Hakan Demir
Hakan Demir
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Frage von Ibrahim G. •

Einbürgerung trotz Aufstockung zur vollen Erwerbsminderungsrente?

Sehr geehrter Herr Demir

Ich bin 1970 hier in Deutschland geboren (als Gastarbeiterkind) und besitze die türkische Staatsbürgerschaft!

habe hier meinen Sekundarabschluss1 erworben, zudem eine Ausbildung, fort und Weiterbildungen und etwa 22 Jahre durchgehend gearbeitet, bis ich an Parkinson und einem Schmerzsyndrom erkrankte! da meine volle Erwerbsminderungsrente z.Z. 600,- € beträgt bekomme ich eine Aufstockung (Bürgergeld)

habe überall nur lesen/gesagt bekommen das man mindestens 800,- € einkommen haben sollte und oder selbst für seinen unterhalt aufkommen muss für eine Einbürgerung.

daher würde ich gerne erfahren ob und wie ich eine erfolgreiche Einbürgerung bekommen könnte in meinem fall?

hochachtungsvoll

Ibrahim G.

Hakan Demir
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr G.,

herzlichen Dank für Ihre Zuschrift. 

Bei der Anspruchseinbürgerung ist es tatsächlich so, dass eine Einbürgerung bei gleichzeitigem Bürgergeldbezug nur noch in wenigen Ausnahmefällen möglich ist (Vollzeit arbeitende Aufstocker:innen; deren Ehepartner:innen; Menschen, die selbst als Gastarbeiter:innen gekommen sind und unverschuldet ihren Lebensunterhalt nicht decken können). Eine fixe Einkommensgrenze gibt es dabei nicht. Entscheidend ist die Berechtigung, Bürgergeld zu beziehen. 

Es gibt aber noch den Weg der Ermessenseinbürgerung. Und ich habe mich in den Verhandlungen zur Einbürgerungsreform dafür eingesetzt, dass dieser Weg stärker genutzt wird - insbesondere für Menschen, die unverschuldet Ihren Lebensunterhalt nicht decken können. Denn es wird immer Menschen geben, die aufgrund einer bestimmten Lebenslage (ob durch eigene Krankheit oder Behinderung, als pflegende Angehörige, als Studierende oder Auszubildende) ihren Lebensunterhalt nicht decken können - es wäre aus meiner Sicht falsch, sie pauschal von der Einbürgerung und damit auch vom Wahlrecht auszuschließen. Als Innenausschuss des Deutschen Bundestages haben wir eine Empfehlung abgegeben, wie die Ermessenseinbürgerung ausgelegt werden sollte. Sie soll für Menschen genutzt werden, die ihren Lebensunterhalt aufgrund "von Umständen nicht erreichen können, die außerhalb ihrer Beeinflussungsmöglichkeiten liegen". Das kann insbesondere "Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher, Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung und Alleinerziehende, die wegen Kinderbetreuung nicht oder nur in Teilzeit erwerbstätig sein können, [...] pflegende Angehörige, Schülerinnen und Schüler/Auszubildende/Studierende" betreffen. Für diese Personen soll die Schwelle zur Einbürgerung dann nur noch sein, dass sie alles "objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare unternommen haben, um ihren Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern". Wenn dies der Fall ist, darf auch mit Sozialleistungsbezug eingebürgert werden. All das können Sie hier nachlesen: https://dserver.bundestag.de/btd/20/100/2010093.pdf (ab S. 9). 

So wie Sie mir Ihren Fall schildern, könnte die Ermessenseinbürgerung also eine gute Möglichkeit in Ihrer Situation sein. 

Da die Ermessenseinbürgerung - wie überall wo Behörden Ermessen ausüben - komplexer ist als die Anspruchseinbürgerung, ist eine besonders gute Darstellung Ihrer Situation erforderlich, um gute Chancen auf eine Einbürgerung zu haben. Ich würde Ihnen daher empfehlen, sich bei einer sogenannten "Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer" (MBE) oder einer anderen Beratungsstelle beraten zu lassen. Eine wohnortnahe Migrationsberatung finden Sie hier: https://bamf-navi.bamf.de/de/Themen/Migrationsberatung/. Einbürgerungsberatungen bieten viele Organisationen an, in Hamburg beispielsweise die Türkische Gemeinde mit ihrem Projekt der Einbürgerungslotsen: https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-inneres-und-sport/einbuergerungslotsen-unterstuetzung-bei-der-einbuergerung-970364

Mit freundlichen Grüßen

Hakan Demir 

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