Ist die Staatsanwaltschaft in Bayern in der Lage und Willens, Wirtschaftsverbrechen aufzuklären? Erhielt die StA im Ermittlungserfahren gegen die Wirecardbank Weisungen aus dem Justizministerium?
Sehr geehrter Herr Eisenreich,
Herr Pav Gill, Justiziar von Wirecard Asien, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Statsanwalt München, dass diese seinen Hinweisen auf Wirtschaftsverbrechen nicht nachgeht. Obwohl er der BAFIN und der Staatsanwaltschaft München ein Dossier über gefälschte Verträge und Dokumente übersandt haben will, sei die Staatsanwaltschaft den Hinweisen nicht nachgegangen. Bis heute sei er dazu nicht einmal angehört worden.
Was haben Sie bisher unternommen, um die Staatsanwaltschaft zu ertüchtigen, auch schwere Wirtschaftskriminalität bearbeiten zu können? Was muss noch unternommen werden, damit nicht nur kleine Betrüger strafrechtlich verfolgt werden, sondern auch hochrangige Wirtschaftsführer strafrechtliche Konsequenzen nach Wirtschaftsverbrechen spüren?
Nähere Informationen finden sie hier:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/wirecard-whistleblower-100.html
Sehr geehrter Herr N.,
die effektive Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität hat für das Bayerische Staatsministerium der Justiz eine hohe Priorität.
Aus diesem Grund haben wir die Ermittlungen in Wirtschaftsstrafsachen bei acht bayerischen Staatsanwaltschaften konzentriert. Daneben wurde für bestimmte Kriminalitätsformen, die auch das Wirtschaftsleben betreffen, die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg und die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg eingerichtet.
Mit den dort eingesetzten Spezialisten ist in Bayern besonderes Fachwissen und Erfahrung der Strafverfolger gewährleistet. Die Zahl der Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie Fachkräfte, z.B. für IT-Auswertungen, haben wir in den letzten Jahren noch einmal erheblich ausgebaut.
Soweit Sie sich in Ihrer Anfrage kritisch mit der Arbeit der Staatsanwaltschaft München I im Wirecard-Komplex auseinandersetzen und dabei auch die Frage von Weisungen aufwerfen, kann ich Ihnen mitteilen, dass das Staatsministerium der Justiz der Staatsanwaltschaft München I weder Weisungen erteilt noch Vorgaben gemacht oder sonst Einfluss auf die Sachbearbeitung genommen hat.
Zu der Frage, wann die Staatsanwaltschaft München I aufgrund welcher Erkenntnisse einen Anfangsverdacht für Straftaten bejahte, darf ich auf die Antwort der Staatsregierung auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tim Pargent u.a. vom 30. Juli 2020 betreffend „Ermittlungen rund um die Wirecard AG" (Landtags-Drucksache 18/10113) und auf die Anfrage zum Plenum des Abgeordneten Dr. Martin Runge vom 21. September 2020 betreffend „Fragen im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Wirecard AG und mit einschlägigen Ermittlungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen II“ (Drucksache 18/10152, Seite 30ff.) Bezug nehmen.
Die genannten Drucksachen sind auf der Homepage des Bayerischen Landtags abrufbar (https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0010113.pdf und https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000006500/0000006690_022.pdf).
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Eisenreich, MdL