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Hans-Ulrich Rülke
FDP
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Frage von Stefan A. •

Wird die FDP den von Experten als Blaupause deutschlandweit bezeichneten Antrag im Thüringer Landtag Drucksache 7/4894 zur Verbesserung der prekären Situation bei ME/CFS in BW übernehmen?

Der dringende Handlungsbedarf bei der neuroimmunologischen Multisystemerkrankung ME/CFS ist bereits vom Landtag BW und dem Bundestag erkannt worden. Nach vielen Worten fehlen aber noch die Taten, die wirklich am Krankenbett der Erkrankten ankommen. Die bisher sehr schlechte Versorgungslage und breit fehlende Anerkennung sowie Aufklärung insbesondere der Entscheidungsträger bei Ärzten und Behörden ist für die Erkrankten weiterhin täglich spürbar. Der Antrag Drucksache 7/4894 -Neufassung- im Thüringer Landtag zur Verbesserung der prekären Situation bei der Erkrankung ME/CFS wurde von führenden Experten als Blaupause für alle Bundesländer empfohlen. Was wird die FDP konkret tun, um die geforderten Maßnahmen aus diesem vorbildlichen Antrag nun im reichen Bundesland Baden-Württemberg zu übernehmen und den vielen Erkrankten und deren Angehörigen schnell zu helfen? Wird es auch dringend nötige neue Professorenstellen für ME/CFS oder Postinfektiöse Erkrankungen im Forschungsland BW geben?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr A.,

ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Ausführungen. Der Antrag aus Thüringen ist uns sehr gut bekannt und dient als Vorbild für unsere Arbeit. Mit dem Thema ME/CFS beschäftigt sich der Arbeitskreis Gesundheit und Soziales und dort mein Kollege Jochen Haußmann, als gesundheitspolitischer Sprecher unserer Fraktion, schon seit längerer Zeit:

Im Juni 2022 fand auf Initiative der FDP-Landtagsfraktion eine öffentliche Anhörung mit Expertinnen und Experten sowie betroffenen Personen zum Krankheitsbild ME/CFS (Myalgische Enzephylomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) im baden-württembergischen Landtag statt. Alle Anwesenden waren sich einig, dass bei diesem Thema Handlungsbedarf besteht. (https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos/2022/20220620sozamecfs1.html?t=0). Aus dieser öffentlichen Anhörung resultierten mehrere Maßnahmen. So hat sich auch das Sozialministerium mit der Gesundheitsversorgung Long-/Post-Covid in Baden-Württemberg beschäftigt. In Modellregionen wurden bereits entsprechende Strukturen für die Behandlung von Betroffenen geschaffen. Dazu zählen etwa Spezialambulanzen, Netzwerke und Forschungen. In weiteren beantragten Projekten soll ein Stufenkonzept für eine flächendeckende sowie sektorenübergreifende Versorgung von Long-COVID-Patientinnen und -Patienten entwickelt werden.

Darüber hinaus wurde im November 2022 ein gemeinsamer Haushaltsantrag der FDP, der Grünen, der CDU und der SPD verabschiedet. Dadurch wurden im Jahr 2023 finanzielle Mittel für eine qualitative Studie zur Arzt-Patienten-Beziehung bei ME/CFS bereitgestellt.

In einer fraktionsübergreifenden Großen Anfrage (Drucksacke 17/3780) vom 21.12.2022 wurde die konkrete Hilfe für Betroffene von Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom sowie Post- und Long-COVID thematisiert.

Seither wird regelmäßig im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration dazu beraten. Bei einer Exkursion nach Berlin Anfang März dieses Jahres traten die Mitglieder in den direkten Austausch mit Ärztinnen und Ärzten der Charité. Hier wurde uns bestätigt, dass die Krankheit ME/CFS durch klare und spezifische Symptome diagnostiziert werden kann. Als eigenständige Erkrankung sollte ME/CFS nicht mit Post-COVID vermischt werden. Durch die COVID-19-Pandemie haben die Erkrankungen an ME/CFS aber einen hohen Zuwachs erfahren. Die Tatsache, dass es bisher noch keine deutschen Leitlinien für die Erkrankung gibt zeigt, dass es einen hohen Nachholbedarf bei der Forschung den ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen (inkl. Reha-Kliniken) sowie der Schulung von Ärztinnen und Ärzten gibt. In der Sitzung des 9.10.2023 sprachen verschiedene Experten zu den Versorgungsstrukturen (ME/CFS und Long Covid) in Baden-Württemberg.

Ich freue mich, dass Minister Lucha zugesagt hat, dass sich das Land im Bereich der ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen (inkl. Reha-Kliniken) sowie der Schulung von Ärztinnen und Ärzte stärker engagiert. Dazu haben die vier Fraktionen einen gemeinsamen Beschluss gefasst (ÄA_17/3780 vom 29.03.2023).

Auf Bundesebene sind wir mit unseren Kollegen im engen Austausch. Im Juli wurde durch Herrn Lauterbrach die BMG-Initiative „Long COVID“ vorgestellt. Aus seinem Haus und vom G-BA soll die Versorgungsforschung für Long-Covid nächstes Jahr mit insgesamt 40 Mio. Euro gefördert werden:

"Das BMG wird ab 2024 die versorgungsnahe Forschung zu Long COVID fördern. Hierfür werden 21 Mio. Euro bereitgestellt. Im Fokus der Förderung stehen Modellprojekte, in denen innovative Versorgungsformen zur Behandlung von Long COVID-Betroffenen entwickelt und erprobt werden. Zusätzlich werden über den Innovationsfonds beim G-BA weitere Forschungsprojekte zu Long COVID gefördert. Dafür stehen weitere 20 Mio. Euro zur Verfügung." - https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/bmg-initiative-long-covid-pm-12-07-23.html

Außerdem folgen drei laufende Förderprogramme:

BMG: IMMME - Aufklärung der immunologischen Pathomechanismen des postinfektiösen Chronischen Fatigue Syndroms (ME/CFS) https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/immme-aufklarung-der-immunologischen-pathomechanismen-des-postinfektiosen-chronischen-15511.php

BMBF: Förderung von Forschungsvorhaben zu Spätsymptomen von COVID-19 (Long-COVID):

https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/forderung-von-forschungsvorhaben-zu-spatsymptomen-von-covid-19-long-covid-14347.php

BMBF: Nationale Klinische Studien-Gruppe (NKSG) Post-Covid-Syndrom und ME/CFS:

https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/nationale-klinische-studien-gruppe-nksg-post-covid-syndrom-und-me-cfs-15737.php

Ich unterstütze Ihre Forderungen nach mehr Aufklärungsarbeit, um auf dies Missstände hinzuweisen und die Schaffung von Strukturen und für eine bessere Versorgungslage! Bei weiteren Fragen wenden Sie sich gern direkt an Jochen Haußmann jochen.haussmann@fdp.landtag-bw.de.

 

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Ulrich Rülke

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