Warum gibt es kein neues Gesetz für staatenlose Menschen, das eine Einbürgerung nach drei Jahren ermöglicht?
Sehr geehrter Herr Demir ,
Ich bin staatenlos, habe bereits den Leben in Deutschland Test absolviert, das B1-Zertifikat erworben, eine Ausbildung abgeschlossen und studiere nun an der Universität.
Bei meiner Einbürgerungsanfrage wurde mir mitgeteilt, dass ich aufgrund einer vierjährigen Duldung und anschließender Aufenthaltserlaubnis nicht eingebürgert werden darf.
Warum existiert kein neues Gesetz für Menschen, die eine abgeschlossene Ausbildung haben und während ihrer Duldungszeit in Deutschland gelebt haben?
Die Ausländerbehörde lehnt dies ab, mit der Begründung, dass die Duldungszeit nicht als Aufenthaltstitel gilt.
Warum gibt es kein neues Gesetz für staatenlose Menschen, das eine Einbürgerung nach drei Jahren ermöglicht?
Mit freundlichen Grüßen
MQ
Sehr geehrter Herr Q.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Als zuständiger Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für das Staatsangehörigkeitsrecht setze ich mich dafür ein, dass der Zugang zur Staatsangehörigkeit deutlich erleichtert wird. Zentrale Bausteine sind dabei die generelle Ermöglichung der Mehrstaatigkeit und die Absenkung der Fristen für die Einbürgerung und für den Erwerb der Staatsangehörigkeit für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern.
Mit der Situation von Staatenlosen sprechen Sie ein wichtiges Thema an. Erst einmal ist es wichtig, dass Sie das Anerkennungsverfahren als Staatenlose ansprechen, dass oft nicht bekannt ist. Zum Glück gerät das Thema zunehmend in den politischen Fokus, auch dank Organisationen wie Statefree. Denn in Deutschland leben ca. 30.000 anerkannt staatenlose Menschen sowie knapp 100.000 weitere Menschen ohne Staatsangehörigkeit, bei denen ebenfalls bei einem großen Teil davon auszugehen ist, dass sie als Staatenlose anerkannt werden sollten, wenn sie das entsprechende Verfahren durchlaufen.
In Bezug auf die Einbürgerung gelten Staatenlose genauso wie anerkannte Flüchtlinge als besonders schutzbedürftig. Deshalb empfiehlt das BMI aktuell in seinen Anwendungshinweisen eine Einbürgerung nach 6 statt regulär 8 Jahren. Ich finde es richtig, auch mit dem neuen Gesetz diese besondere Schutzbedürftigkeit weiter zu berücksichtigen.
Sie sprechen auch berechtigterweise an, dass Duldungen aktuell nicht als Voraufenthaltszeit zählen, obwohl auch Geduldete teilweise in Deutschland Fuß fassen und durch Ausbildung, Studium oder Arbeit einen Daueraufenthalt in Deutschland bekommen können. Dazu konnte zumindest ein großer Fortschritt erzielt werden. Die sogenannte Beschäftigungsduldung wird in Zukunft als Aufenthaltstitel ausgestaltet, sodass die Ausbildungszeiten dann auch als Voraufenthalt für die Einbürgerung gezählt werden.
Ansonsten profitieren natürlich auch Geduldete ab dem Zeitpunkt, zu dem sie erstmalig einen regulären Aufenthaltstitel erhalten, von den neuen verkürzten Fristen zur Einbürgerung. Damit ist regelmäßig nach 5 Jahren, bei Sprachkenntnissen C1 und der Erfüllung der sogenannten besonderen Integrationsleistungen die Einbürgerung sogar schon nach bis zu 3 Jahren möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir