Frage an Gert Schlüter von Thomas G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Lieber Gert Schlüter,
warum geben Sie nicht ihr Geburtsjahr an? Sie sind doch ein fitter Mensch und in Amerika wollen sogar 75-Jährige Präsident werden?
Hier aber meine ernsthafte Frage: Wie stehen Sie als selbstständiger Kaufmann und Dipl.-Volkswirt zum gesetzlichen Mindestlohn für alle?
Sehr geehrter Herr Grunewald,
Ich danke Ihnen, daß Sie mich auf die fehlende Angabe im Profil hingewiesen haben .
Zur Ihrer Frage : ich befürworte einen Mindestlohn, so wie er auch in vielen anderen Ländern der Europäischen Union Bestand hat : flächendeckend und nicht nur für einzelne Branchen. Wenn die neoliberalen Wirtschaftstheoretiker und auch neoliberalen Politiker immer wieder darauf hinweisen, daß ein Mindestlohn kontraproduktiv ist und Arbeitsplätze vernichten würde, antworte ich : es kann nicht sein, daß Menschen von ihrem Lohn ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können und vielfach noch auf öffentliche Leistungen angewiesen sind. Das heißt ja, der Staat kommt mit Steuergeldern dafür auf, daß Unternehmer mit Billiglohnbeziehern Profite machen und die Allgemeinheit dafür zahlen muß . Ich denke wir leben noch ? in einer sozialen Marktwirtschaft, Diesen Wirtschaftsapologeten antworte ich auch, sie sollten einmal in die Haut derer schlüpfen, die weit unter Mindestlohnforderung von 8 Euro die Stunde arbeiten .Mindestlöhne müssen auch deshalb eingeführt werden,weil in der Europäischen Union mit der Entsendrichtlinie 101 viel Mißbrauch getrieben wird.Osteuropäische Arbeitnehmer arbeiten zu Hungerlöhnen, deutsche Arbeitnehmer werden freigesetzt , wie z.B vielfach geschehen in der Fleischbranche und müssen dann vom Staat alimentiert werden .Wie sollen die Bürger in der Europäischen Union für dieses Erfolgsmodell mit über 6O Jahren Frieden in Europa eingenommen oder begeistert werden, wenn viele ständig in Angst leben müssen, Ihren Arbeitsplatz an einen osteuropäischen Kollegen zu verlieren ? So kann man keine Europabegeisterung fördern .Unsere Politiker , im Westen wie im Osten schützen die Menschen nicht mehr, sondern lassen den unbändigen Kräften des Kapitals freien Lauf In den osteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU erlebten die Menschen den Einmarsch des Westens vielfach als Diktat, als Kolonisierung nach West-Muster mit heftigen sozialen Einschnitten, mit der Folge, daß nationalistische Strömungen dort immer mehr an Boden gewinnen. In unserem Grundgesetz in Artikel 20 steht : Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat .Nimmt man diesen Grundgesetzartikel ernst , muß jeder Bürger von seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Dies ist , wie die vergangenen Jahre gezeigt haben , immer häufiger nicht mehr der Fall. Wenn also Unternehmer meinen, Menschen, Arbeitnehmer zu Niedrigstlöhnen beschäftigen zu müssen, muß man ihnen Einhalt gebieten . Das christliche Ethos verpflichtet geradezu, Arbeitnehmern einen menschenwürdigen Lohn zu zahlen und das entbindet auch einen Kaufmann nicht, trotz aller Marktgesetze ,einen anständigen Lohn zu zahlen. Da die einzelnen Marktteilnehmer in Konkurrenz zueinander stehen, versuchen Sie über Kosteneinsparungen aller Art, also auch kleinerer Löhne, am Mark erfolgreich zu sein.Das Konkurrenzmodell verhindert also die Zahlung "anständiger " Löhne, insbesondere dann, wenn es eine grosse Anzahl an Arbeitslosen gibt . In unserer Wirstschaftordnung kann nur der Staat dieser Abwärtsspirale Einhalt gebieten. Deshalb streitet DIE LINKE für MINDESTLÖHNE .
Ich danke für Ihre Frage
mit freundlichem Gruß
Gert Schlüter