Was passiert mit unbearbeiteten Anträgen, wenn das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts abgeschafft wird?
Sehr geehrter Herr Demir,
vielen herzlichen Dank für Ihren Einsatz für uns, für Deutschland und die Demokratie! 💪 Meine Frage bezieht sich auf die Aussagen und Drohungen der Opposition, dass das Gesetz sofort außer Kraft treten wird, sobald sie wieder an die Macht kommen. Meine Frage ist: Kann das tatsächlich passieren, dass wir nach zwei Jahren Bearbeitungszeit (was ja nicht unsere Schuld ist) wieder die Bedingungen des alten Gesetzes erfüllen müssen werden? Wie schnell kann ein Gesetz abgeschafft werden? Das wäre wirklich der härteste Schlag gegen uns alle ...
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Julia H.
Sehr geehrte Frau H.,
herzlichen Dank für Ihre unterstützende Zuschrift.
Ich freue mich sehr, dass wir die historische Reform des Staatsangehörigkeitsrechts am 19.01.2023 im Deutschen Bundestag verabschiedet haben: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw03-de-staatsangehoerigkeitsrecht-986286 Wir machen Deutschland damit zu einem offeneren und auch demokratischeren Land und ich bin froh, am Abschluss dieser Reform mitgewirkt zu haben.
Zu Ihrer Frage:
Unterschiedliche Teile unserer Rechtsordnung sind unterschiedlich stark vor Änderungen geschützt. Die Menschenwürde als Grundlage unserer Verfassung kann ebenso wenig abgeschafft werden, wie die Tatsache, dass Deutschland ein demokratischer, sozialer, föderaler Rechtstaat ist. Andere Teile des Grundgesetzes können nur mit 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat geändert werden. Einfache Gesetze, die aber Zuständigkeiten oder Finanzen der Länder betreffen, brauchen zur Änderung eine Mehrheit in Bundestag und Bundesrat.
Bleiben also Gesetze, die weder die Verfassung ändern noch die Belange der Länder betreffen. Zu diesen Gesetzen gehört auch das Staatsangehörigkeitsrecht. Hier ist zur Änderung ein erneutes Gesetzgebungsverfahren durch den Deutschen Bundestag notwendig.
Sofort außer Kraft setzen kann eine neue Regierung ein Gesetz nicht - wer so etwas verspricht, widerspricht der Rechtsordnung unseres Landes. Eine neue Regierung könnte aber natürlich mit den entsprechenden Mehrheiten im Deutschen Bundestag Teile der aktuellen Reform wieder rückgängig machen oder neue Voraussetzungen zur Einbürgerung schaffen. Ob dann ein Bestandsschutz für laufende Einbürgerungsverfahren gewährt würde, läge ebenfalls in der Hand der neuen Mehrheiten.
Ihr Beispiel zeigt daher, wie wichtig es ist, dass auch nach der Bundestagswahl 2025 Parteien die Mehrheit im Deutschen Bundestag haben, die für ein offenes und auf mehr Teilhabe ausgerichtetes Einbürgerungsrecht eintreten.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir