Harald Gindra
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Frage von Karl-Wolfgang R. •

Frage an Harald Gindra von Karl-Wolfgang R. bezüglich Gesundheit

Am 13. Februar haben mehr Menschen in Berlin für das Volksgesetz zur Offenlegung der geheimen Wasserverträge gestimmt, als für die Abgeordneten, die gegenwärtig die Regierungsfraktionen bilden. Die Zielsetzung des Volksgesetzes war klar: Die Prüfung der Verträge zur Teilprivatisierung, um diese gerichtlich anzufechten. Jetzt hat ein Arbeitskreis unabhängiger Juristen aufgezeigt, dass es für die vertraglich vereinbarte Gewinnausfallgarantie zugunsten der Konzerne RWE und VEOLIA keine gesetzliche Grundlage gibt und damit gegen das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses verstoßen wird (Art. 87 I VvB) (s. http://berliner-wasserbuerger.de/?p=915 ). Damit ist klar, dass es eine tatsächlich eine Möglichkeit gibt, die Verträge anzufechten.

Meine Frage an Sie lautet: Würden Sie
a) den Senat auffordern, die Nichtigkeit der Verträge aufgrund der Verletzung des parlamentarischen Budgetrechts gerichtlich durchzusetzen und
b) im Fall der Unterlassung ein Organstreitverfahren gegen den neuen Senat einleiten?

Mit Spannung erwarte ich Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen
Karl-Wolfgang Rebel

Harald Gindra
Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr Rebel,
ich danke Ihnen für die Frage, die mir Gelegenheit gibt mich zum Kern des
Problems zu äußern:

Vorbemerkung: Nach meinem Verständnis war die große Zustimmung für den
Volksentscheid zu den Wasserverträgen, vorallem ein überwältigendes Votum
gegen Privatisierung von wesentlichen Grundversorgungsbetrieben Berlins,
gegen privates Profitstreben in Monopolbereichen der Daseinsvorsorge und
allgemein gegen das selbstherrliche und abgeschottete Vorgehensweise von
Volksvertretern im Umgang mit Gemeineigentum.
Es war damit eine machtvolle Unterstützung der seit langem auch von DIE
LINKE vertretenen Position, dass die Berliner Wasserbetriebe wieder in die
öffentliche Hand gehören. Schließlich hat die damalige PDS-Fraktion auch
gegen die von CDU und SPD betriebene Teilprivatisierung gestimmt. Die
Prüfung der Rekommualisierung hatte auch DIE LINKE (bzw. damalige
Linkspartei.PDS - vor Fusion mit WASG) in den Koalitionsvertrag 2006 schon
geschrieben.
Den Aktivisten von Wassertisch und bezirklichen Initiativen ist es zu
danken, dass die Beachtung und Unterstützung für dieses Thema in der
Berliner Bevölkerung so gewachsen ist. Darüber freue ich mich wahrscheinlich
gemeinsam mit Ihnen.
Zu Ihren konkreten Fragen:

"Würden Sie
a) den Senat auffordern, die Nichtigkeit der Verträge aufgrund der
Verletzung des parlamentarischen Budgetrechts gerichtlich durchzusetzen und
..."
Ich bin kein Jurist und kann diese Frage nicht leichtfertig beantworten.
Selbst wenn es Juristen gibt, die eine Rechtsauffassung vertreten, gibt es
meist gegenläufige juristische Stellungnahmen. Erfolgsaussichten, welcher
Auffassung sich Gerichte anschließen müßten, kann ich nicht beurteilen.
Sie berufen sich auf einen Sachverhalt, der mir - nach meiner laienhaften
Betrachtung - im Verhältnis zu den betroffenen Miteigentümern als
unerheblich erscheint: Dass es "keine gesetzliche Grundlage" gäbe und "damit
gegen das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses verstoße". Selbst wenn ein
Gericht das feststellen würde, hebelt das ja nicht Verträge aus, die das
Land Berlin damals mit Dritten eingegangen ist. Es stellte sich höchstens
die Frage der persönlichen Verantwortung und Rechenschaft der damaligen
Akteure (wie Frau Fugmann-Heesing, die wieder für die SPD in WK 1
Schöneberg-Nord kandidiert). Mir scheint, dass sich die Unternehmen immer
darauf berufen können, dass sie Verträge im guten Glauben geschlossen haben,
dass der Vertragspartner (Land Berlin) rechtmäßig zu seiner Entscheidung
gekommen ist. Also inwieweit solche Verträge dann nichtig würden, ist für
mich offen. Auf jeden Fall hätten sie - nach meinem Rechtswissen - dann
Anspruch darauf keine "Nachteile zu erleiden". Es ist ja formal richtig,
dass sie mit dem internen Gang des Verfahrens nichts zu tun hatten. Das
haben die privaten Miteigentümer andere machen lassen. Es ist daher
sorgfältig zu prüfen, welchen Nutzen ein solches (wie auch immer
erfolgversprechendes) Verfahren tatsächlich gegenüber den Privaten bringt.

b) "... im Fall der Unterlassung ein Organstreitverfahren gegen den neuen
Senat einleiten?"
Da mir ihre Eingangsvoraussetzungen schon nicht plausibel erscheinen, kann
ich auch diese Frage nicht einfach mit "Ja" beantworten.

Generell bin ich selbstverständlich dafür, die von Ihnen angesprochenen Wege
sorgfältig zu prüfen. Bevor ich aber eine abschließende Meinung dazu äußern
könnte, fehlen mir weitergehende Beurteilungen entsprechender Fachjuristen.
Deren Abwägungen würde ich vorher gerne einbeziehen wollen.
Der Hintergrund, den sie nicht angesprochen haben, ist ja, dass wir gemeinsam das Ziel haben die Wasserbetriebe zu rekommunaliseren. Nach jetzigem Stand wären die beiden privaten Miteigentümer höchstens dazu bereit, wenn sie, die sich aus dem Vertrag ergebenen Gewinngarantien in einen Verkaufspreis einpreisen können. Das wäre finanzpolitisch fatal und stört das Gerechtigkeitsempfinden.
Wir wollen unser Wasser - unsere Wasserbetriebe - zurück, ohne indirekt die
kritischen und weitgehenden Gewinngarantien im Vorgriff abzugelten!

Mit freundlichen Grüßen
Harald Gindra