Frage an Harry Botzenhardt von Josef S. bezüglich Wirtschaft
Hallo
Ich kenne Sie von Ihren Kontakten mit Bürgern im Raum Bruchsal als recht unaufgeregten Zeitgenossen, der nicht gleich in irgendwelches Schablonendenken verfällt.
Die Hartz IV-Workfare-Zwangsarbeit-Programme, die die Rot-Grüne Schröder-Fischer-Trittin Regierung einführte und nachfolgende Regierungen für gut befanden, sind m.E. wenigstens in Teilen eine mehr als zweifelhafte Reaktion auf jahrzehntelange Verfehlungen in der Wachstums- und Beschäftigungs- und (nicht existierender) Einwanderungsspolitik.
Meine Frage an Sie:
Wollten wir ein BGE einführen, welches signifikant über dem derzeit herrschenden Hartz IV liegt, gar die 1050 Euro, die die Linke für Alleinstehende propagiert, sehen Sie keine Probleme, dies im Alleingang und gleichzeitig im Einklang mit EU-Richtlinien und -Freizügigkeiten einzuführen?
Sehr geehrter Herr Schneider,
vielen Dank für Ihr Interesse an unserer bez. meiner Position zu dieser Frage.
Ich muss vorwegnehmen, dass die Piratenpartei als solche noch keine endgültige Position zum Thema BGE eingenommen hat und ich im Folgenden meine persönliche Ansicht wiedergebe.
Zunächst darf ich die von "Die Linke" ins Spiel gebrachten 1050 Euro erläutern..: Es handelt sich dabei um den monatlichen pfändungsfreien Höchstbetrag, den man als lebensnotwendig zugestanden bekommt. Er wurde vor einigen Tagen angehoben und beläuft sich auf exakt 1045,04 Euro.
Nun zum Kern Ihrer Frage. Ich nehme an, Sie spielen auf den Umstand des Besteuerungsprinzip nach dem "Wohnsitzlandes" an, wonach dort Steuern zu entrichten sind, wo man seinen Wohnsitz hat?! Ansonsten fielen mir keine EU-Bestimmungen ein, die gegen ein BGE in Deutschland sprächen.
Als Wohnsitz gilt der sog. "Lebensmittelpunkt". Wie man das jeweils definiert und kontrolliert, sei hier dahingestellt. Aber das Entscheidende ist doch, das dort, wo der Mensch tatsächlich lebt und sein Geld ausgibt/ausgeben muss, das BGE gerechtfertigterweise gezahlt werden sollte.
Bsp.: Ein Schweizer Staatsbürger, der in D arbeitet, aber seinen "Lebensmittelpunkt" in Schaffhausen hat, würde nach meinem Verständnis kein BGE bekommen.
Ein Franzose aus dem Elsass, der aber in Kehl lebt und dort einkaufen geht, sollte sein BGE bekommen dürfen. Innerhalb der EU könnte man sogar die Ansicht vertreten, dass es egal sein sollte, ob er sein Geld in Madrid oder Berlin ausgibt, aber soweit ist der EU-Gleichklang leider nicht.
"Zweckdienliche" Verlagerungen des Lebensmittelpunktes nach Deutschland dürften sich auf Grenznähe beschränken und würden sofort hohe Mieten mit sich bringen und sich so nach und nach von selbst regeln. Aber um dem zu begegnen wäre u.U. denkbar, das BGE vorübergehend als Komplementärwährung zu zahlen, die nur in D gilt, wenn wirklich ein Alleingang nötig wäre.
Unbestreitbar wird es immer wieder Einigen gelingen, das System zu übervorteilen. Das ist schon heute so. Aber sollten wir das Apfelbäumchen nicht trotzdem gießen, auch wenn einige Äpfel wurmstichig sein dürften?
Ich hoffe, Ihre Frage richtig interpretiert und vollständig beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Harry Botzenhardt