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Heiko Maas
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Frage von Patrick O. •

Frage an Heiko Maas von Patrick O. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Maas,

Wie sich aus der aktuellen Kriminalitätsstatistik ergibt, ist insbesondere auch im Saarland ein entsprechender Rückgang zu erkennen.

Meine Frage nunmehr an Sie:
Wie stellen Sie sich und Ihre Partei weitere Maßnahmen zur weiteren Eindämmung der Kriminalität vor?,

für Ihre Mühen und im Voraus schonmal meinen besten Dank.

In Erwartung verbleibend,

Ihr Patrick Oberthal aus Homburg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Oberthal,

herzlichen Dank für Ihre Frage. In unserem Regierungsprogramm haben wir uns ausführlich mit der Thematik beschäftigt und dazu Stellung bezogen. Gerne stellen ich Ihnen die entsprechenden Abschnitte hier zur Verfügung:

Sicher im Saarland leben
Innere und soziale Sicherheit sind untrennbar miteinander verbunden. Nur ein soziales Saarland ist ein sicheres Saarland. Zur Gewährleistung von Sicherheit gehört eine konsequente Haltung der ganzen Gesellschaft, von Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz gegenüber Kriminalität. Rechtssicherheit sowie eine Freiheit und Würde der Menschen schützende leistungsstarke Rechtspflege sind unverzichtbar. Richtige und rasche Rechtsdurchsetzung dient den BürgerInnen.

Die Aufgaben für die Sicherheitsbehörden sind gestiegen und komplexer geworden, ebenso wie die Anforderungen an ihre Erfüllung. Die Zunahme von Ordnungsverstößen, Vandalismus und Gewalt bis hin zu der Entwicklung im Bereich des internationalen Terrorismus sowie der Internetkriminalität verdeutlichen: Wir brauchen – auch unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung sowie der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Einhaltung der Schuldenbremse – starke Sicherheitsbehörden im Saarland. Dazu gehören auch leistungsstarke Fach- und Hilfsorganisationen wie Feuerwehren, Rettungsdienste und der Katastrophenschutz.
Bestrebungen auf Landes- wie auf Bundesebene, grundgesetzliche Freiheitsrechte auszuhöhlen, lehnen wir ab. Unser Grundsatz lautet: „Im Zweifel für die Grundrechte.“ Dies gilt insbesondere für Ansätze, unter dem Argument potenzieller terroristischer Bedrohungen verdachtsunabhängige staatliche Überwachungsmöglichkeiten weiter auszudehnen, als unbedingt erforderlich. Online-Durchsuchungen von Privatcomputern, also das Ausspähen persönlicher Computer-Festplatten über das Internet, unter Umgehung der üblichen rechtsstaatlichen Regelungen für vergleichbare Eingriffe in die Privatsphäre dürfen nicht legitimiert werden. Auch Vorhaben, allgemeine biometrische Daten aller BürgerInnen verdachtsunabhängig zentral zu speichern und unbegrenzt elektronisch abrufbar zu machen, lehnen wir als unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht eines jeden Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung ab.

„Polizeireform 2020“ umsetzen: Keine Dienststellenschließungen in der Fläche
Einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Stärkung der Sicherheitsarbeit wird die „Polizeireform 2020“ leisten, die eine deutliche sozialdemokratische und gewerkschaftliche Handschrift trägt. Wir werden den eingeleiteten Reformprozess begleiten und dafür sorgen, dass unsere Polizei ihre Aufgaben weiterhin modern, bürgernah und damit professionell erfüllen kann. Darüber hinaus werden wir unter Berücksichtigung kriminologischer Erkenntnisse, der polizeilichen Kriminalstatistik sowie der Erkenntnisse aus den in den Ländern und beim Bund in der Entwicklung befindlichen Lagebildern den Schutz vor Übergriffen auf unsere Polizeibeschäftigten, aber auch unserer Bediensteten in den Feuerwehren und Rettungsdiensten weiterentwickeln.
Dazu gehört ferner, dass wir die von SozialdemokratInnen Anfang der 90er Jahre ins Leben gerufene Idee lokaler Sicherheitspartnerschaften und kriminalpräventiver Räte wieder forciert angehen werden. Denn wirksame Sicherheitspolitik setzt voraus, dass nicht nur Kriminalität, sondern auch deren Ursachen bekämpft werden. Jede Vermeidung zukünftiger Straftaten ist ein Mehr an Sicherheit. Prävention heute bedeutet Sicherheit morgen. Sicherheit und Freiheit, polizeiliche Verbrechensbekämpfung und Vorsorge gehören ebenso zusammen wie Gewaltprävention und Opferschutz. Auch deshalb streiten wir für soziale Gerechtigkeit.
Für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung werden wir die Personalausstattung verbessern, kriminelle Gewinne aus diesen Kriminalitätsformen konsequent abschöpfen und zur Verbesserung der Arbeit unserer Sicherheitsbehörden einsetzen.
Die innere Sicherheit ist elementarer Bestandteil von Freiheit und Demokratie. Eine SPD-geführte Regierung wird für den Schutz der Saarländerinnen und Saarländer sorgen. Gerade in den letzten Jahren wurden bei der Polizei vor allem dort Stellen abgebaut, wo sie für die Bürgerinnen und Bürger da ist - in den Polizeidienststellen vor Ort. Aber auch an anderen Stellen sind die Personalengpässe spürbar. Ein Ausgleich über die Einstellungszahlen bei den AnwärterInnenstellen konnte nicht erreicht werden. Parallel dazu haben sich die Aufgaben der Polizei verändert und steigen stetig an. Gerade die Zunahme der Straftaten im Internet bindet zunehmend Personalkraft und bedarf einer fachlich hochqualifizierten Zusatzausbildung.
Die SPD im Saarland steht für den Erhalt der Präsenz der Polizei in der Fläche und an den Brennpunkten in den Städten – es wird mit uns keinen weiteren Rückzug aus der Fläche geben. Wir wollen den Anteil der Polizistinnen und Polizisten nicht-deutscher Herkunft ausbauen.

Reform des saarländischen Polizeigesetzes
Das saarländische Polizeigesetz bedarf einer Rückführung der Eingriffsbefugnisse der Polizei. In den letzten Legislaturperioden wurden Fakten geschaffen, die schon nach dem damaligen Kenntnisstand, wie z. B. die automatische Kennzeichenerfassung, nicht notwendig waren und sind. Auslöser war die durch die Terrorwelle geschürte Angst in der Bevölkerung, die diese Gesetzesänderungen unter CDU-Führung möglich machte. Aber Angst ist kein guter Berater.
Selbst der Koalitionsvertrag von Jamaika hat diese Rückführungen vorgesehen und auch die Sondierungsgespräche mit der SPD beinhalteten diese Gesetzesänderungen – nach den neuesten Pressemeldungen der CDU will diese jetzt davon nichts mehr wissen. Die SPD hält an ihren aufgestellten Forderungen fest. Der Grundrechtsschutz unserer Bürgerinnen und Bürger gebietet uns diese staatlichen Eingriffsbefugnisse wieder rückgängig zu machen. Hier werden wir genau hinschauen. Die Sicherheit der Bevölkerung steht an erster Stelle, jedoch wird es mit der SPD Saar keine Eingriffsbefugnisse der Polizei auf Vorrat geben. Freiheit und Sicherheit schließen sich nicht aus – sie müssen in Einklang gebracht werden!
Eine „Datenspeicherung auf Vorrat“ bei den Sicherheitsbehörden wird es daher mit uns ebenfalls nicht geben. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Dennoch muss eine Verfolgung schwerster Straftaten und die Abwehr von Lebensgefahren durch die Sicherheitsbehörden möglich sein. Deshalb sind die privaten Netzbetreiber zu verpflichten, Daten in einem unabdingbar notwendigen zeitlichen Rahmen gesichert vorzuhalten. Der Zugriff der Sicherheitsbehörden ist unter restriktiver Berücksichtigung der Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat, zu regeln.
Die Saar-SPD fordert seit langem eine Stärkung der Kontrollrechte durch das Parlament. Die Ausweitung der Kontrollrechte des Parlaments im Verfassungsschutzgesetz sollen auf den aktuellen Stand gebracht werden – andere Bundesländer haben dies bereits getan. Das Saarland soll hier nicht wieder eines der Schlusslichter der Republik werden.

Polizei, Rettungsdienste, Feuerwehr und Katastrophenschutz stärken und schützen
Wir werden unsere Einsatzkräfte in allen Bereichen stärken und schützen. Die Leistungen von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und Katastrophenschutz sind für die Gesellschaft von unschätzbarem Wert. Wir werden im Rahmen der gegebenen finanziellen Mittel und mit Hilfe der Organisationen die Einsatzfähigkeit optimieren, um der saarländischen Bevölkerung eine bestmögliche Versorgung bereitzustellen. Gewalttätigkeiten gegen Polizeibeschäftigte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte sind nicht hinnehmbar. Wir setzen nicht nur auf Strafverschärfungen, sondern auch auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Zudem sind alle Saarländerinnen und Saarländer gefordert, solchen Taten entgegenzutreten und den Einsatzkräften beiseite zu stehen.

Rechtsextremismus – Nein Danke!
Während die NPD in einige Kommunalparlamente Einzug gehalten hat, organisieren sich parallel zum politischen Erfolg gewaltbereite „Freie Kameradschaften“ über die Landesgrenzen hinweg. Der saarländische Verfassungsschutz geht mittlerweile von einer Verflechtung rechtsextremer Kräfte im Saarland aus. Rechtsextreme Musik und neue Medien werden gezielt genutzt, um Jugendliche als neue Szenemitglieder zu werben; konspirativ vorbereitete „Konzerte“ mit rechten Bands, an denen oft mehrere hundert Personen teilnehmen, dienen der Vernetzung.
Auch wenn die NPD in den letzten beiden Jahren Mitglieder verloren hat, sind Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und die Ablehnung der Demokratie weit über den Personenkreis der organisierten Rechtsextremen hinaus bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen und haben sich dort verfestigt: Sechzig Prozent der rechten GewalttäterInnen waren nie Mitglied einer rechten Partei oder Organisation. Die CDU-Landesregierung hat auf diese Warnzeichen äußerst unzureichend reagiert. Während der Verfassungsschutz eine Verstärkung der schulischen und außerschulischen Prävention fordern und vor dem Erstarken rechtsextremer Kräfte warnen, werden die bestehenden Projekte gegen Rechtsextremismus von der Landesregierung als ausreichend betrachtet und schlecht finanziert.
Mit Projektarbeit an Schulen und in der Jugendarbeit wollen wir extremistischem Gedankengut in allen Facetten begegnen. Extremismus-Bekämpfung ist Daueraufgabe und muss in den Schulen fester Bestandteil werden. Wir werden Projekte wie „Schule ohne Rassismus“ und das „Netzwerk für Demokratie und Courage“ (NDC) dauerhaft absichern. Kommunale MandatsträgerInnen, aktive Ehrenamtliche, Lehrerinnen und Lehrer und engagierte Eltern müssen auf die Konfrontation mit extrem rechtem und faschistischem Gedankengut vorbereitet werden. Mit einem Ausbau der politischen Bildungsarbeit im Erwachsenenbereich kann ein wichtiger Beitrag zur weltoffenen Gesellschaft geleistet werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für ein weltoffenes, interkulturelles Saarland ein. Jeder Mensch soll selbstbestimmt und frei von Diskriminierung leben können. Ein Verbot der NPD würde bei der Bekämpfung des rechten Extremismus helfen. Wir unterstützen daher das Verbotsverfahren auf Bundesebene. Unser Engagement erfordern auch die dunklen Kapitel der NS-Geschichte. Zu erinnern ist an die Opfer des Gestapo-Lagers Neue Bremm, an Verfolgung und Widerstand an der Saar.

Prävention gegen Gewalt, Opferschutz
Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir werden Gewalt in allen Ausprägungen und auf allen Ebenen entgegentreten. Dazu gehören die Stärkung der Präventionsarbeit auch in Hinblick auf zukünftige Personalressourcen, die Verstärkung der Kooperation von Justiz, Polizei, Sozial- und Jugendämtern, Kirchen und Schulen sowie freien Trägern. Gewalt ist ein unglaublicher Kostenfaktor. Die Gesellschaft zahlt im Rahmen der Strafverfolgung, des Strafvollzugs, der Resozialisierung und der sozialen Sicherungssysteme. Erfolgreiche Prävention heißt in erster Linie Reduzierung von Gewalt und damit weniger Opfer, denn Opfer sind die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.
Gleichzeitig verfolgen wir eine Stärkung des Opferschutzes. Die Opfer von Gewalttaten brauchen unsere Hilfe, um nach meist traumatischen Erlebnissen wieder ein normales Leben führen zu können. Daher werden wir den Ausbau der Hilfsangebote für Kriminalitätsopfer und die Erweiterung der Ausbildung mit der Ausrichtung auf den Opferschutz vorantreiben.

Die Unabhängigkeit unserer Justiz bewahren und stärken
In unserem Rechtsstaat ist die Unabhängigkeit der Justiz oberstes Gebot und effektiver Rechtsschutz für unsere Bürgerinnen und Bürger unser Ziel. Um diesem hohen Ziel näher zu kommen, werden wir die Strukturen in der Justizverwaltung einer genauen Überprüfung unterziehen und in Zusammenarbeit mit Organisationen und Verbänden sowie länderübergreifend deren Optimierung voranbringen:
Eine SPD-Landesregierung wird die Selbstverwaltung der Justiz ausbauen und Personalplanung und Fortbildung verbessern. Wir wollen Kooperationsmöglichkeiten mit Rheinland-Pfalz ausloten. Privatisierungen in der Justiz kommen für uns nicht in Frage, weder im Straf-vollzug, noch bei den GerichtsvollzieherInnen.
Bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität setzen wir auf den Ausbau und die Fortsetzung der bestehenden Programme und eine stärkere Vernetzung mit Schulen und Vereinen, z.B. im Rahmen des „Initiativprogramms Jugendlicher Intensivtäter“ (JIT) und von Projekten wie „Chance e.V.“, „2. Chance“ und anderen. Mit einer Reform des Saarländischen Erwachsenenstrafvollzugsgesetzes auf Basis des Musterentwurfs der entsprechenden Länderarbeitsgruppe werden wir die Resozialisierung als vorrangiges Ziel festschreiben.
Den Anwendungsbereich der Fußfessel werden wir kritisch überprüfen, eine Ausdehnung über die Regelungen der Sicherungsverwahrung hinaus lehnen wir entschieden ab. Mit einer Überarbeitung des Gesetzes über den Sozialdienst der Justiz werden wie diesen stärken und Resozialisierungsmaßnahmen insbesondere im Hinblick auf das Thema Nachsorge ausbauen.

Das Regierungsprogramm der SPD Saar finden Sie auch unter www.regierungsprogramm.spd-saar.de.

Mit freundlichen Grüßen
Heiko Maas