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Frage von Kolja R. •

Frage an Gerhard Wächter von Kolja R. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Wächter,

als "Fan" einer CDU/CSU-FDP-Regierung stellte sich für mich zunächst nach Ankündigung von Neuwahlen eigentlich nicht die Frage, welcher Partei ich meine Stimme geben würde.

Zunehmend beurteile ich die Situation jedoch anders. Vor allem der Vorstoß, die Mehrwertsteuer zu erhöhen erscheint mir in der derzeitigen Lage volkswirtschaftlicher Unsinn zu sein. Mich besorgt auch, dass die CDU/CSU offensichtlich keine echtes (!) Kompetenzteam zusammenstellt und damit personell nicht besser aufgestellt ist als die SPD - mit der Ausnahme, dass dort wenigstens alle an einem Strang zu ziehen scheinen. Die grundsätzliche Ablehnung einer großen Koalition erscheint mir ebenso (bei beiden Parteien) unglücklich.

Derzeit erscheint es mir tatsächlich das geringere Übel zu sein, wieder Kanzler Schröder im Amt zu bestätigen - auch wenn ich eine vollkommen Unsinnige und vom Volk definitiv nicht gewollte Blockadepolitik der Opposition im Bundesrat befürchte.

Wie beurteilen Sie meine drei Kernbedenken?

Darüberhinaus würde ich mich freuen, wenn Sie kurz ihre persönliche Meinung zu Studiengebühren darlegen würden.

Mit bestem Dank!

Kolja Reiß

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Reiß,

die Union weiß, dass die geplante Mehrwertsteuererhöhung alles andere als Begeisterung bei den Menschen hervorruft. Aber bitte bedenken Sie, in welchem Zusammenhang diese Erhöhung stattfinden soll. Wir planen die Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, um die extrem hohen Lohnnebenkosten zu senken und damit die Voraussetzung für mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Alle Experten werden Ihnen bestätigen, dass eine solche Maßnahme zu positiven Effekten auf dem Arbeitsmarkt führen wird. Und was kann es Wichtigeres geben, als endlich eine Umkehr auf dem Arbeitsmarkt zu erzielen und damit auch unsere sozialen Systeme vor dem Untergang zu bewahren?

Abgesehen davon können Sie sicher sein, dass auch eine SPD-geführte Regierung die Mehrwertsteuer erhöhen wird – allerdings nur zu dem Zweck, um neu entstandene Haushaltslöcher zu stopfen. Gewonnen wäre dadurch nichts, nur viel verloren.

Hinsichtlich Ihrer Bedenken bezüglich eines Kompetenzteams möchte ich auf die gestrige Vorstellung eines solchen durch unsere Kanzlerkandidatin Angela Merkel hinweisen. Ihren Vorwurf, dass wir personell nicht gut aufgestellt seien, kann ich nur zurückweisen. Wenn man viele gute Leute hat, dauert es halt ein wenig länger, bis man sich auf die Besten geeinigt hat. Das kann nur von Vorteil für Deutschland sein.

Auch unsere Ablehnung einer großen Koalition ist bei genauerer Betrachtung doch mehr als verständlich. Bitte schauen Sie, wie zerrissen die SPD ist. Ein Teil sympathisiert mit der neuen Linkspartei, ein anderer Teil will mit uns regieren und Gerhard Schröder plädiert plötzlich für ein Wahlprogramm, das mit seinem Regierungsprogramm Agenda 2010 nicht mehr viel gemein hat. Und dieser Partei wollen Sie Vertrauen schenken? Zudem haben die letzten Jahre, in denen wir bereits in den Vermittlungsausschüssen mit Rot-Grün zusammenarbeiten mussten, gezeigt, dass unsere Vorstellungen zu weit auseinander liegen. Für manch Außenstehenden mag es sich dabei nur um Nuancen handeln, aber diese Nuancen sind entscheidend für die Wirksamkeit und Tragfähigkeit wichtiger Reformen. Bitte denken Sie beispielsweise an Hartz IV und an das, was noch nachgebessert werden muss.

Die Einführung von Studiengebühren begrüße ich. Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass sie zu kürzeren Studienzeiten und zu mehr Qualität an den Hochschulen führen. Es mag Sie überraschen, aber Studiengebühren sind auch sozial gerecht. Denn mit der Einführung von Studiengebühren wird der unerträgliche Zustand endlich beendet, wonach die niedrigeren Einkommensschichten die Hochschulausbildung von Kindern einkommensstärkerer Schichten zahlen.

Wichtig ist aber auch, dass niemand, der zu einem Hochschulstudium befähigt ist, durch seine finanzielle Situation davon abgehalten wird. Studienbeiträge müssen daher in bezahlbaren Größenordnungen bleiben und durch Darlehens- und Stipendiensysteme, Härtefallregelungen und Befreiungen abgefedert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Wächter, MdB