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Gülistan Yüksel
SPD
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Frage von Thomas P. •

Würden Sie bzw. die SPD ein "Sondervermögen" für Schutzsuchende (z.B. 50 oder 100 Mrd. Euro) unterstützen und wie sollte das finanziert werden?

Sehr geehrte Frau Yüksel ,

es ist unbestritten, dass Deutschland derzeit Probleme bei der Aufnahme und Integration von Schutzsuchenden hat. Natürlich sind die Strukturen v.a. in den Kommunen überlastet und Geld ist kein Allheilmittel. Aber ohne weiteres Geld gehts m.E. gar nicht.

Wären Sie und die SPD daher bereit über ein "Sondervermögen" für Schutzsuchende das nötige Geld bereitzustellen und wie hoch sollte der Betrag mindestens sein?

Wie sollte das Sondervermögen dann finanziert werden:

1. neue Schulden
2. Steuererhöhungen (Vermögensteuer, Vermögensabgabe, Erbschaftssteuer, Einkommensteuer?)
3. Einsparungen im Staatshaushalt:
3a. Kürzung des Zuschuss an die Rentenversicherung
3b. Kürzung der Militärausgaben
3c. Kürzung von Gehältern im öffentlichen Dienst (insbesondere Beamte)
3d. Kürzung von Beamtenpensionen
3e. sonstiges (was?)

MfG

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre weitere Frage und Ihre Gedanken zu dem Thema Migration und Integration.

Die Unterbringung von Schutzsuchenden und die Integration von Migrantinnen und Migranten ist in der Tat eine große staatliche und gesellschaftliche Aufgabe, die auch Geld kostet und gerade die Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Angesichts der schnellen und unbürokratischen Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine und der gestiegenen Zahl von Asylanträgen hat der Bund bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Länder und Kommunen zu entlasten: So reduzieren wir irreguläre Migration und beschleunigen die Verfahren. Darüber hinaus unterstützt der Bund die Länder und Kommunen bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration der Geflüchteten.

2022 hat der Bund die Länder mit etwa 15 Milliarden Euro unterstützt. In diesem Jahr wird die Unterstützung voraussichtlich 15,6 Milliarden Euro betragen. Bei den Kosten der Unterkunft entlastet der Bund die Länder und Kommunen zudem dauerhaft um etwa vier Milliarden Euro pro Jahr. Bund und Länder haben sich nun darauf verständigt, dass der Bund für das Jahr 2023 die Flüchtlingspauschale an die Länder um eine Milliarde Euro aufstocken wird. Dies soll die Länder dabei unterstützen, ihre Kommunen zusätzlich zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren. Darüber hinaus stellt der Bund Ländern und Kommunen mietfrei Bundesliegenschaften für die Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung.

Zugleich bauen wir die Erstorientierungs- und Integrationskurse des BAMF weiter aus. Im Jahr 2023 betrug der Haushaltsansatz für Integrationskurse ursprünglich 757,7 Millionen Euro. Aufgrund der zunehmenden Teilnehmerzahl und zur Gewährleistung des Angebots hat das Bundesinnenministerium nach Freigabe durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags im Juni 2023 zusätzlich 145 Millionen Euro für die Integrationskurse im laufenden Haushaltsjahr bereitgestellt.

Sehr geehrter Herr P.,

Sie sehen, dass der Bund seiner Verantwortung gerecht wird und dafür auch viel Geld im Rahmen des Bundeshaushaltes zur Verfügung stellt − auch ohne ein von Ihnen vorgeschlagenes Sondervermögen. Ein solches wäre außerdem nicht ohne Weiteres einsetzbar. Es braucht hierzu u.a. eine Grundgesetzänderung sowie eigene Kreditermächtigungen. Denn die Kreditermächtigungen, die für den normalen Bundeshaushalt beschlossen werden, können hierfür nicht genutzt werden. Für eine Änderung des Grundgesetzes braucht man wiederum eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und damit also auch die Zustimmung der Oppositionsparteien. Hinzu kommt, dass ein Sondervermögen auch vor dem Verfassungsgericht beklagt werden kann, da man damit die normale Haushaltspolitik umgeht. Der Bundesrechnungshof mahnt zudem einen restriktiven Maßstab an, denn: Kernaufgaben des Staates sollten auch aus dem Kernhaushalt finanziert werden.

Die Idee eines Sondervermögens für einen bestimmten Zweck, in diesem Fall für aufzunehmende Geflüchtete, impliziert außerdem, dass der Bund derzeit nicht oder nicht genügend in die Aufnahme, Unterbringung und Integration von geflüchteten Menschen investiert. Der Bund beteiligt sich jedoch finanziell mit Unterstützungen in Milliardenhöhe. In unserem föderalen System sind besonders die Länder in der Verantwortung. Dennoch übernimmt der Bund auch hier, wie anfangs beschrieben, immer mehr an Unterstützungsleistungen. Und das ist auch gut und richtig. Eine Übersicht zu den asylbedingten Kosten und Ausgaben von Bund und Ländern stellt die Bundeszentrale für politische Bildung bereit: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/zahlen-zu-asyl/265776/asylbedingte-kosten-und-ausgaben/.

Woran es aktuell besonders mangelt, sind Unterbringungsmöglichkeiten und bezahlbarer Wohnraum, sind Schul- und Kitaplätze, sind Lehrkräfte für Sprach- und Integrationskurse. All das lösen wir nicht kurzfristig mit mehr Geld, sondern bedarf langfristiger grundlegender Reformen. Wohnungen werden nicht über Nacht gebaut, Lehrkräfte nicht über Nacht ausgebildet. Der Bund ist sich dieser Aufgaben bewusst und geht sie – trotz schwieriger Finanzlage – an.

Mit freundlichen Grüßen

Gülistan Yüksel, MdB

 

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