Frage an Helga Lopez von Norbert N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Lopez,
nachdem nun Frau Metzger dem massiven Druck der SPD-Parteizentrale und aus den eigenen Reihen ausgesetzt war, ihr Mandat niederzulegen, mehren sich nun die Stimmen, die dieses Vorgehen als Mobbing und verfassungswidrig ( Guido Westerwelle ) ansehen.
Selbst der ehemalige Karlsruher Richter Hans-Joachim Jentsch, nannte dieses Vorgehen, einen Anschlag auf den Rechtsstaat.
Für Hartmut Koschyk ( CSU ) ist es, so wörtlich :
Ein Skandal und zeugt von fehlendem Respekt gegenüber der grundgesetzlich geschützten Gewissensfreiheit demokratisch gewählter Abgeordneter.
Sieht die SPD es als legitim an, um jeden Preis die Machtergreifung in Hessen zu fossieren, selbst wenn dabei Wahlversprechen gebrochen werden müssen und gewählten Volksvertretern ( Frau Metzger ) nahegelegt wird, ihr Gewissen abzuschalten, oder ihr Mandat niederzulegen ?
Sehen sie nicht auch, wenn sie das Ganze mal aus der Sicht eines “normalen Bürger“ sehen, solch eine Vorgehensweise als Schlag ins Gesicht des Wählers an ?
Wäre es in Ihren Augen vermessen, oder doch eher gerecht, wenn man in Zukunft den Bruch von Wahlversprechen, als Straftatbestand einstufen und dementsprechend unter Strafe stellen würde ?
Diese Fragen werde ich selbstverständlich auch anderen Politikern stellen und man darf gespannt sein, wer das Rückrad hat, überhaupt zu antworten, ohne Phrasen zu dreschen, sondern offen und ehrlich seine Meinung vertritt.
Vielen Dank + beste Grüße
Norbert Neumann
Berlin, den 17.03.2008
Sehr geehrter Herr Neumann,
gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zu den von Ihnen zitierten Politikern: Nach meiner Auffassung hätten sich diese zu dieser Thematik besser nicht geäußert.
Andrea Ypsilanti hat nach der Wahl angekündigt, als Ministerpräsidentin zu kandidieren und eine Minderheitenregierung mit den GRÜNEN eingehen zu wollen, um die versprochenen politischen Ziele umsetzen zu können. Damit kann sie aber absehbar ein weiteres von ihr gegebenes Versprechen nicht halten, nämlich das, sich nicht von den Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen zu wollen. Grund für diese Entscheidung war das Wahlergebnis und die starre Haltung der FDP, nicht mit der SPD und den GRÜNEN koalieren zu wollen. Eine „Große Koalition“ wird wegen unüberbrückbar inhaltlicher Differenzen weder von der CDU noch von der SPD erwogen. Aus dem gleichen Grund sind die GRÜNEN nicht bereit, mit der CDU zu koalieren. Grund ist aber wohl auch ihre Einsicht, dass dieses Versprechen so besser nicht gegeben worden wäre. Bei Brecht heißt es: „Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“ Wenn das Wortbruch war, dann ist Wortbruch aber auch, die mögliche Umsetzung von inhaltlichen Versprechen aufzugeben. Denn ein Teil der inhaltlichen Versprechen ist in der Umsetzung auch von der Besetzung der Ministerien abhängig.
Das Einhalten von politischen Versprechen erweist sich oft als schwierig, weil sich Verhältnisse oft innerhalb kürzester Zeit verändern können. Insofern hat die Nichteinhaltung von politischen Versprechen eine gewisse Tradition. Denken Sie an Helmut Kohl, der den Menschen im Osten blühende Landschaften ohne Steuererhöhungen („aus der Portokasse“) versprach. Man braucht zeitlich aber gar nicht so weit zurückgehen: Vor der letzten Bundestagswahl schloss die SPD eine „Kanzlerin Merkel“ kategorisch aus, gewählt wurde sie dann trotzdem. Hätte man Helmut Kohl für seinen Wortbruch strafrechtlich belangen sollen und alle Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion für die Wahl von Bundeskanzlerin Merkel? Altbundeskanzler Kohl wäre wohl hart bestraft worden, denn der Solidaritätszuschlag läuft bis 2019. Und Dr.Angela Merkel wäre angesichts der drohenden Strafe nicht zur Bundeskanzlerin gewählt worden.
Für das Nichteinhalten von politischen Versprechungen muss es gute Gründe geben. Ich bin der Auffassung, dass die Parteien gut beraten sind, mit politischen Versprechungen sehr vorsichtig umzugehen. Dies darf aber nicht dazu führen, dass sich die Parteien am Ende gar nichts mehr trauen. Es gibt für die Wähler in einer Demokratie eine Sanktionsmöglichkeit für Wortbruch: Sie können ihr Kreuz bei denen machen, die keinen Wortbruch begehen.
Zu Frau Metzger kann ich mich nicht äußern, denn ich kenne sie nicht. Ich kann nur sagen, dass ich in gleicher Situation niemals eine Pressekonferenz gegeben hätte zur öffentlichen Bekanntgabe meines Entschlusses. Mir hätte sich angesichts der aus meiner Entscheidung resultierenden Folgen der Magen gekrümmt, meiner Partei diesen Entschluss offiziell mitteilen zu müssen. Presse wäre das Letzte gewesen, was ich in dieser Situation gebraucht hätte. Frau Metzger sei aber gerne die mediale Aufmerksamkeit gegönnt, die sie sich offenbar wünschte. Ansonsten hat Kurt Beck in seiner Pressekonferenz am 10.03.2008 alles dazu gesagt.
Mit freundlichen Grüßen
Helga Lopez, MdB