Frage an Günther Oettinger von Bernd S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Öttinger,
im Programm der CDU steht an vorderster Stelle "Wir wollen ein Land, in dem nicht auf Kosten der künftigen Generation gelebt wird.".
Mich interessiert, wie diese Position mit dem unentwegten Ruf der CDU nach einer Verlängerung der Gefahren durch die Kernenergie (Terror, Abhängigkeit von Uranimporten, Niedrigstrahlung, menschliches und technisches Versagen in den Kernkraftwerken, etc.) und die Verdopplung der Strahlenmüllmengen vereinbar ist. Und dies alles vor dem Hintergrund, dass
1) uns die Kernenergie dirket und indirekt (z. B. über die Euratom) hunderte Milliarden Euro kostet
2) und im Wirtschaftsminisisterium BW schon seit vielen Jahren bekannt ist, dass der unverzügliche Wechsel zu den Erneuerbaren Energien und das unverzügliche Energiesparen die beste Wirtschaftsförderpolitik fürs Land wäre, weil dadür die Abhängigkeit von Öl-, Gas- Uran- und Kohleimporten sinkt und wir unsere Stärken im Maschinenbau und im Baugewerbe haben
3) und die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke eh keinen Beitrag zur CO2-Senkung leisten können, weil die Kernenergie indirekt sehr viel CO2-Emissionen verursacht (siehe www.gemis.de) und durch den Emissionenhandel die CO2-Menge festgeschrieben ist (CO2-Zertifikate sind Mangelware und deshalb bleibt mit oder ohne KKW die Menge gleich).
Unter diesen Gesichtspunkten scheint mir der Ruf nach mehr Kernenergie durch die CDU vor allem ein Versuch zu sein, von der gescheiterten Klimaschutzpolitik der letzten Jahre abzulenken. Ohne die Abschaltung eines einzigen KKWs und zudem in einer Zeit wirtschaftlicher Stagnation sind im Lande ja bekanntlich die CO2-Emissionen von 2000 bis 2003 sogar deutlich gestiegen, wie das statistische Landesamt errechnet hat.
Oder?
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Schott
Sehr geehrter Herr Schott,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Haltung der CDU in der Energiepolitik vom 27. Februar 2006. Der CDU geht es keineswegs, wie Sie schreiben, um einen ´Ruf nach mehr Kernenergie´. Wir sind nicht gegen einen Ausstieg aus der Atomenergie! Dies hat auch die SPD-Spitzenkandidatin Ute Vogt kürzlich in einer Veranstaltung zugegeben, auch wenn sie sonst das Gegenteil behauptet, um Stimmung gegen die CDU zu machen. Wir sind für einen Ausstieg mit Vernunft und Augenmaß. Der rot-grüne Atomausstieg erfolgt zu früh. Er verhindert die Erschließung alternativer Energien und führt zum Bau umweltschädlicher Kohlekraftwerke. Deshalb treten wir für eine Verschiebung des Ausstiegs um fünf bis zehn Jahre ein. Diese Zeit wollen wir nutzen, um alternative Energiequellen zur Marktreife zu führen.
Dies ist unsere Haltung, gerade weil es - wie Sie zu Recht schreiben - notwendig ist, keine weiteren CO2-Emissionen zu erzeugen, sondern diese zu senken, und gerade weil es nötig ist, erneuerbare Energiequellen weiter zu erschließen. Es war bereits in den letzten Jahren die Politik der CDU, erneuerbare Energien zu fördern - ich erinnere hier nur daran, dass auf unsere Initiative hin die Große Wasserkraft in das EEG aufgenommen wurde oder daran, dass wir zur Erschließung der Geothermie neue Programme aufgelegt haben. Diese Politik wollen wir fortsetzen und selbstverständlich ist es auch unser Ziel, das Energiesparen zu fördern.
Baden-Württemberg bezieht 58 Prozent seiner Elektrizität aus sicheren Atomkraftwerken im eigenen Land. Alternative Ersatztechnologien, die diese Menge ausgleichen könnten, sind kurz- und mittelfristig nicht in Sicht. Die Folgen des rot-grünen Atomausstiegs werden für die Menschen im Land schnell spürbar werden: das Stromangebot wird sich verknappen und die schon heute einmalig hohen Energiepreise werden weiter steigen. In Baden-Württemberg müssten im Falle des weiteren Ausstiegs neue Kohle- und Gaskraftwerke als Ersatz gebaut werden, die das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid und weitere Schadstoffe ausstoßen. Angesichts der bereits heute spürbaren Folgen für das Klima und die Luftbelastung halten wir dies für unverantwortlich. Bei einem weiteren Ausstieg aus der Kernkraft steigt aber zudem auch unsere Abhängigkeit von ausländischen Gaslieferungen sowie von ausländischen Atomkraftwerken, die nicht sicherer sind als unsere und über die wir keinerlei politische Kontrolle haben.
Alle diese Punkte haben uns dazu bewegt, den Ausstieg aus der Atomkraft solange verschieben zu wollen, bis alternative Energien in belastbarer Menge zur Verfügung stehen und damit die Energiepreise für die Bevölkerung nicht zu einer noch höheren Belastung werden. Dies sagen wir den Menschen in Baden-Württemberg und wir sind sicher, dass sie unsere Haltung unterstützen werden. Zwar bedienen SPD und Grüne mit ihrer pauschalen Ablehnung der Kernkraft und dem Beharren auf einem möglichst schnellen Ausstieg sicherlich diffuse Ängste in der Bevölkerung. Dennoch sind wir uns sicher, dass sich unsere sachliche Haltung zu diesem Thema bei den Menschen durchsetzen und sie überzeugen wird, denn unsere Energiepolitik ist vernünftig.
Weitere Informationen zur Politik der CDU finden Sie unter www.cdu-bw.de. Ich bitte Sie herzlich, weitere Fragen direkt an mich zu adressieren - und zwar über das Kontaktformular auf meiner Homepage: www.guenther-oettinger.de/index.php?id)7.
Mit freundlichen Grüßen
Günther H. Oettinger MdL
Ministerpräsident