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Hans Joachim Schabedoth
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Frage von Martin W. •

Frage an Hans Joachim Schabedoth von Martin W.

Sehr geehrter Herr Schabedoth!

Wir - die Bundesrepublik Deutschland - unterstützen durch den Einsatz der Bundeswehr den Einsatz militärischer Gewalt auf syrischem Hoheitsgebiet.
1. Gibt es eine rechtlich fundierte Begündung, die es erlaubt, bei den Terroranschlägen des IS in Frankreich oder Deutschland von "Kriegsakten“ zu sprechen?
2. Halten Sie die Argumentation, dass das militärische Vorgehen gegen den IS auf syrischem Boden auch die Terrorgefahr in Europa kurz- mittel- oder längerfristig senkt, für stichhaltig? Wie beurteilen Sie Befürchtungen, dass der militärische Einsatz die Gewaltspirale sogar fördern könnte?
3. Hat man der syrischen Regierung Hilfe im Kampf gegen den Terror im eigenen Land angeboten? Wurde diese Option im Bundestag oder in den Parteigremien diskutiert?
4. Sind Sie nach wie vor der Überzeugung, dass es gerechtfertigt ist, von einem „Bürgerkrieg“ zu sprechen?
5. Deutschland ist nur eine von vielen Kriegsparteien in Syrien. Gibt es für den militärischen Einsatz von seiten der Bundesrepublik klar formulierte Ziele? Konkret: Wie stellen sich die Befürworter des Bundeswehreinsatzes die Zukunft Syriens vor: Soll es einen Regimewechsel geben? Welche Rolle soll insbesondere der Iran spielen? Wird die Vision eines ungeteilten, uneingeschränkt souveränen Syriens angestrebt? Sollen wirtschaftliche und geostrategische Interessen der Bundesrepublik und ihrer Partner die zukünftige Verfassung Syriens bestimmen?
6. Die UNO- Resolution 2249 fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, "ihre Anstrengungen zur Eindämmung des Zustroms ausländischer terroristischer Kämpfer nach Irak und Syrien und zur Verhütung und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung zu verstärken". Gegenüber welchen nicht-syrischen Parteien im offen wie verdeckt geführten Krieg in Syrien wurde von seiten der Bundesrepublik Einfluss geltend gemacht, um so dem IS die Unterstützung zu entziehen?

Mit freundlichen Grüßen, Martin Weinbrenner

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Sehr geehrter Herr Weinbrenner,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte:

1. Bei der Beurteilung der Terroranschläge treffen verschiedene Rechtskonzeptionen aufeinander. Zunächst ist es so, dass nach internationalem Recht, Krieg als Konflikt zwischen Staaten definiert wird. Der IS definiert sich selbst als Staat, ist jedoch völkerrechtlich keiner. Formal fehlen also der Kriegsgegner und die Kriegserklärung. Die moderne Kriegsführung unterscheidet sich jedoch in vielen Aspekten von der des 20. Jahrhunderts, der internationale Terrorismus ist ein Beispiel dafür. Die militärische Intervention erfolgt auf Grundlage des Artikels 51 der UN-Charta, welcher das kollektive Selbstverteidigungsrecht beinhaltet. Im Zusammenhang damit stehen die Resolutionen 2170, 2199 und 2249 des Sicherheitsrates der UN. Nach den Terroranschlägen von Paris verpflichtete sich Deutschland seinem EU-Bündnispartner Frankreich im Kampf gegen den Terror zur Seite zu stehen. Die Unterstützung für Frankreich erfolgt aufgrund der Beistandspflicht, verankert in Artikel 42 des Vertrages über die Europäische Union. Diese Unterstützung erfolgt nach nationalem Recht nach Artikel 24 des Grundgesetzes.

2. Über die Terrorgefahr in Europa und die Lage in Syrien: Der Islamische Staat versucht das umkämpfte Syrien einzunehmen. Umso größeren Erfolg der Islamische Staat in Syrien erzielt, desto größer sind seine Mittel und Ressourcen, um seine Ideologie und menschenverachtenden Praktiken auch über andere Teile der Welt zu verbreiten. Ein großes Problem bei der Bekämpfung des Terrorismus ist, dass es keinen Staat gibt, gegen den sich vorgehen lässt. Es sind unzählige Einzeltäter, die nicht unbedingt offensichtlich miteinander verbunden sind. Ein militärischer Einsatz ist keine leichtfertig zu fällende Entscheidung. Es geht darum, eine für die gesamte Welt bedrohliche Organisation daran zu hindern, sich auszubreiten und noch mehr Menschen Leid zuzufügen. Darüber hinaus geht es aber vor allem darum, in Syrien Frieden zu schaffen, zwischen allen Parteien.

3. Von 2001 bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien bestand bereits eine entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Deutschland. Diese konzentrierte sich vor allem auf den Wassersektor, Wirtschaftsreformen, Hochschulbildung, Stadtentwicklung und erneuerbare Energien. Eine von Syrien ausgehende Terrorgefahr wurde zu dieser Zeit nicht festgestellt und deshalb von deutscher Seite auch nicht problematisiert.

4. Ein bewaffneter Konflikt wird dann als Bürgerkrieg bezeichnet, wenn die betreffenden Parteien aus dem gleichen Land stammen und der Konflikt innerhalb dieses Landes ausgetragen wird. Der Konflikt entstand in diesem Fall zwischen zwei Parteien - den Rebellen und dem Assad-Regime. Die Einmischung des Islamischen Staates im zweiten Kriegsjahr ist mit dem eigentlichen Problem nicht verbunden. Der IS strebt jedoch ebenfalls die Eroberung und Kontrolle Syriens an, womit es drei Parteien gibt. Die Mitglieder dieser Parteien sind mehrheitlich Syrer und gekämpft wird auf syrischem Boden. Faktisch ist der Krieg also weiterhin ein Bürgerkrieg. Das internationale Eingreifen verschiedener Staaten ändert daran nichts. Vielmehr geht es hier um individuelle Interessenvertretungen. Davon ist abhängig, welche Partei von wem unterstützt wird. Natürlich betrifft dieser Krieg schon lange nicht mehr nur Syrien oder die syrische Bevölkerung.

5. Das vordergründige Ziel ist es, Frieden zu schaffen und diesen zu garantieren. Es hat seit Beginn dieses Konfliktes die höchste Priorität. Natürlich wünschen wir uns ein System, das auf demokratischen Grundwerten basiert und allen Menschen ein freies und friedliches Leben ermöglicht. Bis es jedoch zur Klärung der Staatsform in Syrien kommen kann, muss für einen gesicherten Frieden gesorgt werden.

6. Eine Maßnahme zur Bekämpfung des IS ist die Kooperation mit dem Irak. Auch der Irak leidet unter dem Erstarken des Islamischen Staates und geht dagegen vor. Seit dem Jahr 2014 unterstützt Deutschland den Irak auch mit militärischen Gütern, wie z.B. Aufklärungstechnik, Schutzausrüstung, Sturmgewehren und Munition, LKWs und Tanklastwagen (eine genaue Aufzählung ist unter folgendem Link zu finden: http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/684928/publicationFile/196163/140831-Unterstuetzungsleistungen.pdf). Außerdem wird die irakische Armee von der Bundeswehr in Aus- und Weiterbildung unterstützt. Mit den aufgeführten Maßnahmen und Dienstleistungen soll die Lage im Irak stabilisiert und ein weiteres Vordringen des IS verhindert werden. Darüber hinaus half die Bundesrepublik mit humanitären Maßnahmen, um die Lage für die Menschen und auch die Flüchtlinge aus Syrien zu verbessern.

Ich hoffe, dass diese Informationen hilfreich für Sie sind.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hans-Joachim Schabedoth