Frage an Harald Ebner von Arndt S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo lieber Harald Ebner,
nach 63 Jahren Demokratie in der BRD - soll in 15 Tagen, am 29.06.2012, die parlamentarische Kontrolle über Deutschlands Finanzen aufgegeben werden - indem der ESM und der Fiskalpakt beschlossen werden. Das soll mit den Stimmen von SPD und Grünen (also Ihrer Stimme) geschehen.
Meinen Sie nicht es ist langsam an der Zeit die seit Monaten hier wartenden Fragen Ihrer Wähler zu diesem Thema zu beantworten?
Wollen Sie eine so grundlegende Abkehr von demokratischen Grunsätzen befürworten?
Sehr geehrter Herr Schrieder,
die Abstimmungen zu ESM und Fiskalpakt sind ja bereits erfolgt. Die Begründung für mein Abstimmungsverhalten können Sie gerne in meiner persönlichen Erklärung nach § 31 GOBT einsehen.
Durch den Beschluss von ESM und Fiskalvertrag werden weder demokratische, noch rechtsstaatliche Grundsätze verletzt oder umgangen. Sie können sicher sein, dass beides für uns Grüne hohe Güter unserer Gesellschaft darstellen und wir nicht bereit sind, diese in irgendeiner Form preiszugeben.
Der Bundestag verliert durch die Annahme von ESM und Fiskalpakt seine Budgethoheit nicht, denn im Umsetzungsgesetz zum Rettungsschirm ist klar geregelt, dass Deutschland Gewährleistungen in Höhe von maximal 211 Milliarden Euro bereitstellt. Über eine Erhöhung der deutschen Obergrenze zu einem späteren Zeitpunkt müsste wiederum der Bundestag entscheiden. Darüber hinaus muss der Bundestag auch zustimmen, wenn einem Land aus dem Rettungsschirm ein Hilfsprogramm gewährt werden soll. Das Budgetrecht des Parlaments bleibt also gewahrt und von einer Abgabe der „parlamentarischen Kontrolle über Deutschlands Finanzen“ kann in diesem Fall keine Rede sein. Mit zwei erfolgreichen Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht konnten wir als Grüne Bundestagsfraktion darüber hinaus eine deutlich bessere Beteiligung erreichen, als dies von der schwarz-gelben Regierungskoalition vorgesehen war.
Der Beschluss aller Gesetze im Rahmen der ESM-Ratifizierung wurde durch die gesetzlichen Bedingungen des Grundgesetztes vollzogen. Beispielhaft dafür steht das Zustimmungsgesetz zur Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) das durch einen neuen Absatz (Absatz 3) ergänzt wurde, der die Einrichtung von Mechanismen zur Stabilität des Euro-Währungsgebiets, unter die auch der ESM fällt, regelt. Sowohl Bundestag, als auch Bundesrat stimmten dieser Änderung des AEUV nach europäischem Recht auf Grundlage des Art. 23 GG zu. Unter Berücksichtigung von parlamentarischer Kontrolle, festgeschriebenen Auflagen und rechtsstaatlichen Gesetzgebungsmechanismen führen die Beschlüsse zur Annahme des ESM und Fiskalpakt weder zu einer Entmündigung Deutschlands in Fragen der nationalen Finanzhoheit, noch zur Abkehr von demokratischen Normen des Grundgesetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Ebner, MdB
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Platz der Republik 1
11011 Berlin