Frage an Hans Joachim Schabedoth von Helmut E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Ich bin besorgt, dass Deutschland wie auch die EU im Asylrecht mehr und mehr die eigenen Werte verleugnet. Als Kandidat für die Bundestagswahl möchte ich Sie auf diese Entwicklung an Hand von relevanten Themen aufmerksam machen und Sie bitten diesen Trend umzukehren. Das heutige Thema behandelt die fehlenden Zugangswege.
Die Versprechen der EU und der Mitgliedsstaaten nach den katastrophalen Bootsunglücken vor Lampedusa und Malta im Jahr 2013, man wolle mehr für Menschen in Not tun, sind nicht umgesetzt worden.
Solange es für Flüchtlinge keine legale Möglichkeit gibt, in der EU einen Asylantrag zu stellen, sind sie gezwungen, sogenannte „Schlepper“ zu beanspruchen und illegal in die EU einzureisen. Daran hat sich nichts geändert. Nicht die Schlepper sind das Problem, sondern die Verweigerung der Mitgliedsländer der EU, Flüchtlingen überhaupt einen legalen Zugang zur EU zu eröffnen. Nach wie vor verlieren Tausende von Menschen, die der willkürlichen Gewalt in ihrem Heimatland ausgesetzt sind, ihr Leben auf der Flucht (z.B. übers Mittelmeer).
Die anderen müssen mit hohen rechtlichen und tatsächlichen Hürden kämpfen, um in der EU einen sogenannten Internationalen Schutz zu erlangen. Sind Sie der Ansicht, dass die Menschenrechte auch für die Flüchtlinge gelten, so dass viele Überlegungen, Einrichtungen und Gesetze neu überdacht werden müssen, damit sie wirklich umgesetzt werden können?
Wichtig ist, dass jeder Flüchtling ein Recht auf legale Zugangswege hat, dass der Individualschutz und die menschenrechtlichen Verpflichtungen im Vordergrund stehen.
Wollen Sie die künftige Regierung dazu drängen, sich selbst und die Staaten der EU an Ihre Bindung an internationale Verpflichtungen nach der Genfer Flüchtlingskonvention und nach den international anerkannten Menschenrechte zu erinnern und durch gemeinsame europäische Beschlüsse legale Zugangswege zu schaffen?
Isolierte Maßnahmen einzelner Länder werden die Probleme nicht lösen.
Welchen Standpunkt vertreten Sie?
Sehr geehrter Herr E.,
vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie die Notwendigkeit legaler Migrationswege und das europäische Asylrecht thematisieren.
Ich stimme Ihrer Kritik an der jetzigen Situation in weiten Teilen zu. Es müssen legale Migrationswege für Asylsuchende geschaffen und Fluchtursachen bekämpft werden. Ich bin auch der Ansicht, dass wir uns in der kommenden Wahlperiode mit einer Reform unserer Asyl- und Flüchtlingspolitik auseinandersetzen müssen – auch auf europäischer Ebene, denn wie Sie zurecht schreiben, isolierte Maßnahmen einzelner Länder werden die Probleme nicht nachhaltig lösen können.
An dieser Stelle möchte ich aber nochmal auf meine Antwort zu Ihrer Frage nach sicheren Herkunftsstaaten hinweisen, die auch in diesem Kontext relevant ist. Und zwar, dass wir endlich zwischen Asyl und Einwanderung unterscheiden müssen. Für Menschen, die bei uns in erster Linie Arbeit suchen, ist das Asylsystem der falsche Weg. Mit einem Einwanderungsgesetz wollen wir transparent regeln, wer aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland einwandern darf. Dass betrifft viele der Menschen, die sich über das Mittelmeer auf den Weg nach Europa machen. Dass ein solches Einwanderungsgesetz mit klaren Vorgaben bislang nicht beschlossen wurde, liegt an der Blockadehaltung der Union. Und hier appelliere ich erneut an Sie, wenn Sie mit der Notwendigkeit für ein Einwanderungsgesetz übereinstimmen, wenden Sie sich mit dieser Forderung an die Union.
Damit die Zahl der Flüchtlinge langfristig sinkt, müssen wir die Lebensbedingungen für die Menschen vor Ort in den Herkunftsländern verbessern. Dabei wollen wir alle EU-Staaten bei der Aufnahme Geflüchteter in die Pflicht nehmen. Darüber hinaus brauchen wir eine europäische Afrikastrategie: Nur durch fairen Handel, effizientere Entwicklungshilfe und einen Stopp der Waffenverkäufe in Krisenregionen kann es eine wirtschaftliche Perspektive für Afrika und ein Ende der Flüchtlingskrise geben. Wer dennoch fliehen muss, soll sich nicht mehr lebensgefährliche Schlepperrouten wählen müssen, sondern über Kontingente und auf sicheren Wegen nach Europa kommen. Die letzten beiden Jahre haben gezeigt, dass die Mitgliedsstaaten grundverschiedene Positionen darüber vertreten, wie die Integration Geflüchteter in der EU zu gestalten ist. Doch kann das keine Entschuldigung für das Fehlen gemeinsamer Bestrebungen sein. Deutschland muss sich hier stärker einbringen. Martin Schulz hat in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, dass er sich für eine europäische Strategie in Fragen der Asylpolitik stark machen wird. Ich sehe das genauso und werde mich für das Voranbringen der genannten Initiativen einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Joachim Schabedoth