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Frage von Klaus H. •

Frage an Gert Weisskirchen von Klaus H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Weisskirchen

ich habe soeben ihre Diskussionsbeiträge in der Phönix-Sendung zu Afghanistan (01.04.2009) gehört
.
Leider konnten Sie dort weder die Haltung des dt. Bundestages hinreichend klar begründen, noch erweckten Sie (als Mitglied des aussenpolitischen Ausschusses des Dt. Buntestags) für mich als Zuschauer den Eindruck hinreichend über die tatsächliche Lage in Afghanistan informiert zu sein.
Sehr im Gegensatz zu Herrn Gul. dem afghanischen Vertreter, dessen Ausführungen sehr überzeugend waren.

Ich möchte Ihnen deshalb folgende Fragen stellen

"Es werden täglich 50 Menschen in Afghanistan erschossen, die dann offiziell zu Talibananhänger deklariert werden, obwohl es sich meist um Frauen und Kinder handelt." (Aussage von Herrn Gul)
- Können Sie diese Aussage bestätigen oder sind Ihnen ähnliche Fälle bekannt ?

- Worin sehen Sie den derzeitigen und zukünftigen Sinn des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr ?

-Würden Sie angesichts der heutigen Lage noch einmal für die Verlängerung des Einsatzes stimmen ?

-Welche Geldmittel wurden für den Afghanistaneinsatz im Jahre 2008 aufgewendet ?

Mit freundlichen Grüßen
K.Heinemann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heinemann,

gern möchte ich Ihre Fragen beantworten.

1) Die Vereinten Nationen führen eine Statistik über die zivilen Opfer der Kämpfe in Afghanistan. Danach ergibt sich folgendes Bild: Laut dem aktuellen Report der Menschenrechtsabteilung der UN Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) sind im Jahr 2008 insgesamt 2.118 afghanische Zivilisten ums Leben gekommen. 1.160 davon starben durch die Gewalt von Anti-Regierungskräften, die meisten davon durch
Selbstmordattentate oder improvisierte Sprengsätze. 828 Todesfälle wurden den Einsätzen von Pro-Regierungstruppen zu-geschrieben; etwa zwei Drittel der Opfer starben durch Luftangriffe. 130 zivile Opfer konnten – z.B. wegen Kreuzfeuer – nicht spezifisch den Kampfhandlungen einer Seite zugeschrieben werden.

2) Der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr im Rahmen des ISAF-Mandates ist unverzichtbar für die Schaffung eines sicheren Umfeldes, in dem langfristig Stabilisierung und Entwicklung stattfinden können. Einige kleinere Erfolge lassen sich bereits vorweisen. Dazu gehören die Durchführung von freien Wahlen und die Entstehung von verfassungsorganen. Ferner die verfassungsgemäße Garantie gleicher Rechte für Frauen, ein deutlicher Rückgang der Kindersterblichkeit, erweiterter Zugang zu medizinischer Versorgung, eine Vervielfachung der Anzahl der Schüler, ein jährlich im zweistelligen Bereich wachsendes Bruttoinlandsprodukt sowie ein deutlicher Anstieg des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens. Auch wenn diese und weitere Fortschritte nicht ausreichen, sie eröffnen den Afghanen neue Chancen. Möglich geworden
sind diese Erfolge nur aufgrund der militärischen Absicherung der Wiederaufbaumaßnahmen.

Der Sinn des deutschen Engagements in Afghanistan ergibt sich aus diesen Ausführungen

3) Ja, angesichts der heutigen Lage würde ich noch einmal für eine Verlängerung des Einsatzes stimmen. Die Bundesrepublik Deutschland ist hier im Wort. Es geht im Kern um zwei Dinge: um die Zukunft Afghanistans und um unsere eigene Sicherheit. Die afghanische Bevölkerung vertraut auf deutsche Hilfe und die internationale Gemein-schaft auf unsere Solidarität. Ein Abzug zum jetzigen Zeitpunkt würde die geleistete
Arbeit in Frage stellen und erhebliche negative Folgen haben: Für die Afghanen und unsere Partner wie für uns selbst. Verantwortbar ist dies erst, wenn sichergestellt ist, dass Afghanistan aus eigener Kraft für Frieden und Sicherheit seiner Bevölkerung sorgen kann.

4) Im Bewilligungszeitraum 2007-2008 wurden insgesamt 487 Mio. Euro für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan aufgewendet. Weitere Informationen zum Engagement der Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan erhalten Sie unter dem Link http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/Afghanistan/ZahlenDatenFakten/2007-08-22-zahlen-daten-fakten.html.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Gert Weisskirchen