Frage an Hans-Peter Storz von Wolfgang R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Storz!
In der Monitor-Sendung vom 4.2. und ARD Dokumentation vom 15.2. „Wie solidarisch ist Deutschland?“, wird über die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich berichtet, wobei Deutschland die Europäische Spitzenposition einnimmt. Die Regierungsparteien sind dafür verantwortlich, denn sie haben in den letzten ca. 15 Jahren dafür gesorgt, dass Reichen durch verschiedene Steueränderungen immer reicher werden, Arme aber arm bleiben und die „Mitte“ gegen den Abstieg kämpft. Diese Entwicklung ist ein sozialer Sprengstoff, der zur Entstehung des 4. Reiches führen könnte. Wie sehen Sie das? In der Story im Ersten vom 15.2. „Milliarden für Millionäre“ wird berichtet, dass dubiose Cum-Ex-Aktien-Deals durch Gesetzeslücken zu Lasten des Fiskus stattfanden. Obwohl es den Finanzministern seit über 10 Jahren bekannt ist, wurde die Gesetzeslücke nicht geschlossen. In einem Artikel der Zeitschrift „Die Welt“ wird berichtet, dass den Krankenkassen durch Flüchtlinge ein Milliardendefizit entsteht, weil die Regierung nur etwa die Hälfte der Kosten übernimmt. Das führt zu Beitragserhöhungen, welche die Reichen nicht belastet. In der Flüchtlingsfinanzierung haben CDU-Mitglieder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vorgeschlagen, was natürlich die ärmere Bevölkerung am meisten belastet. Laut Grundgesetz (Art. 14 GG) verpflichtet das Eigentum zu sozialer Verantwortung. Was hält Ihre Partei davon, die Reichen wenigsten in diesem Fall einmal mehr zu belasten? Bitte erklären Sie mir, warum Ihre Partei es gut für unser Land und das Volk findet, dass nur die Reichen immer wohlhabender werden? Die Reichen können im Gegensatz zum Normalbürger ihre Geldmengen gar nicht in den Konsum leiten, was nachteilig für die Wirtschaft und Steuereinnahmen ist. Wie sehen Sie das? Wenn es keine triftigen Argumente gibt, gehe ich davon aus, dass Politiker durch ihre Handlungsweise zu Gunsten der Reichen, davon profitieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
Vielen Dank für Ihre Anfrage, die sich auf die Monitor-Sendung zur Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland bezieht.
Wir sehen in der wachsenden Kluft zwischen arm und reich und dem damit verbundenen Abschmelzen der Mittelschichten ein großes Problem. Verteilungsgerechtigkeit ist daher ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik.
Dabei setzen wir auf folgende wesentliche Maßnahmen:
Einkommensteuer muss entsprechend der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen ein. Hohe Vermögen erzielen hohe Erträge, auf die die gesetzliche Kapitalertrags- bzw. Einkommensteuer zu entrichten ist. Die SPD setzt sich dafür ein, die Kapitalertragssteuer in Form der Abgeltungssteuer von 25% auf 32% zu erhöhen. Ebenso wollen wir eine EU-weite Finanztransaktionssteuer einführen und haben dies auch im Koalitionsvertrag auf Bundesebene verankert. Gesetzeslücken im Steuerrecht, wie in dem von Ihnen skizzierten Fall, müssen meiner Ansicht nach gezielt und schnell geschlossen werden.
Eine gerechte Besteuerung funktioniert nur mit einer effizienten Steuerverwaltung. Aus diesem Grund haben wir in Baden-Württemberg die Anzahl der Betriebsprüfer aufgestockt, denn jeder Prüfer bringt dem Staat mehr ein als dass er kostet. Auch mit dem Projekt „Zeitnahme Betriebsprüfung“ hat SPD-Finanzminister Nils Schmid für eine effiziente Steuerverwaltung gesorgt.
Nach wie vor aktuell die Forderung nach der Vermögenssteuer, die seit annähernd 20 Jahren aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr erhoben wird. Eine verfassungskonforme Änderung des Gesetzes scheiterte in all den Jahren am Widerstand der CDU. Eine Reform der Vermögenssteuer muss der besonderen Situation des deutschen Mittelstandes, von Personengesellschaften und Familienunternehmen Rechnung tragen und darf ihnen die zukunftssichernde Eigenkapitalbildung sowie ihre Investitionsspielräume nicht gefährden, weil dies Arbeitsplätze gefährden könnte..
Die Landesregierung hat 2013 im Bundesrat mit anderen Ländern dafür gesorgt, dass das von Bundesfinanzminister Schäuble ausgehandelte Steuerabkommen mit der Schweiz nicht ratifiziert worden ist. Die Schweizer Regierung wollte das dortige Bankgeheimnis möglichst weitgehend schützen und die Geschäftstätigkeit der Schweizer Banken in Deutschland erleichtern. Die langjährigen guten Geschäftsbeziehungen der Schweizer Finanzbranche mit deutschen Kunden/Steuerhinterziehern sollten gewahrt werden. Dafür hätte Deutschland auf Steueransprüche und Strafverfolgung verzichtet, die Kompetenzen der deutschen Finanz- und Justizbehörden wären erheblich – und wahrscheinlich verfassungswidrig – eingeschränkt worden. Die Grundsätze einer rechtssicheren, gerechten und gleichmäßigen Besteuerung wären durch das Abkommen mehrfach verletzt worden. Durch die Ablehnung ist es mittlerweile zu einer deutlich sinnvolleren Zusammenarbeit mit der Schweiz gekommen, so dass sich Steuerhinterzieher nicht mehr auf das Bankgeheimnis verlassen können. 2015 hat die Schweiz ein Abkommen mit der EU unterzeichnet, welche das Bankgeheimnis faktisch auflöste. Auch dies ist ein Erfolg der SPD für mehr Steuergerechtigkeit.
Die SPD hat sich ebenso dafür eingesetzt, dass die Bundesregierung einen Armuts- und Reichtumsbericht veröffentlicht. Diesen finden Sie unter folgendem Link: http://www.armuts-und-reichtumsbericht.de/DE/Startseite/start.html Dadurch wurde eine verlässliche Datenquelle etabliert, mit der Missstände in der Vermögensverteilung gezielt aufgezeigt werden können. Auch unsere Landes-Sozialministerin Katrin Altpeter hat einen derartigen Bericht veröffentlicht.
Eine Anhebung der Mehrwertsteuer zur Finanzierung der Flüchtlingshilfen befürworte ich grundsätzlich nicht. Aufgrund der guten Wirtschaftslage erwirtschaftet die Bundesrepublik aktuell hohe Haushaltüberschüsse, welche ausreichend für die Finanzierung der Flüchtlingspolitik sein sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Storz