Frage an Günter Krings von Günter S. bezüglich Wirtschaft
Die wirtschaftliche Produktivität hat auf Grund umfassender technologischer Erfolge in den letzten Jahrzehnten weltweit enorm zugenommen. Seitdem wird in immer größerem Umfang menschliche Arbeitskraft durch den Einsatz von Maschinen und neue Produktionstechniken ersetzt. Mit anderen Worten: Immer weniger Menschen erwirtschaften immer mehr Güter, Waren, Dienstleistungen. Und immer weniger Menschen können sich die inzwischen im Überfluss hergestellten Waren und Güter leisten.
Der Ausweg aus dem Dilemma sieht der Mainstream in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft – national wie international - in der Steigerung der Produktivität bei Senkung der Arbeitskosten, Rationalisierungen und einem drastischen Abbau der sozialen Sicherungssysteme.
Im Ergebnis werden noch weniger Menschen noch mehr Waren, Güter, Dienstleistungen für ein geringeres Einkommen erwirtschaften und noch weniger Menschen werden sich noch weniger leisten können.
Dazu folgende Fragen an Sie:
1) Halten Sie Vollbeschäftigung zu menschenwürdigen Bedingungen in Deutschland in den nächsten 20 Jahren für erreichbar?
2) Wenn nein, wie wollen Sie verhindern, dass die beschriebene Entwicklung zu einer dauerhaften Benachteiligung und Verarmung weiter Bevölkerungskreise geht?
3) Wie beurteilen Sie die Chancen und Möglichkeiten, die ein bedingungsloses Grundeinkommen (siehe z.B. www.grundeinkommen.de) in diesem Zusammenhang bietet?
Sehr geehrter Herr Sölken,
vielen Dank für Ihre Email vom 01.09.2005.
Die Vollbeschäftigung in einer Gesellschaft halte ich für eine schöne Utopie. Aber leider lässt sie sich wohl tatsächlich nur in staatlichen Zwangssystemen verwirklichen, wie wir das in den sozialistischen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Ihre Frage schloss jedoch auch den Punkt „unter menschenwürdige Bedingungen“ ein, so dass diese Art der Vollbeschäftigung natürlich auch nicht Ihren Vorstellungen entspricht.
Zurzeit ist es unattraktiv in Deutschland neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dabei spielt weniger die Lohnhöhe eine Rolle als vielmehr die Lohnnebenkosten. Der Staat zweigt zuviel Geld vom Lohn der Arbeitnehmer ab. Die Arbeitnehmer haben weniger Geld in der Tasche und die Arbeit verteuert sich für den Unternehmer. Daher ist es das erste Ziel der Union, die Lohnnebenkosten zu senken, um die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu fördern. Weiterhin spricht sie sich für einen Kombilohn aus, damit zu geringe Löhne aufgestockt werden können, um besonders Arbeit für gering qualifizierte Beschäftigte zu menschenwürdigen Bedingungen zu ermöglichen. Keine Benachteiligung der Arbeitnehmer wird die Folge sein, sondern weniger Menschen werden von staatlichen Transferleistungen abhängig sein.
Ihren Idealismus in Ehren, aber ein bedingungsloses Grundeinkommen mag in der Theorie natürlich die Lösung aller Probleme sein, wird aber nicht den Realitäten gerecht. Es unterliegt dem Missverständnis, daß jeder grundsätzlich einen Anspruch gegen den Staat hat. Direkte staatliche Leistungen sollen jedoch nur im Ausnahmefall gezahlt werden, der unter anderem die Bedürftigkeit voraussetzt. Ich habe mir mal die von Ihnen angegebene Internetseite angeschaut und dort den Satz gefunden: „Auf ein bestimmtes Finanzierungsmodell hat sich das Netzwerk nicht festgelegt.“ Die werden schon wissen warum.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günter Krings