Was hält Sie davon ab, die sofortige Entkriminalisierung von Hanf-Nutzern in Bayern durchzusetzen?
Sehr geehrter Herr Eisenreich,
Mit der Legalisierung von Cannabis fährt die Bundesregierung einen progressiven Kurs, welcher längst überfällig ist.
Erfahrungen aus drogenpolitisch liberalen Ländern zeigen, dass durch eine kontrollierte Abgabe der Jugend- und Gesundheitsschutz gestärkt wird und Steuereinnahmen in Prävention und Therapie eingesetzt werden können.
Polizeikapazitäten werden frei. Zudem ist bisher noch niemand an reinen Hanf-Produkten gestorben, während der Alkoholkonsum allein in Deutschland etwa 74.000 Menschenleben fordert. Bereits die Hälfte der Universitätsprofessoren für Strafrecht, zahlreiche Mediziner und Sozialpädagogen sind entschieden gegen eine Prohibition (vgl. Daten des Schildower Kreises).
Was hält Sie davon ab, den bayerischen Richter:innen und Staatsanwält:innen zu raten, konsumnahe Cannabisdelikte schon jetzt nicht mehr zu verfolgen und somit de facto die Entkriminalisierung tausender Unschuldiger herbeizuführen?
Vielen Dank,
MfG
Ihr
Thomas M.
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Nachricht, die ich gerne beantworte.
Oberstes Ziel der bayerischen Drogen- und Suchtpolitik ist die dauerhafte Abstinenz von Drogen und ein verantwortungsvoller Umgang mit legalen Suchtmitteln. Die Bayerische Staatsregierung hat am 12. Juni 2007 die Grundsätze der Bayerischen Staatsregierung für Drogen- und Suchtfragen beschlossen. Diese beruhen auf den drei Säulen: Prävention, Repression sowie Hilfe, Beratung, Therapie und Nachsorge für Betroffene. Dieses bewährte Konzept stellt aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz unverändert eine effiziente Handlungsgrundlage dar.
Die Justiz ist an das geltende Recht gebunden und muss es anwenden. Danach ist der Umgang mit Cannabis grundsätzlich strafbar. Nur die Nutzung von Cannabis zu medizinischen Zwecken ist seit dem 10. März 2017 grundsätzlich erlaubt. Zugleich sieht die geltende Rechtslage bereits verschiedene Möglichkeiten vor, um weniger schwere Einzelfälle des Cannabisbesitzes durch Cannabiseinsteiger oder Gelegenheitskonsumenten angemessen zu behandeln. Zudem kann eine Suchtberatung zur Auflage gemacht werden. Diese Vorgehensweise schafft Flexibilität.
Aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz geht die Forderung zur Legalisierung von Cannabis nicht in die richtige Richtung. Bei Cannabis handelt es sich nicht um eine harmlose Substanz. Neben den irreversiblen Gesundheitsrisiken – belegt durch eine Vielzahl an Gutachten – und deren möglichen sozialen Folgen, besteht bei Cannabis auch ein erhebliches Suchtpotential. Dieses kann gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Risiko einer späteren Affinität auch zu noch gefährlicheren Substanzen begründen. Zudem stehen bei der Ausgestaltung der Regelungen europa- und völkerrechtliche Hürden entgegen, bei der Umsetzung der Regelungen außerdem auch tatsächliche Hürden.
Aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz besteht daher kein Anlass, die Strafverfolgungspraxis im Hinblick auf den unerlaubten Umgang mit Cannabis zu ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Eisenreich