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Frage von Dodi Hossein M. •

Frage an Gert Weisskirchen von Dodi Hossein M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Weisskirchen,
ich bin Deutsch-Iraner und sehr besorgt über die Ermordung und Hinrichtung von Oppositionellen im Iran. Der konservative Kreis um Chamenei steuert auf ein totalitäres Regime zu. Wieso hat Steinmeier nicht deutlicher Kritik und Stellung genommen zu diesen Menschenrechtsverletzungen ? Kann Ihr Parteigenosse Gerhard Schröder nicht auch über seinen Kontakt zu Putin Rußland dazu bewegen mehr Druck auf den Iran auszuüben ? Wieso sollen westliche Demokratien Geschäfte mit Ländern machen, an deren Produkte das Blut junger Menschen klebt, siehe Mercedes-Verkäufe für Erdöl in der Amtszeit von Chatami.
Würde ein härterer Umgang mit dem Iran nicht auch ein gutes Signal an andere Diktaturen sein ? Ich bin ein wenig enttäuscht von der bisherigen Reaktion Ihres Außenministers ? Stille Diplomatie mit einem Regime, dass mit Scharfschützen auf unschuldige Menschen schiessen lässt und Eltern nur gegen eine Gebühr von 3000-5000 Euro die Leichen zurückgibt. Halten Sie die Leisetreterei von Herrn Steinmeier nicht für falsch ?

MfG
DHM

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Maghssudnia,

meine Haltung zum Engagement habe ich in der Tageszeitung (TAZ) vom 26.6.09 ausführlich dargestellt. Gerne übermittele ich auch Ihnen diese Stellungnahme:
"Die Macht der Ohnmächtigen im Iran zeigt sich in der Vielfalt des "grünen" Aufruhrs. Er ist friedlich und stark. In ihm spiegelt sich der Wille zu einem selbstbestimmten Leben wider. Mit ihrer Stimme haben Millionen Bürgerinnen und Bürger dem ihren Ausdruck verliehen: der Wahlakt als Akt der Befreiung. Moralisch haben die Vertreter der Macht bereits verloren. Die Brutalität der Schläger deckt auf, worum es den Machthabern geht: Sie wollen den Mut derer brechen, die eine Alternative innerhalb der islamischen Republik suchen. Und sie wollen zu unbedachtem Verhalten provozieren.
Wie darauf antworten? Zuerst: Die Außenwelt kann nicht anders, als allen, die im Iran friedlich demonstrieren, Solidarität zu bekunden. Wer immer seinen politischen Willen friedlich demonstrieren will, der muss sich der Solidarität auch außerhalb des eigenen Landes sicher sein. Das sind wir als Weltbürger einander schuldig. Die Menschenrechte sind unteilbar. Dazu gehört auch die Kritik an gewaltförmiger Willkür.
Dann: Die Außenwelt darf sich nicht an die Stelle derer setzen, die im Iran handeln. Denn durch unangemessenes Eingreifen würde die Würde derer, die ihren selbstbestimmten Willen realisieren, angetastet. Indem die Außenwelt die Autonomie der iranischen Opposition anerkennt, stärkt sie wiederum deren Glaubwürdigkeit gegenüber Übergriffen. Wer von außen zum Umsturz aufruft, schiebt das Risiko den Menschen zu, die sich schwer schützen können.
Schließlich: Noch ist der Kampf innerhalb der Macht nicht entschieden. Die Widersprüche in der religiösen Führung brechen auf. Die Verschiebung von der religiösen hin zur nationalistischen Ideologie verändert das Selbstverständnis der Islamischen Republik. Gerade jetzt muss die Außenwelt mit der iranischen Opposition darüber reden, was geschehen muss, damit deren Handlungsräume im Iran erweitert werden.
Aufrufe zum Umsturz von außen helfen denen, die im Innern ihr Land verändern wollen, gegenwärtig wenig."

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Gert Weisskirchen, MdB