Frage an Hans Joachim Schabedoth von Ingrid S. bezüglich Finanzen
Meine Bausparkasse (Aachen-Münchener) versucht mich aus meinem 2003 abgeschlossenen Bausparvertrag heraus zuklagen. Die Bausaprsumme ist noch nicht erreicht und ich habe das "Optionsbausparen" gewählt, in der ausdrücklich für die Vermögensbildung geworben wurde.
Hierzu muss ich sagen, dass ich (Jahrgang 1955) bei dem damals abgeschlossenen Bausparvertrag in den 1970er Jahren mit geringen Zinsen und hoher Inflationsrate leben musste.
Im übrigen kann ich meine hohen Hypothekenzinsen auch nicht beliebig kündigen, weil das Zinsumfeld deutlich günstiger geworden ist ohne dass Vorfälligkeitszinsen anfallen.
Hier sollte die Politik deutlich machen, dass sie nicht nur die Interessen der Aktionäre im Blickfeld hat.
Welche Unterstützung kann ich von der Politik erwarten, ohne dass immer nur auf den Klageweg verwiesen wird. Ich besitze eine Rechtsschutzversicherung, aber es gibt viele Bausparer, die sich mangelndem Rechtsschutz nicht trauen, den Klageweg zu beschreiten.
Sehr geehrte Frau Stockmann,
vielen Dank für Ihr Schreiben, mit dem Sie ihren Unmut über das Treiben der Bausparkassen zum Ausdruck bringen.
Was Ihnen passiert ist leider kein Einzelfall, gerade in den vergangene Jahren haben Bausparkassen massenhaft gut verzinste Bausparverträge gekündigt. In den letzten Jahren sind nach Schätzungen etwa 250.000 Verträge gekündigt worden. Grund für die massenhafte Kündigung ist, wie Sie auch richtig sagen, die seit zwei Jahren andauernde Niedrigzinsphase, die das Geschäft der Bausparkassen wohl empfindlich belastet.
Ende Februar hat der Bundesgerichtshof diese Kündigungen in einem Grundsatzurteil für rechtens erklärt. Voraussetzung für eine Kündigung ist demnach, dass der Bausparvertrag seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif ist, also die Mindestsparzeit eingehalten und ein Mindestguthaben eingezahlt wurde. Wird nach dieser Zeit vom Sparer kein Anspruch auf ein Baudarlehen geltend gemacht, so kann der Vertrag gekündigt werden. Die Bausparkassen hatten argumentiert und der BGH hatte dieses Argument bestätigt, dass es nicht dem Sinn und Zweck eines Bausparvertrages entspreche, ihn nach der Zuteilungsreife als reine Sparanlage weiter laufen zu lassen. Auch wenn die Bausparsumme nach noch nicht erreicht ist, dürfen Bausparkassen unter Berücksichtigung der genannten Voraussetzungen die Verträge kündigen.
Dass die Bausparkassen diese Abschlüsse ursprünglich als längerfristige Geldanlagen beworben hatten, spielte indes bei der Urteilsfindung, die sich juristisch auf das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (gem. § 489 BGB) konzentrierte, eine untergeordnete Rolle. Verbraucherschutzanwälte hatten gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigungen plädiert und die Umwälzung veränderter Marktverhältnisse auf die Kunden für unrechtmäßig erklärt.
Trotz dieses Urteils hängt eine Entscheidung immer von der Betrachtung des jeweiligen Einzelfalles ab, da nicht allein die Dauer der Zuteilungsreife entscheidend ist, sondern auch weitere Umstände und Voraussetzungen. Der Weg, etwaige Kündigungen anzufechten, ist aber leider, zumal nach dem Urteilsspruch, weiterhin der Klageweg.
Ich stimme Ihrer Kritik im Übrigen zu und kann Ihnen versichern, dass wir uns ein anderes Urteil gewünscht hätten. Eines, das die Verbraucherperspektive stärker berücksichtigt. Ich bin mir aber sicher, dass das Thema uns auch im politischen Raum nochmal begegnen wird, dann werde ich mich für diese Position stark machen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Joachim Schabedoth