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Hanns-Dieter Schlierf
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Frage von Erich F. •

Frage an Hanns-Dieter Schlierf von Erich F.

Zur Haltung der ÖDP im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise und der politischen Krise mit Russland:

Diese Krise erscheint mir derzeitig für Europa die weitaus akuteste zu sein und die derzeitigen Maßnahmen zur Krisenbewältigung doch höchst fragwürdig.

1.) Russland hat bei uns schon länger eine auffallend negative "Presse". Gegen Putin hetzen schon seit längerem (mindestens seit den olympischen Winterspielen) selbst die Fernsehkommentatoren in den 20.00 Uhr - Fernsehnachrichten in einem nicht nachvollziehbaren Ausmaß.

2.) Die äußerst aggressive derzeitige Ukraine-Regierung (Jazenzuk usw.), von der kein versöhnlicher Ton zu hören ist, wird nicht kritisiert.

3.) Ebenfalls wird die beängstigende Verlegung von Nato-Truppen nach Osteuropa nicht kritisiert. (Andauernd kritisiert und schlechtgeredet wird Russland.)
Ein Bürgerkrieg in der Ukraine (in diese Richtung läuft es ja gerade), kann bei der gegenwärtigen massiven Hetze von West gegen Ost und umgekehrt in einen internationalen Krieg umschlagen.
Selbst ein lokaler bleibender Bürgerkrieg in der Ukraine ist mit viel Elend verbunden. Tun uns die Ukrainer denn gar nicht leid mit unserer Unterstützung einer gewalttätigen (zumindest unversöhnlichen) Übergangsregierung ?

Jetzt mehr in Richtung alte ÖDP-Themen: Welche zusätzlichen Gefahren hinsichtlich der dort laufenden maroden Kernkraftwerke entstehen durch einen Bürgerkrieg ?
(Reicht uns nicht das ukrainische Tschernobyl ?)

Ist diese akute Gefahr für die ÖDP ein Thema ?

Wird diesem Thema ggfls. die nötige Priorität eingeräumt ?

Selbst die Grünen hetzen verantwortungslos gegen Putin. Da stimmt was nicht. Wie steht die ÖDP zu diesen Vorgängen ?

CDU, SPD und Grüne verhalten sich m.E. unglaubwürdig.
Die Linke ist diesbezüglich glaubwürdiger, für mich aber kaum eine Wahlalternative.
(Aber wen wählt man nicht alles in der Not ?)

Wie kann uns eine für Europa gestärkte ÖDP helfen ?

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Fritz!

Zunächst: Die ÖDP ist eine sogenannte Programmpartei und der Basisdemokratie verpflichtet. Ich kann deshalb auf Fragen des aktuellen Zeitgeschehens nicht direkt im Namen der ÖDP antworten. Als Leiter der Bundesprogrammkommission und Mitglied des Bundesvorstands bin ich allerding sehr stark in die Meinungsbildung unserer Partei eingebettet und trage die Politik der Partei fast zu 100% mit, sodass Sie meine Meinung durchaus als relevant im Bezug auf die Meinung der ÖDP betrachten können. Zudem ist Ihnen ja die Stellungnahme des Bundesvorstands zum Ukraine-Konflikt auf der Homepage der ÖDP bekannt.
Nun zu Ihrer konkreten Frage:

1. negative Berichterstattung in den Massenmedien zu Putin stelle ich selbst auch fest.
2. fehlende Kritik an der derzeitigen Regierung der Ukraine: einzelne kritische Töne nehme ich wahr, allerdings nur sehr verhalten.
3. Truppenverlegung der Nato in Richtung Osteuropa kann ich nachvollziehen, ist allerdings sicherlich nicht förderlich für Friedensbemühungen auf dem Verhandlungsweg. Hier müsste wesentlich mehr an Verhandlungen laufen, in die natürlich auch die beiden Bürgerkriegsparteien einbezogen sein müssen. Wie Sie sehe ich da die Haltung der Massenmedien sehr kritisch, empfinde allerdings die Handlungen der deutschen Regierung eher moderat und wenig kriegstreiberisch. Aus meiner Sicht gibt es auf beiden Konfliktseiten in der Ukraine moderate Kräfte und vermutlich sowohl vom Westen als auch von Russland unterstützte Mörder. Mir tut die ukrainische Bevölkerung sehr leid.
4. Sie haben wiederum recht, wenn Sie die Gefahr betonen, die durch bürgerkriegsartige Zustände speziell im Bezug auf Kernkraftwerke heraufbeschworen werden kann. Wenn selbst Kasernen und Polizeistationen nicht gesichert werden können, dann erst recht nicht Atomkraftwerke. Insofern sehe ich da wie Sie eine erhebliche Gefährdung. Allein eine Flucht des Bedienungspersonals kann schon zu einer erheblichen Gefährdung führen, wenn Kühlaggregate beschädigt werden oder ähnliche Probleme auftreten. Seit vielen Jahren treten wir für eine Abschaltung aller Atomkraftwerke weltweit ein und haben gerade im Europawahlkampf die Abschaltung der Atomkraftwerke europaweit zu einem unserer Hauptthemen gemacht, das breit plakatiert wird. Das auch zu Ihrer Frage der Priorität.
5. Die Hetze der Grünen gegenüber Putin wurde von uns nicht thematisiert. Das ist wohl auch nicht zwingend nötig. Dass die Grünen inzwischen im Lager der wachstumsorientierten Parteien, mitfinanziert von Konzernen angekommen sind, muss von uns nicht unbedingt bei jeder Gelegenheit erwähnt werden.
6. Auch mir erscheint die Analyse der Linken im Bezug auf den Konflikt, wie auch im Bezug der gesamtgesellschaftlichen Situation durchaus als fundiert. Nicht nachvollziehen kann ich allerdings die Zukunftspläne dieser Partei.
7. Gerade im Bezug auf demokratische Defizite in der EU, verfassungsrechtliche Bedenken gegen den ESM und insbesondere die Haltung der ÖDP zum Thema Freihandelsabkommen, die im Interesse der Bürger nicht unterzeichnet werden dürfen, können Sie sehr wohl von der ÖDP etwas erwarten, denn die Wahrscheinlichkeit, dass wir nach dem Wegfall der Prozenthürde ins Europaparlament einziehen werden, ist sehr hoch. Keine Stimme für die ÖDP ist verschenkt.

Mit freundlichen Grüßen und herzlichem Dank für Ihr Interesse
Hanns-Dieter Schlierf