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Gert Weisskirchen
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Frage von René P. •

Frage an Gert Weisskirchen von René P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Prof Gert Weisskirchen,
am kommenden Freitag soll im Bundestag über die mittlerweile mehr als umstrittene Vorratsdatenspeicherung abgestimmt werden. Angesichts der massiven Kritik am geplanten Gesetz seitens von Journalisten, Anwälten, Bürgerrechtlern, ehemaligen Bundesverfassungsrichtern, ehemaligen Innenministern und weiteren Politkern sowie verschiedenen Berufsverbänden und staatlich bestellten Datenschützern bitte ich Sie um Ihre Stellungnahme zu diesem (in meinen Augen verfassungswidrigen) Gesetzesentwurf.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Patzer,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie Ihre Bedenken gegenüber der gesetzgeberischen Umsetzung der europäischen Richtlinie zur „Vorratsdatenspeicherung“ formuliert haben. Die Richtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Einführung von Speicherungspflichten für bestimmte Telefon- und Internetdaten zu Zwecken der Terror- und Verbrechensbekämpfung für eine Dauer von mindestens sechs und höchstens 24 Monaten.

Die SPD-Bundestagsfraktion nimmt sowohl ihre Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung als auch ihre Verpflichtung für Bürgerrechte ernst. Wir haben unseren Vorbehalt gegen die EU-Regelung zur „Vorratsdatenspeicherung“ erst aufgegeben, nachdem die Bundesregierung in Brüssel einen zufriedenstellenden Kompromiss erzielt hat, dem letztlich auch das Europäische Parlament zustimmte. Der deutschen Regierung ist es auf europäischer Ebene gelungen, die „Vorratsdatenspeicherung“ auf das zu reduzieren, was zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität tatsächlich erforderlich und angemessen ist.

Die Initiatoren der „Vorratsdatenspeicherung“ auf EU-Ebene hatten mit den anfänglichen Entwürfen weitergehendes vorgesehen: So sollte die Mindestspeicherfrist zwölf Monate betragen. Durch lange und intensive Verhandlung ist erreicht worden, dass es jetzt nur noch sechs Monate sind. Ursprünglich sollten auch sog. „erfolglose Anrufversuche“ gespeichert werden. Wir konnten durchsetzen, dass diese nun grundsätzlich nicht gespeichert werden müssen. Bei Handy-Telefonaten und SMS sollte der jeweilige Standort des Benutzers gespeichert werden. Dieser Vorschlag wurde ebenfalls gekippt und somit verhindert, dass durch das Anlegen von Bewegungsprofilen in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird. Dies stellt eine wesentliche und positive Änderung des ursprünglichen Entwurfs dar. Beim Internet wird schließlich lediglich gespeichert, dass sich der Nutzer online befindet. Es werden ebenfalls Daten zur Internettelefonie und bezüglich der E-Mail-Dienste gespeichert. Inhalte, wie immer behauptet wird, also auch Informationen, welche Websites benutzt werden, werden auch hier nicht gespeichert. Denn Daten, die Aufschluss über den Inhalt einer Kommunikation (z.B. E-Mail oder Telefongespräch oder Seiten, die ein Nutzer aufgerufen hat) geben, dürfen nach der Richtlinie nicht gespeichert werden.

Wesentlich ist, dass auf die bei den Telekommunikationsdienstleistern gespeicherten Daten nur zugegriffen werden kann, wenn die nach bereits geltendem Recht erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, das heißt ein richterlicher Beschluss. Damit wird ein unbefugter Umgang mit den Daten verhindert und die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen gesichert.

Irland hat vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen die Richtlinie erhoben. Die Klage bezieht sich allerdings eher auf die Frage, ob die Richtlinie der EU oder aber ein Rahmenbeschluss das richtige Rechtsinstrument zur Regelung der Vorratsdatenspeicherung ist. Ob die Klageerhebung Irlands zum Schutz von Bürgerrechten erfolgte, darf bezweifelt werden: denn Irland hat derzeit bereits eine Vorratsdatenspeicherfrist von 36 Monaten.

Wir als SPD-Bundestagsfraktion haben bei der Umsetzung der Richtlinie den sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger und dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung im Blick behalten und damit für eine Speicherung mit Augenmaß gesorgt.

Herzlich grüßt Ihr Gert Weisskirchen.