Hallo Herr Rülke, in Ihrem Parteiprogram gab es Abschaffung von Rundfunkbeiträge. Wan werden Ihre Partei und Sie das Versprechen einhalten und endlich diesen Zwangbeitrag abschaffen?
Sehr geehrter Herr H.,
Die FDP hat sich im Bundestagswahlprogramm für eine Reduzierung des Rundfunkbeitrags ausgesprochen, die sich aus einer Konzentration des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bereich der Fernseh- und Hörfunkprogramme ergeben soll.
Im Zuge der Diskussionen um die sog. Schlesinger-Affäre hat das Präsidium der Partei einen Beschluss zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefasst, der u.a. folgendes zum Inhalt hat:
1. Der ÖRR muss sich auf seinen Bildungs- und Informationsauftrag konzentrieren. Dazu gehören vor allem die Programmfelder Nachrichten, Kultur, Bildung und Dokumentationen. Zu seinem Auftrag gehört ebenso eine ausgewogene, politisch neutrale und regional differenzierte Berichterstattung, die ein breites gesellschaftliches Spektrum abdeckt. Berichte und Kommentare müssen klar getrennt werden. Unterhaltung und Sport haben ebenfalls ihren Platz im ÖRR; allerdings muss sein Bildungs- und Informationsauftrag Vorrang haben. An Überbietungswettbewerben, etwa um die Übertragungsrechte großer Sportevents, sollte der ÖRR jedoch nicht teilnehmen. Auch die Ausweitung einer presseähnlichen, textbasierten Online[1]Berichterstattung des ÖRR muss gestoppt werden.
2. Die Erhöhungen der Rundfunkbeiträge wollen wir aussetzen. Nicht zuletzt durch mehr Kooperationen der ÖRR-Sender sehen wir großes Potential für Kosteneinsparungen. Zeitgleiche Parallelübertragungen von Ereignissen durch ARD und ZDF erhöhen unnötig den Personal- und Finanzbedarf und müssen möglichst unterbleiben. An der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) wollen wir grundsätzlich festhalten. Würden parlamentarische Gremien über die Höhe der Beiträge entscheiden, würde die Gefahr der politischen Einflussnahme auf die Berichtserstattung wachsen. Das wollen wir verhindern.
3. Wir regen eine Selbstverpflichtung zur Gehaltsdeckelung für das Spitzenpersonal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Kein Intendant sollte mehr verdienen als der Bundeskanzler. Bei den Gehaltsstrukturen sollte sich der ÖRR an den Gehaltsstufen und -höhen der oberen Bundesbehörden orientieren.
4. Die Kontrolle der Rundfunkanstalten muss deutlich gestärkt werden und durch anstaltsexterne, unabhängige Dritte erfolgen. Das gegenwärtig praktizierte System der Selbstbeauftragung durch den ÖRR zulasten der Beitragszahler muss korrigiert werden. Da nach der Verfassung all das, was beauftragt ist, zu finanzieren ist, darf über die Ausweitung des Funktionsauftrages des ÖRR nicht allein der Rundfunkrat entscheiden. Vielmehr bedarf es einer externen Kontrolle (etwa durch die Landesmedienanstalten), ob die mit einer Angebotserweiterung verbundene finanzielle Mehrbelastung der Beitragszahler durch den publizistischen Mehrwert gerechtfertigt ist. Es sind zudem mehr Transparenz und strengere einheitliche Compliance-Regeln notwendig, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Die jährlichen Berichte der Rechnungshöfe müssen Konsequenzen haben. Privilegien des ÖRR gegenüber privaten Wettbewerbern gehören auf den Prüfstand, so etwa Vollstreckungsmöglichkeiten und Pfändungen auf dem Wege der Amtshilfe bei streitigen oder säumigen Beitragsverpflichtungen. Beitragsbefreiungen (etwa zweiter Wohnsitz oder Empfang von Sozialleistungen) müssen ab Vorliegen der Voraussetzungen und nicht erst nach Antragstellung wirksam sein.
5. Die Verwaltungsstrukturen des ÖRR müssen schlanker und effizienter gestaltet werden. Dazu sollten die ARD-Anstalten Synergien zwischen ihren jeweiligen Verwaltungen stärker nutzen und dort wo sinnvoll zusammenlegen. So sollten auch die bereits diskutierten Vorschläge zur Zusammenarbeit der Verwaltungen von Saarländischem Rundfunk (SR) und Südwestrundfunk (SWR) wiederaufgenommen werden. Diese wurden von CDU und SPD aus landespolitischen Gründen ausgebremst. Dabei könnte eine solche Verwaltungszusammenarbeit ein Modell für die grundsätzliche Erschließung von Einsparmöglichkeiten und Synergien sein. Darüber hinaus kann auch die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag für mehr Effizienz leisten. Der Anteil der jährlichen Personalkosten beträgt mehr als ein Viertel der Beitragseinnahmen des ÖRR (2,3 Milliarden Euro). Hinzu kommen Aufwendungen für die Altersvorsorge in Höhe von rund 8 Prozent der Beitragseinnahmen im Jahr. Vor diesem Hintergrund muss das System der betrieblichen Altersvorsorge des ÖRR regelmäßig auf Angemessenheit überprüft werden.
Den gesamten Beschluss finden Sie unter:
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hans-Ulrich Rülke