Frage an Gerhard Eck von Peter K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Eck,
wie stehen Sie eigentlich dazu, dass das Bayerische Kindergartengesetz dem SGB widerspricht. Wir sind als Eltern einer Tochter beide berufstätig, jedoch auf Grund unserer Arbeitszeiten und Dienstorte (ich arbeite in Aschaffenburg) darauf angewiesen, dass unsere Tochter in einen auswärtigen Kindergarten geht. Nicht nur, dass wir durch die derzeitige Regelung der Pendlerpauschale benachteiligt werden, sollen wir uns nun an den Kosten des Kindergartens wegen der auswärtigen Unterbringung beteiligen. Dies widerspricht der freien Wahl des Kindergartens.
Die von der CSU gepredigte Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben sieht in der Praxis leider so aus, dass der Staat und die Kommunen in meinen Augen nicht fördern, sondern in unserem Fall doppelt abkassieren (zusätzlicher Eigenantei am Kindergarten und Pendlerpauschale).
Das gleiche betrifft auch das Buchungssystem in unseren Kindergärten, durch das sinnvolle Projekte in Kindergärten fast nicht mehr möglich sind, da durch die buchungsbedingte notwendige flexible Anpassung des Personals keine Planungssicherheit mehr gegeben ist und somit wichtige Projekte, gerade im Hinblick auf die Chancengleichheit in Bezug auf Bildung nicht mehr durchführbar sind.
1. Wird die CSU hier familien- und bildungspolitisch Verbesserungen einführen.
2. Woran kann ich dies in Ihrem Wahlprogramm erkennen und
3. Treten Sie für diese ein?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Kroll
Sehr geehrter Herr Kroll,
wie schon mit Ihrer Frau besprochen, habe ich auch noch die CSU Fraktionsmeinung eingeholt, die ich Ihnen hiermit gerne zukommen lasse und mich selbstverständlich im Inhalt anschließe.
Der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag war und ist es ein großes Anliegen, durch den bedarfsgerechten Ausbau der Angebote in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege die Vereinbarkeit von Familie und Ewerbstätigkeit zu verbessern und gleichzeitig die frühkindliche Phase zu einer ganzheitlichen, spielerischen Förderung der Kinder intensiv zu nutzen. Mit dem BayKiBiG haben wir deswegen durch verbindliche Bildungs- und Erziehungsziele den Bidlungs- und Erziehungsauftrag der Kindertageseinrichtungen weiter gestärkt und den bedarfsgerechten Ausbau der Angebote für Kinder unter drei Jahren enorm beschleunigt - allein von 2005 bis 2008 hat sich die Versorgungsquote von 5,7 % auf über 12 % mehr als verdoppelt.
Zu Ihren beiden konkreten Fragen:
1. Gastkinderregelung:
Mit dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz hat die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag zwar den Gemeinden, denen die Aufgabe zukommt, ein ausreichendes Angebot an Plätzen in Kindertageseinrichtungen und in der Tagespflege sicherzustellen, einen Entscheidungsspielraum einräumen wollen, zugleich aber auch die Eltern in Entsprechung zu den Vorschriften des SGB VIII in ihrem Wunsch- und Wahlrecht stärken wollen. Der VGH hat inzwischen einige Urteile im Hauptsacheverfahren zur Gastkinderregelung nach dem BayKiBiG erlassen (z. B. VGH 12 BV 07.2908 vom 05.05.2008), die bestätigen, dass dies gelungen ist. Die wesentlichen Aussagen dieser Urteile darf ich Ihnen kurz zusammengefasst wiedergeben:
(1) Eine Gemeinde muss die Bedürfnisse der Eltern und Kinder vollständig und differenziert erfassen und zwar nicht nur hinsichtlich der Anzahl der begehrten Plätze aufgeschlüsselt nach der Art der Plätze in Kindertageseinrichtungen und Tagespflege, Altersgruppen, Betreuungszeit, sondern auch nach sonstigen Qualitätsmerkmalen (etwa Gruppengrößen, Ausstattung), Lage, Trägerschaft und pädagogischer Ausrichtung.
(2) Bei der folgenden Bedarfsanerkennung steht der Gemeinde unter der Voraussetzung der rechtsfehlerfreien Bedürfnisermittlung ein Entscheidungsspielraum zu.
(3) Die Gemeinde muss nicht jedem Wunsch nach einer bestimmten pädagogischen Ausrichtung des Kindergartens nachkommen, darf sich aber über zu berücksichtigende Bedürfnisse nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayKiBiG auch nicht ohne sachlichen Grund hinwegsetzen.
(4) Es ist den Gemeinden verwehrt, allein mit dem Hinweis auf die finanzielle Belastung den Bedürfnissen von Eltern entgegenzutreten.
(5) Hat eine Gemeinde keine oder keine hinreichend differenzierte Bedarfsfeststellung vorgenommen, ist es ihr verwehrt, dies dadurch zu korrigieren, dass sie die tatsächlich vorhandenen Plätze auch im Falle nicht kongruenter Bedarfe als bedarfsnotwendig bestimmt.
(6) Die Gemeinde ist in der Regel zur Bedarfsanerkennung nach Art. 7 Abs. 2 BayKiBiG verpflichtet, wenn zu erwarten ist, dass die Eltern den Platz auf Dauer in Anspruch nehmen werden. Die Gastkinderregelung greift hingegen dann ein, wenn nicht zu erwarten ist, dass die ortsansässigen Eltern den auswärtigen Platz dauerhaft in Anspruch nehmen werden. Für die Eltern führen beide Lösungen zu einem auswärtigen Platz ohne einen (den normalen Kindergartenbeirag übersteigenden) Eigenanteil tragen zu müssen; lediglich für die Aufenthaltsgemeinde ergibt sich der Unerschied, dass die Gastkinderregelung keine Investitionskostenförderung nach sich zieht.
(7) Es besteht nach § 24 Abs. 2 SGB VIII ein Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem dritten Lebensjahr bis zur Einschulung.
Damit ist klargestellt, dass das Kinderbetreuungsangebot nach den Wünschen der Eltern ausgerichtet werden muss, wenn nicht objektive Gründe dem entgegenstehen. Rein finanzielle Erwägungen reichen hierfür jedenfalls nicht aus. In der uns besonders wichtigen Fallgruppe, dass Eltern einen auswärtigen Platz wegen ihrer Berufstätigkei wählen möchten, gilt, dass nur dann ein Eigenanteil nach Art. 23 Abs. 4 BayKiBiG erhoben werden darf, wenn die Gemeinde über ein ausreichendes und ausreichend plurales Angebot verfügt. Es ist mir leider nicht möglich, ohne exakte Kenntnis des Sachverhaltes in Ihrem Fall zu beurteilen, ob der Eigenanteil rechtmäßig erhoben worden ist. Dies kann nur durch das örtlich zuständige Landratsamt erfolgen. Bis der VGH mit seinen Urteilen in diesem Jahr die Rechtsfragen zur Gastkinderregelung geklärt hat, waren sich viele Gemeinden über die richtige Gesetzesanwendung im Unklaren.
Die Grundentscheidung der Gastkinderregelung des BayKiBiG ist daher durchaus richtig getroffen; allerdings wurden die gesetzlichen Regelungen über die Gastkindverhältnisse nicht immer gesetzeskonform von den Gemeinden umgesetzt. Wegen der Interessenkonflikte zwischen den Eltern und der Aufenthaltsgemeinde, aber auch zwischen den einzelnen Gemeinden und ihren ortsansässigen Kindertageseinrichtungen wäre es aber meines Erachtens schon sinnvoll, nach Auslaufen der Bedarfsfiktion die Gastkinderregelung mit ihren Auswirkungen zu evaluieren.
2. Buchungsverfahren
In Bezug auf das von Ihnen angesprochene Buchungsverfahren möchte ich darauf hinweisen, dass es der Träger in der Hand hat, festzulegen, dass die Eltern grundsätzlich für ein Jahr gebunden ihre Buchungen vornehmen und im Laufe des Kindergartenjahres ihre Buchung nur einvernehmlich oder aus wichtigem Grund ändern können. Wenn der Träger so verfährt, hat er ausreichend Planungssicherheit, um nicht fortwährend Änderungen bei der Arbeitszeit seines pädagogischen Personals vornehmen zu müssen. Auch darf ich darauf aufmerksam machen, dass auf Initiative der CSU-Landtagsfraktion Beschluss gefasst wurde, den Mindestanstellungsschlüssel (d.h. die verbindlich erforderliche Personalausstattung) und damit einhergehend den Basiswert (d.h. die kommunale wie staatliche Förderung) zu verbessern, damit die pädagogsichen Kräfte mehr Zeit haben, um die Kinder noch besser fördern zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Eck MdL