Dr. Günter Krings MdB, 2021
Günter Krings
CDU
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Frage von Henrik E. •

Frage an Günter Krings von Henrik E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Krings,

vielen Dank für die freundliche Beantwortung meiner letzten Frage.

Leider kann ich Ihre Argumentation nicht so stehen lassen. Sie haben natürlich damit recht, dass die DPI nicht ausdrücklich erwähnt wird. Der gesamte Vertragstext ist jedoch derart schwammig formuliert, dass es sehr großen Raum für Interpretationen gibt. Wie man an bisherigen Verfahrensverläufen in D sieht, nutzen dies Rechteeintreiber insbesondere dadurch aus, sich an Gerichte wie das OLG Hamburg zu wenden, die den gegebenen Spielraum entsprechend auslegen.

Sie schreiben weiterhin, dass der Vertragsumfang von geltendem deutschen Recht bereits abgedeckt ist. Dem kann ich so nicht beipflichten. Unter anderem Art. 28 (2) fordert die Erhebung und Auswertung statistischer Daten. Im Onlineverkehr kann dies nur durch die in Deutschland bisher nicht vorgesehene Vorratsdatenspeicherung erfolgen. Auch an weiteren Stellen im Vertrag stehen entsprechende Hinweise zum Aufbau einer Verfolgungsinfrastruktur.

Der gesamte Vertragstext liest sich zudem als Wunschzettel der Contentlieferanten (merke: nicht der Urheber!). Die nationale Exekutive wird dadurch gezwungen, erhebliche Ressourcen für die Verfolgung von Markenverletzungen oder unerlaubter Vervielfältigung einzusetzen.

Zudem werden lediglich Rechte der Contentanbieter beschrieben, nicht Rechte der Nutzer.
Die Exekutive ist nur ausführendes Organ für die Anbieter. Daher:

Frage 1: Wer trägt die Kosten der Verfolgung beteiligen?
Frage 2: Können Sie garantieren, dass das bestehende dt. Recht nicht im Zuge von ACTA im Zeitablauf angepasst wird, wie dies bereits des öfteren im Rahmen von EU Richtlinien durchgeführt wurde?
Frage 3: Können Sie garantieren, dass im Zuge von ACTA die Netzneutralität weiterhin gewahrt bleibt und eine Deep Packet Inspection (=totale Überwachung und Auswertung der Inhalte) nicht stattfinden wird.

ACTA enthält mehr Risiken, als Gutes. Die Folgen sind unabsehbar. Dies wird eine Prüfung vor dem EuGH zeigen

Dr. Günter Krings MdB, 2021
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Eisele,

die eingehende Prüfung im Bundesministerium der Justiz hat ergeben, dass ACTA keinerlei Änderungsbedarf im deutschen Recht auslöst. Der juristische Dienst der EU-Kommission hat dies bestätigt. Und auch ich habe den Vertrag aufmerksam gelesen und konnte keinen Handlungsbedarf erkennen.

Dass ACTA von Mindestspeicherfristen für Verkehr- und Verbindungsdaten ausgeht, ist eine Selbstverständlichkeit. Deutschland muss schließlich die geltende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umsetzen und auch das Bundesverfassungsgericht hat daran keinen Zweifel gelassen. Dass die Bundesjustizministerin europäisches Recht ignoriert, ändert nichts daran, dass Art. 28 Abs. 2 deutsches und europäisches Recht eben nicht ändern wird.

Im geltenden Recht gibt es bereits zivilrechtliche Ansprüche und eine Strafverfolgung bei Marken- und Urheberrechtsverletzung. Der Kostentragungsgrundsatz des § 90a ZPO sieht vor, dass bei zivilrechtlichen Streitigkeiten die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zahlt. Im Strafverfahren trägt die Kosten entsprechend der verurteilte Straftäter.

Letztendlich muss jeder Gesetzestext ausgelegt und für jeden Einzelfall neu interpretiert werden. Ich kann verstehen, dass Gesetzestext und auch der ACTA-Vertrag für ungeschulte Augen nur schwer verständlich sind. Daher beschäftigen sich Juristen mit der Verabschiedung von Gesetzen und auch der Verhandlung des ACTA-Abkommens. Diese können die fraglichen Regelungen auch in den Kontext einordnen und die Risiken abschätzen.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Günter Krings

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