Frage an Herbert Schulz von Catharina W. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Schulz,
"Menschen mit Behinderung, die für ein selbstbestimmtes Leben auf personelle Unterstützung angewiesen sind, benötigen Persönliche Assistenz. Die sozialrechtlichen Regelungen für Persönliche Assistenz sind nicht umfassend ausgestaltet und abhängig vom Einkommen und Vermögen des behinderten Menschen und seiner Angehörigen. Für viele Lebensbereiche besteht kein oder nur ein unzureichender Anspruch auf Persönliche Assistenz. Menschen mit Behinderung können so nicht gleichberechtigt am Leben der Gemeinschaft teilhaben. Sie können keine Veranstaltungen besuchen, keinen Urlaub verbringen, kein Familienleben leben. Menschen, die Persönliche Assistenz benötigen, müssen von Sozialhilfe leben, obwohl sie auch ein eigenes Arbeitseinkommen haben. Sie müssen dieses zu einem Großteil für ihre Assistenz einsetzen und leben somit in Armut. Familien werden als Bedarfsgemeinschaft in Sippenhaft genommen."(ForSeA)
Genau dieses ist bei mir der Fall. ich habe erfolgreich studiert und arbeite seit einigen Jahren an der Universität seit einigen Monaten sogar auf einer vollen Stelle. Ökonomisch gesehen macht dieses jedoch überhaupt keinen Sinn, denn 70% meines Nettoeinkommens über dem Sozialhilfe Regelsatz muss ich für meine Assistenz verwenden. Das heißt ich zahle meine Sozialversicherungsbeiträge sowie Steuern und muss trotzdem einen erheblichen Teil meines Einkommens für die notwendige Assistenz aufwenden. Wie stehen Sie dazu? Werden Sie sich für die von der Bundesregierung ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention Art. 8 einsetzen?
Über eine Antwort von Ihnen würde ich mich freuen und gleich auch ihre Mitkandidaten fragen.
Catharina Wesemüller
Sehr geehrte Frau Wesemüller,
urlaubsbedingt komme ich erst jetzt dazu, zu antworten. Außerdem musste ich mich erst ein wenig sachkundig machen.
Der von Ihnen beschriebene Sachverhalt ist in der Tat bedrückend. Was soll man von einer "Teilhabe" halten, die zu derart gravierender ökonomischer Diskriminierung führt?
DIE LINKE fordert zur gesetzgeberischen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention als einen der ersten Schritte ein Teilhabesicherungsgesetz und wird einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen.
Dabei entwickeln wir einen Antrag auf ein Nachteilsausgleichgesetz aus dieser Wahlperiode weiter.
Es geht um ein einkommens- und vermögensunabhängiges Leistungsgesetz des Bundes, in dem die Menschen mit Behinderungen betreffenden Rechtsvorschriften, die noch auf verschiedene Sozialgesetzbücher verteilt sind, zusammengefasst werden. Die bisherigen Einkommens- und Vermögens- bzw. Bedürftigkeitsprüfungen sollen damit abgeschafft werden.
Dieses Gesetz muss das Recht auf persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen gewährleisten, damit ein selbstbestimmtes Leben in Arbeit, Studium, Haushaltsführung und Freizeit zur Normalität wird. Weitere vorrangige Eckpunkte bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sind nach unserer Auffassung ein inklusives Schulsystem, in dem Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen, sowie Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen (erwähnen möchte ich doch noch, dass die linke Bürgerschaftsfraktion in Zusammenarbeit mit unseren Bezirksfraktionen Barrierefreiheit im ÖPNV schwerpunktmäßig verfolgt). Außerdem Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und das Recht auf Arbeitsassistenz sowie selbstbestimmte Wohnformen inmitten der Gemeinde. Soweit in aller Kürze. Und schließlich noch ein steuerrechtlicher Aspekt.
Der Behindertenpauschbetrag wurde seit 1975 nicht angehoben. Die spürbare Erhöhung des Betrages ist deswegen überfällig. Es muss ein sachgerechter Ausgleich zusätzlicher Kosten für alle Betroffenen stattfinden . Maßstab für die Überarbeitung sollte dabei der nach dem einschlägigen Sozialgesetzbuch festgestellte Assistenz- und Hilfsmittelbedarf sein.
Sehr geehrte Frau Wesemüller, ich hoffe, ihre frage zufriedenstellend beantwortet zu haben. Erwähnen möchte ich aber doch noch, dass wir unsere parlamentarischen Aufgaben gern wahrnehmen, aber der Meinung sind, dass das entschiedene Eintreten der Menschen für ihre eigenen Interessen im außerparlamentarischen Raum für die Durchsetzung sozialer gerechtigkeit unverzichtbar ist. Auch dazu versuchen wir als aktive Mitgliederpartei unseren Beitrag zu leisten.
Ich möchte Sie bitten, uns dabei mit ihrer Stimme am 27. September zu unterstützen.
Mit freundlichen Grüssen
Herbert Schulz