Mehr als 2 Staatsbürgerschaften nun möglich? Lange Bearbeitungszeiten und evtl. Gesetzesanpassungen in der neuen Legislaturperiode?
Sehr geehrter Herr Demir,
ich hätte 2 Fragen zur Novellierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Erst einmal, ist es mit der Neuerung nun möglich auch die deutsche Staatsbürgerschaft als 3. Staatsbürgerschaft anzunehmen? Im neuen Gesetzestext wird ja grundsätzlich von „Mehrstaatlichkeit“ und keiner doppelten Staatsbürgerschaft gesprochen.
Meine zweite Frage bezieht sich auf die langen Bearbeitungszeiten und was das eventuell für Anträge, die erst in der neuen Legislaturperiode bewilligt werden bedeuten könnte, wobei jedenfalls von der aktuellen Bearbeitungszeit ausgehend das für alle jetzt gestellten Anträge gelten wird. Was würde passieren, wenn es durch eine eventuelle andere Regierung eine Anpassung des Gesetzes geben würde? Wären damit alle jetzt gestellten Anträge, die vorher wegen den alten Hindernissen nicht gestellt wurden wieder hinfällig?
Vielen Dank für Ihre Antworten und freundliche Grüße
Sehr geehrter Herr B.,
danke für Ihre Nachricht.
In Deutschland hat sich in der Debatte der Begriff "Doppelpass" etabliert. Mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts geht aber einher, dass auch Mehrfachstaatsangehörigkeiten möglich sind. War jemand bspw. bisher Staatsbürger:in Deutschlands und Polens, kann nun auch eine weitere, dritte Staatsangehörigkeit bspw. die der USA angenommen werden.
Zu Ihrer anderen Frage: Es gilt immer geltendes Recht. Wird bspw. jetzt ein Antrag auf Einbürgerung gestellt, so gilt bis zum Inkrafttreten der Staatsangehörigkeitsreform aktuelles Recht (keine Mehrfachstaatsangehörigkeit möglich). Wird jetzt ein Antrag gestellt, die Staatsbürgerschaft aber er nach Inkrafttreten der Reform angenommen, so ist entsprechend die doppelte Staatsbürgerschaft möglich.
Einbürgerungsprozesse dauern oft auch mehrere Monate, dies ist besonders in Großstädten der Fall, in denen sich viele Menschen einbürgern lassen möchten. Wie überall fehlt auch in der kommunalen Verwaltung Personal, sodass Prozesse nicht so schnell laufen wie sie es sollten. Es wäre deswegen ratsam, zeitnah einen Antrag auf Einbürgerung zu stellen.
Mit der Staatsangehörigkeitsreform entfällt aber auch bürokratische Arbeit, wie bspw. die Prüfung und Entlassung aus einer weiteren Staatsangehörigkeit. Diese und weitere Schritte entlasten die Einbürgerungsbehörden vor Ort.
In Berlin wurde die Einbürgerung zum 1. Januar 2024 zentralisiert. Das ist gut, denn es wird auch mehr Personal geben, welches dann für Einbürgerungen zuständig ist. Ich gehe davon aus, dass damit die Prozesse schneller und effizienter werden.
Jede Regierung kann Gesetze ändern. Theoretisch wäre es also möglich, dass andere Regierungen die Staatsangehörigkeitsreform ändern könnten. Die Legislatur läuft ja aber noch eineinhalb Jahre und unser Anspruch als SPD, die Partei, die seit Jahrzehnten für die doppelte Staatsbürgerschaft gekämpft hat, ist weiterhin an der Regierung zu bleiben und keine nachteiligen Änderungen bei der Staatsangehörigkeitsreform zuzulassen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir