Sehr geehrter Herr Eisenreich, wie ist der Stand zur Musterfeststellungsklage gegen die SPK München und warum zieht sich der Vorgang dermaßen in die Länge? Wie kann man das auf andere SPK anwenden?
Bzgl. der Prämiensparer sind bereits mehrere Musterfeststellungsklagen gegen SPK in D gestartet worden. Viele Spk.kunden warten in Bayern auf das Ergebnis und es tut sich gefühlt nichts. Wann ist hier mit einem Urteil zu rechnen? Verzögern evtl. Lobbyisten den Vorgang in der Hoffnung auf Verjährung? Leider kam keine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Niederbayern-Mitte zustande. Ich bin auf eigene Kosten gegen die SPK über Anwalt vorgegangen, wir konnten weder eine Zinsberechnung noch sonstiges erwirken. Ich habe durch Anwalt und Verbraucherschutzzentrale belegt, das ich um tausende von Euro betrogen wurde. Aussage Anwalt: Unfassbares Verhalten. Anwaltshilfe musste ich dann abbrechen, war teuer genug da die ÖRAG eine Zusage ablehnte. Und 10/50 Kunden für Musterfestst.klage konnte ich nicht organisieren. In wieweit kann das Urteil von München auf die SPK Ndb.Mitte angewendet werden? Was ist möglich um zu meinem Recht zu kommen? Warum muss jede SPK extra verklagt werden? Danke.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Nachricht, die ich gerne beantworte.
Zum Status des Verfahrens kann ich Ihnen mitteilen, dass – wie Sie auch der diesbezüglichen Presseberichterstattung vieler Medien sowie der Pressemitteilung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (abrufbar unter https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/klagen-gegen-muenchner-und-nuernberger-sparkassen-geduldsprobe-fuer) entnehmen können – am 13. Mai 2022 vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht eine erste mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Ein Urteil wurde noch nicht gefällt. Das Gericht hat Vergleichsverhandlungen angeregt sowie die Einholung von Sachverständigengutachten angekündigt. Ende Juli 2022 hat das Bayerische Oberste Landesgericht daraufhin im Rahmen eines Beweisbeschlusses die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Finanzmathematik angeordnet. Der genaue Beschlussinhalt ist im Klageregister des Bundesamts für Justiz veröffentlicht (abrufbar unter https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Verbraucherrechte/Musterfeststellungsklagen/Klageregister/Klagen/202101/Verfahren/Verfahrensstand.html?nn=76354).
Soweit Sie Kritik an der Dauer des konkreten Verfahrens äußern, möchte ich darauf hinweisen, dass die Durchführung des Verfahrens und Entscheidungen in zivilrechtlichen Angelegenheiten nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ausschließlich den zuständigen Gerichten obliegen. Die zuständigen Richterinnen und Richter haben den Vortrag der Parteien und die benannten Beweismittel zu würdigen und in eigener Überzeugungsbildung eine Entscheidung zu treffen. Dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz ist es als Organ der Justizverwaltung wegen der verfassungsrechtlich gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit verwehrt, gerichtliche Verfahren zu überprüfen oder richterliche Entscheidungen abzuändern oder aufzuheben. Ich bitte um Verständnis, dass ich deswegen das Verfahren des Bayerischen Obersten Landesgerichts hier auch nicht bewerte oder kommentiere.
Zu Ihrer Bitte nach einer Unterstützung durch die Politik will ich zunächst betonen, dass mir das Anliegen, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine effektive Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen, sehr wichtig ist. Wir sollten die anstehende Umsetzung der EU-Richtlinie über Verbandsklagen als Chance begreifen und dafür nutzen, das System des kollektiven Rechtsschutzes in Deutschland insgesamt neu auszutarieren. Dies bedeutet keine Abkehr von bewährten Grundgedanken des Zivilprozessrechts, sondern dessen Ergänzung in bestimmten, konkret definierten Bereichen. Ziel muss es sein, die Zivilgerichte durch ein Bündel von Maßnahmen zur Erledigung ihrer Verfahren in angemessener Zeit zu befähigen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Wirtschaft auch künftig eine zeitnahe und fundierte Verhandlung und Entscheidung erwarten können. Dabei dürfen durch die angestrebten Gesetzesänderungen berechtigte Ansprüche von Geschädigten nicht beschränkt werden.
Schließlich möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Erteilung von Rechtsauskünften und insbesondere die konkrete Beratung in Einzelfällen von Gesetzes wegen den rechtsberatenden Berufen, insbesondere den Rechtsanwälten und Notaren, zugewiesen sind. Ich bitte daher um Verständnis dafür, dass ich Ihnen im Zusammenhang mit Ihren weitergehenden Fragen zu Ihrem eigenen Vertrag nur raten kann, sich gegebenenfalls einzelfallbezogen durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens beraten zu lassen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Eisenreich