Frage an Gudrun Köncke von Ulf S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Könke,
der Tagespresse musste ich entnehmen, dass die GAL Spitze keinerlei Versuche mehr unternehmen will, die rot-rot-grüne Mehrheit zu nutzen. Dabei wird die Verantwortung auf die SPD geschoben, die wieder lädt sie auf die 6% Linke, die ja mit keinem reden wollte und deshalb rede man jetzt auch mit keinem mehr.
Ist das das neue Demokratie- und Parlamentsverständis bei den Grünen, nicht mal mehr mit einer demokratisch gewählten und nahestehenden Partei zu reden?
Befürchten Sie keinen Vertrauensverlust, wenn Ihre Partei statt der versprochenen und theoretisch möglichen rot-grünen Politik mit neuem Bürgermeister nun plötzlich lieber ´schwarz-grüne´ macht oder gar keine?
Meinen Sie, für den Kurswechsel zur eben noch bekämpften CDU Regierung mehr Zustimmung zu haben, als für Gespräche mit den Linken zugunsten vom versprochenen rot-grünen Wechsel?
Mit freundlichen Grüßen,
Ulf Steinvorth
Sehr geehrter Herr Steinvorth,
die zentrale Antwort vorweg: Nein - die Grünen haben nicht absolut und generell ausgeschlossen, mit irgendeiner Partei zusammenzuarbeiten - außer mit der DVU oder Verwandten. In Bezug auf "Die Linke" war die Situation bei der letzten MV so, dass der Vorstand der Linken zunächst eine mögliche Tolerierung in Aussicht gestellt hatte - die Basis aber selbst eine Tolerierung ausgeschlossen hatte. Die Situation blieb weiterhin unklar. Aufgrund dessen sowie des gleichermaßen unübersichtlichen Programmes (in Bezug auf die Arbeitsmarktpolitik z.B. die Forderung, Steuermehreinnahmen für sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu verwenden - also kurzfristige Mehreinnahmen für langfristige Betriebsausgaben zu veranschlagen - ohne strukturelle Perspektive)und unübersichtlichen Personals hat sich unsere MV gegen Gespräche mit "Die Linke" ausgesprochen - zudem vor dem Hintergrund, dass auch alle andere Parteien, die für eine Regierung möglich wären, dies versagt hatten. Kurz gesagt: Warum sollten wir gegen die Wand reden? - Aus welcher Gefolgsamkeit.
Zu Schwarz-Grün: Sie haben Recht. Die CDU ist nicht unser Wunschpartner - gerade weil es im Wesentlichen auch sog. ideologische Vorbehalte gibt - Weil die CDU bisher für ein grenzenloses Wachstum eingetreten ist, weil die CDU die Leistungen des Sozialstaates als Almosen begreift - nicht als Voraussetzungen für gleichberechtigte Teilhabe. Und - gestatten Sie mir die persönliche Anmerkung - die CDU bleibt mir aus meinem politischen Werdegang heraus suspekt, war schließlich immer der politische Gegner.
Und trotzdem. Reden wir doch endlich über Inhalte. Mein Ziel ist es nicht, mich mit der Forderung nach mehr Chancengerechtigkeit in der Opposition wohl zu fühlen - sondern mein Ziel ist es, gleiche Bildungschancen als Voraussetzung für Gerechtigkeit durch eine Neuausrichtung der Bildungspolitik auch endlich umzusetzen. Mein Ziel ist eine Wirtschaftspolitik, die sich nicht auf die Wirtschaftsexplosion in China verlässt, sondern im Zeichen der "Kreativen Stadt" die Herausforderungen annimmt - Hamburg zu einem Zentrum für erneuerbare Energien macht. Die die vorhandenen Mittel einsetzt, um den wichtigsten Standortfaktor - nämlich die Gesellschaft - zu fördern. Und diese Möglichkeit habe ich nur in der Regierung, nicht in einer Opposition, die zudem noch so klein ist, dass sie keiner mehr wahrnimmt. Deshalb strebe Koalitionsverhandlungen an - nicht um jeden Preis - aber auch nicht um jeden Preis: Opposition.
Mit vielen Grüßen
Gudrun Köncke