie für das Luftsicherheitsgesetz gestimmt? Würden Sie wieder für das Luftsicherheitsgesetz in dieser oder ähnlicher Form stimmen? Wenn ja, welches wären die Teile, denen Sie zustimmen würden, welche würden Sie ablehnen?
Schon im Voraus vielen Dank für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Jaudas
Sehr geehrter Herr Jaudas,
Sie wenden sich in Ihrem Schreiben gegen die im Luftsicherheitsgesetz angeordnete Zuverlässigkeitsüberprüfung. Der Luftverkehr unterliegt im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern einer besonderen terroristischen Bedrohung. Es ist auch davon auszugehen, dass diese Bedrohung sich in absehbarer Zeit nicht verringern wird. Dem ist durch das Luftsicherheitsgesetz durch ein gestaffeltes System an Sicherheitsmaßnahmen am Boden und in der Luft Rechnung tragen worden. Die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen im Luftsicherheitsgesetz auf die sog. Privatpiloten entspricht den erhöhten Sicherheitsanforderungen in der Luftfahrt sowie einer Forderung der deutschen Innenministerkonferenz vom 14. /15. Mai 2003. Durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung soll verhindert werden, dass unzuverlässige Personen eine Ausbildung zum Piloten erlangen oder ein Luftfahrzeug führen.
Nach gemeinsamer Auffassung der deutschen Sicherheitsbehörden sind genügend Tatszenarien vorstellbar, in denen durch Nutzung eines Kleinflugzeugs als Tatwaffe massive Schäden angerichtet werden können, z.B. wenn dieses mit Sprengstoff oder anderen Explosivstoffen beladen wird. Mit ausschlaggebend für die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf alle Flugzeugführer ist auch das Bedrohungspotential, das insbesondere aus der Mobilität des Fluggeräts resultiert. Schon von relativ kleinen Flugzeugen kann eine erhebliche Gefährdung für Personen insbesondere in Sicherheitsbereichen ausgehen, die gegen Angriffe vom Boden aus hinreichend geschützt sind.
Das Bundesministerium des Innern erarbeitet z.Z. unter Hochdruck die Rechtsverordnung zur Durchführung der Zuverlässigkeitsüberprüfung, die mit Zustimmung des Bundesrates erlassen wird. Die besondere Gefährdung, der der Luftverkehr unterliegt, erlaubt es jedoch nicht, mit der Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen zu warten, bis diese Verordnung in Kraft ist. Das Bundesministerium steht in engem Kontakt mit den Ländern, um auch jetzt schon ein möglichst einheitliches Vorgehen der Länder sicher zu stellen.
Die Zuverlässigkeitsüberprüfung sieht ein abgestuftes Prüfverfahren vor. Nach § 7 Absatz 3 Nr. 2 des Luftsicherheitsgesetzes darf die Luftsicherheitsbehörde Anfragen bei den Polizei- und den Verfassungsschutzbehörden der Länder stellen. Bei den weiteren Sicherheitsbehörden wie z. B. dem Bundeskriminalamt, dem Zollkriminalamt, dem Militärischen Abschirmdienst oder dem Bundesnachrichtendienst darf nur angefragt werden, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. Diese Erforderlichkeit unterliegt auch der gerichtlichen Überprüfung.
Vereinzelt wird ein unverhältnismäßiges Vorgehen der Luftsicherheitsbehörden insbesondere bei Auslandsbezügen, wie z.B. bei früheren Wohnsitzen im Ausland, beklagt. Die zuständige Facharbeitsgruppe meiner Fraktion hat das Bundesministerium des Innern bereits aufgefordert, im Rahmen der erforderlichen Rechtsverordnung eine Umsetzung der Zuverlässigkeitsüberprüfung unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sicher zu stellen.
Der Zuverlässigkeitsüberprüfung werden ausnahmslos das gesamte fliegende Personal der Luftfahrtunternehmen und alle Beschäftigten auf unseren Verkehrsflughäfen bis zur Reinigungskraft unterworfen, ohne dass daran Kritik geübt wird. Ich kann nicht erkennen, dass die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf Privatpiloten unverhältnismäßig ist oder dass dadurch Privatpiloten gegenüber bislang schon der Zuverlässigkeitsüberprüfung unterworfenen Personen benachteiligt werden.
Ich bitte daher um Verständnis für die ergriffenen Maßnahmen, auch soweit sie Privatpiloten betreffen.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Bachmaier