Frage an Hans Joachim Schabedoth von Gero K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Schabedoth,
als schwerkranker Mensch bin ich angewiesen auf eine Cannabinoidtherapie.
Wissen Sie, dass sich die Situation für schwerkranke Patienten, welche nach Entscheidung ihres Arztes eine Cannabinoidtherapie benötigen, mit dem neuen Gesetz in vielen Fällen verschlechtert hat?
Wissen Sie, dass die Krankenkassen, anders als im Gesetz vom 09.03.2017 vorgesehen, Patienten NUR im Ausnahmefall eine Therapie mit Cannabinoiden NICHT VERWEIGERN - statt nur in begründbaren EINZELFÄLLEN abzulehnen?
Als schwerkranker Mensch mit einer in diesem Monat auslaufenden, von dem BfArm ausgestellten Ausnahmegenehmigung nach § 3 2 bin ich einer der vielen Cannabispatienten, welche nach dem am 09. März Gültigkeit erlangenden neuen Gesetz auf Besserung hofften.
Stattdessen befinde ich mich nun, wie der Großteil der anderen Ausnahmegenehmigungsinhaber, erneut in einer Versorgungslücke: Die Krankenkassen verweigern die Kostenübernahme auf Basis fragwürdiger Argumentation des MDK - und die Ausnahmegenehmigung, mit der ich mich als Selbstzahler mit dem benötigten Medikament in der Apotheke versorgen konnte, verliert ihre Gültigkeit.
Nunmehr können sich nur solche Patienten, bei welchen die Kassen die Übernahme verweigern, mit einem Privatrezept in der Apotheke versorgen, welche die sich mit dem neuen Gesetz ergebenden, doppelten Preise bezahlen können. Hiermit steht Cannabis zwar generell zur Verfügung - aber eben nur solchen, welche sich die horrenden Preise leisten können (ich müßte für fünf Gramm Apothekencannabis mehr als 140 Euro zahlen, vor dem Gsetz waren es 78 Euro). Auf eine Zusage eines Kostenübernahmeantrags angewiesene Patienten, welche sich solche PReise auf Privatrezept nicht leisten können, haben das Nachsehen.
Was sagen Sie zu dieser Manifestation einer Zweiklassenmedizin in Bezug auf Cannabinoide?
Kann ich als Wähler erwarten, dass Sie sich für eine Verbesserung des Gesetzes einsetzen - bzw. für eine bessere Umsetzung seitens der Kassen/MDK?
Sehr geehrter Herr Kohlhaas,
vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie Ihre Erfahrungen mit Ihrer Cannabistherapie schildern.
Das am 10.03.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften ermöglicht es schwer und chronisch Erkrankten, Arzneimittel auf der Basis von Cannabis auf Rezept verschrieben zu bekommen. Die Kosten sollen von den Krankenkassen übernommen werden. Eine Ablehnung der Kostenübernahme durch die Kassen ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat im parlamentarischen Beratungsverfahren durchgesetzt, dass es neben fehlender Therapiealternativen ausreichend ist, wenn der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin entscheidet, dass die Einnahme von Cannabisprodukten medizinisch notwendig ist – der Patient also nicht „austherapiert“ sein muss. Unser Anliegen war es, den Zugang zu Cannabisprodukten für schwer Kranke zu erleichtern. Die Entscheidung, ob eine Patientin oder ein Patient mit Cannabisarzneimitteln behandelt werden kann, obliegt der Ärztin oder dem Arzt. Ebenso liegt es im Ermessen der Krankenkassen, eine Kostenübernahme in Einzelfällen abzulehnen. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Gesetzgebers, die fachliche Bewertung einzelner Krankenkassen zu überprüfen und durch eigene Bewertungen zu ersetzen. Dennoch verstehe ich natürlich, dass die Lage für Sie sehr enttäuschend ist.
Das Bundesministerium der Gesundheit gibt an, dass sich der arzneimittelrechtliche Rahmen zur Preisbildung von Cannabisprodukten durch das Gesetz nicht geändert hat. Die Preisbildung richtet sich demnach unverändert nach der Arzneimittelpreisverordnung. Mit der Cannabisagentur wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Einrichtung geschaffen, die die Versorgung gewährleisten und den Anbau im In- und Ausland steuern und kontrollieren wird. Sobald die Stelle ihre Arbeit aufgenommen hat, müssen die Produkte nicht mehr ausschließlich importiert werden, sodass sich auch der Preis stabilisieren kann.
Da das Gesetz erst seit drei Monaten in Kraft ist, gibt es noch keine Erfahrungswerte, wie es sich in der Praxis bewährt. Umso hilfreicher ist es, dass Sie Ihre Erfahrungen teilen. Ich habe diese auch an unsere zuständigen Fraktionskollegen übermittelt. Dort hat man ein waches Auge auf die Auswirkungen des Gesetzes. Sollte sich herausstellen, dass Patienten langfristig benachteiligt sind, werden wir uns in der neuen Legislaturperiode für eine Nachbesserung des Gesetzes einsetzen.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft und alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Joachim Schabedoth