Frage an Günter Krings von Christian W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Krings,
wie ich der Presse entnehmen konnte, wurde die Verabschiedung des Gesetzentwurfs, der Abgeordneten die Vorteilnahme untersagen und unter Strafe stellen sollte (Lesung war für den 16. Juni 2013 angesetzt) erneut verschoben. Wann wird es für MdBs der Tatbestand der Vorteilsnahme endlich strafbar?
Mit freundlcihem Gruß
Ch. Wolfsberger
Sehr geehrter Herr Wolfsberger,
vielen Dank für Ihre Email. Wenn es nach mir geht, dann sollten wir sehr bald eine Regelung zur Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption verabschieden. Bislang gibt es aber noch keinen tragbaren Entwurf, der die Mindestanforderungen von Rechtsstaatlichkeit erfüllt.
Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass in der öffentlichen Diskussion zum Teil der falsche Eindruck vermittelt wird, korruptes Verhalten von Politikern sei in Deutschland bisher überhaupt nicht strafbar. Das stimmt schlicht nicht. Tatsächlich ist in § 108e des Strafgesetzbuches der Kauf und Verkauf von Stimmen bei Wahlen und Abstimmungen - und damit die Annahme von Bestechungsgeld für die wichtigste Handlung eines Abgeordneten - bereits seit 1994 unter Strafe gestellt. Die Strafvorschrift der „Abgeordnetenbestechung“ hat zudem eine Besonderheit: In vollem Umfang strafbar macht sich ein Täter schon dann, wenn er auch nur zu einer Handlung ansetzt, die nach seinen Plänen zu einem Stimmenkauf oder -verkauf führen soll, ohne dass es zum Kauf oder Verkauf der Stimme kommen muss.
Bei den Gesetzentwürfen der Opposition, die derzeit im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages beraten werden, geht es daher ausschließlich darum, den geltenden Straftatbestand zu /erweitern/. Damit sollen die entsprechenden Vorgaben der UN-Konvention gegen Korruption umgesetzt und eine Ratifizierung des Abkommens ermöglicht werden.
Die Union setzt sich selbstverständlich im Sinne dieses Übereinkommens nachdrücklich dafür ein, Korruption im privatwirtschaftlichen wie auch im öffentlichen Bereich zu verhindern und zu bekämpfen. In Deutschland können wir auf die dabei erzielten Erfolge stolz sein. Der Korruptionswahrnehmungsindex 2012 von Transparency International zeigt Deutschland auf dem 13. Platz von insgesamt 174 Plätzen.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass eine Umsetzung der UN-Konvention in deutsches Recht rechtlich außerordentlich komplex ist. Die UN Konvention unterscheidet nämlich nicht zwischen Amtsträgern und Abgeordneten. Nach dem Grundgesetz sind Abgeordnete jedoch - im Gegensatz zu Beamten - Träger eines freien Mandats. Sie sind keinen Weisungen unterworfen und nur ihrem Gewissen und ihren Wählern verantwortlich. Anders als bei Beamten und Richtern sind Abgeordnete immer auch Interessenvertreter, beispielsweise ihres Wahlkreises oder bestimmter Gruppierungen, wie z.B. Gewerkschaften.
In einer Regelung, die die Strafvorschrift der Abgeordnetenbestechung erweitert, muss deshalb genau festlegt werden, wo zulässige Einflussnahme auf Abgeordnete endet und wo strafwürdige Einflussnahme beginnt. So verlangt es unser Grundgesetz. Dabei darf die ebenfalls verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Mandatsausübung nicht angetastet werden. Das alles ist aber mit den Vorgaben der UN-Konvention nur sehr schwer in Einklang zu bringen.
Den von der Opposition vorgelegten Gesetzentwürfen ist das jedenfalls nicht gelungen. So haben es auch die rechtswissenschaftlichen Experten gesehen, die wir im Rechtsausschuss am 17. Oktober des letzten Jahres dazu öffentlich angehört haben.
Eine Alternative zu diesen Gesetzentwürfen liegt uns im Rechtsausschuss bisher nicht zur Abstimmung vor. Es gibt außerhalb des parlamentarischen Verfahrens einen Regelungsvorschlag des Ausschuss-Vorsitzenden Siegfried Kauder, den die Opposition wohl auch unterstützt.
Die Koalition hat zur Klärung vorgeschlagen, diesen Regelungsvorschlag gleichwohl im Rechtsausschuss in einem Gespräch mit Experten prüfen zu lassen, auch wenn er dort nicht formal zur Abstimmung ansteht. Die Oppositionsfraktionen haben ein solches Expertengespräch jedoch abgelehnt.
Ich werde mich dafür einsetzen, dass die parlamentarischen Beratungen zu einer auch aus meiner Sicht richtigen Erweiterung der Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung in der neuen Wahlperiode sofort wieder aufgenommen werden. Wichtig sind dabei nach meiner Sicht zwei Dinge: Zum einen muss endlich Schluss sein mit der Polemisierung des Themas und seiner Instrumentalisierung durch Teile der Opposition. Zum zweiten erfordert eine Versachlichung der Debatte die Erarbeitung eines Gesetzentwurfs, der für jeden Betroffenen den Umfang der Strafbarkeit mit hinreichender Bestimmtheit erkennen läßt, denn ansonsten bestünde die Gefahr, dass die Gesetzeserweiterung vom Bundesverfassungsgericht als verfasssungswidrig aufgehoben werden würde.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günter Krings MdB