Frage an Hans-Werner Ehrenberg von Herbert N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Ehrenberg,
sehr aufmekrsam habe ich Ihre Pressemitteilungen zum Thema Türkei und Kurdistan der letzten Monate verfolgt. Ich finde es sehr positiv, wenn die FDP in dieser Frage endlich durch Ihre Person Position bezieht. Könnten Sie freundlicherweise erläutern, warum die FDP gerade jetzt eine pro-Türkei-Initiative startet?
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Neugebaur
Sehr geehrter Herr Neugebaur,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr damit gezeigtes Interesse an meiner Arbeit und der Zukunft der Türkei.
Als Mitglied im Auswärtigen Ausschuss darf ich im Namen meiner Fraktion das Thema Türkei betreuen. Vor diesem Hintergrund beschäftige ich mich schon seit langem mit der Entwicklung vor Ort. Gestatten Sie mir deshalb, die Entwicklung in der Türkei aus meiner Sicht kurz zu erläutern.
Europa hat sich in der Vergangenheit viel zu sehr mit sich selber beschäftigt und es darüber versäumt, sich um seinen Nachbarn und Partner Türkei ernsthaft zu kümmern. Dabei gehört die Türkei zu Europa.
Das haben wir als FDP schon seit langem erkannt und eine Politik gefordert, die der Bedeutung dieses wichtigen Landes gerecht wird. Deswegen würde ich nicht von einer aktuellen pro-Türkei-Initiative der FDP sprechen, sondern vielmehr darauf hinweisen, dass die aktuelle Entwicklung unsere erhöhte Aufmerksamkeit erforderlich machte.
Die Türkei ist uns seit Jahrzehnten ein verlässlicher Bündnispartner und seriöser Mittler im Nahen und Mittleren Osten. Ohne die Türkei wären unsere Beziehungen zu den arabischen Ländern einseitiger und unsere demokratischen Einflussmöglichkeiten weit geringer. Auch im Bereich der Bürger- und Menschenrechte hat die Türkei einige wichtige Fortschritte in Richtung Rechtsstaat und Demokratie getan. Das müssen wir anerkennen, indem wir diese Entwicklung als Ganzes sehen.
Erdogan muss allerdings auch erkennen, dass Wasserwerfer, Tränengas und Verhaftungen sein aktuelles Problem nicht lösen, sondern verschärfen. Er muss bereit sein, die vorhandenen Konflikte gewaltfrei und konstruktiv auszutragen. Der kluge Umgang mit der PKK der letzten Monate hat bewiesen, dass Erdogan durchaus fähig ist, über seinen Schatten zu springen.
In gewisser Weise ist der Aufstand im Gezi-Park eine Folge der Erdoganschen Reformen, denn unter seiner Regierung hat sich die türkische Zivilgesellschaft entfalten können wie nie zuvor. Jetzt offenbart sich sehr deutlich, dass sich große Teile der türkischen Gesellschaft unversöhnlich gegenüber stehen. Das ist nicht allein Erdogans Schuld, auch wenn viele Demonstranten das so sehen. Die Risse in der türkischen Gesellschaft reichen weit in die Zeit vor seinem Regierungsantritt im Jahr 2003 zurück.
Es ist daher dringend notwendig, dass wir uns noch intensiver mit unserem Partner Türkei beschäftigen. Daher mag es vielleicht dem interessierten Beobachter so vorkommen, dass die FDP sich durch unseren Außenminister und auch durch meine Person gerade die Initiative ergreift. Ich hoffe, dass Sie durch meine Ausführung haben erkennen können, dass es sich eher um eine besorgte Reaktion auf die aktuelle Entwicklung vor Ort im eigenen und im Interesse der Türkei handelt.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Ausführung geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Werner Ehrenberg