Frage an Georg Brunnhuber von Jürgen M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Brunnhuber,
in Anlehnung an die Frage meines Namensvetters zum Thema Iran, eine Verständnisfrage zum Thema Irak:
Ich habe die Position der CDU/CSU damals so verstanden, dass sie eine Entscheidung des Sicherheitsrates der UNO abwarten wollte, bevor sie überhaupt die Frage einer Beteilligung deutscher Soldaten stellt. Ist dies richtig?
Hat BK Schröder durch sein "Nein" ohne Rücksicht auf die UNO nicht den selber Fehler begangen wie US-Präsident Bush mit seinem pauschalen "Ja" - nämlich eine Schwächung der Weltgemeinschaft?
Und zuletzt: Wird die CDU/CSU ebenso wie die Regierung Schröder Waffen an China liefern? Oder setzt wenigstens sie sich für die Durchsetzung der Menschenrechte auch in der Realität statt nur vor der Kamera ein?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen,
mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Müller
Frage 1: Unsere damalige Position war: Basis aller Maßnahmen muss ein klares und eindeutiges Mandat des UN-Sicherheitsrates sein. Fakt ist heute: Die jahrzehntelange Gewaltherrschaft im Irak ist beendet. Und trotz aller Terroranschläge gibt es beim Wiederaufbau und bei der Demokratisierung des Landes Fortschritte.
Frage 2: Die transatlantischen Unstimmigkeiten hat Henry Kissinger trefflich zusammengefasst mit den Worten: „Amerika hatte seinen Flirt mit der Hegemonie, und Europa hatte seinen Flirt mit moralischer Selbstgerechtigkeit“. Kissinger ist zuzustimmen, dass Ursachen für die Dissonanzen auf beiden Seiten lagen. Die USA begingen den Fehler, Europa in „alt“ und „neu“ zu teilen und es lediglich als „Werkzeugkasten“ zu betrachten. Für die Europäer gestand Joschka Fischer vor knapp einem Jahr in der FAZ ein, dass Europa in einem entscheidenden Augenblick für die transatlantischen Partner „nicht dialogfähig war, wo wir es hätten sein müssen, als die Konflikte aufbrachen, was dann definitiv in der Irak-Krise der Fall war“. Ich füge hinzu, dass die Bundesregierung letztlich aus Gründen der Innenpolitik – sie bediente sich des Anti-Amerikanismus - auch nicht willens zum Dialog war. Europa sprach lieber über als mit den USA. Die Bundesregierung ging sogar noch weiter: Sie hat gemeinsam mit Frankreich und Russland, einem Staat außerhalb der EU und des atlantischen Bündnisses, gegen die USA eine Strategie des Gegengewichts verfolgt. Versuche, eine europäische Identität gegen die USA zu definieren, haben dabei nicht nur die transatlantische Partnerschaft gefährdet, sie drohten obendrein, Europa selbst zu zerreißen. Denn viele europäische Staaten sind nicht bereit, den Kontinent gegen die USA aufzustellen.
Bush hat im Irak-Konflikt bitter gelernt, dass die USA Kriege im Alleingang gewinnen können, bei der Gestaltung der Nachkriegsordnung jedoch auf Partner angewiesen sind. Bereits seit Ende 2003 handeln die USA deshalb wesentlich multilateraler. Bush wird die Europäer für eine erfolgreiche Politik im Irak, im Nahost-Konflikt und bei der Modernisierung des Nahen und Mittleren Ostens brauchen. Umgekehrt braucht Europa die USA, um z.B. die Verhandlungen mit dem Iran über dessen Nuklearprogramm erfolgreich abzuschließen, bei der Reform der VN und der Überwindung der weltweiten Armut.
Die Partnerschaft zwischen Europa und den USA ist zu wichtig, um sie der Erosion preis zu geben. Keine anderen Regionen auf dieser Welt sind nach wie vor gesellschaftlich, kulturell und von den Interessen her so stark miteinander verbunden und wirtschaftlich verflochten. Europa und Nordamerika sind allenfalls gemeinsam in der Lage, die gravierenden globalen Herausforderungen zu bewältigen. Wenn sich Europa und Nordamerika auseinander bringen lassen, werden sie kaum etwas bewegen. Hier muss künftig viel von Schröder unnötig zerschlagenes Porzellan wieder gekittet werden.
Frage 3: Die Beziehungen zu anderen Ländern können nie ausschließlich nach einem Kriterium ausgerichtet werden. Dafür sind die außenpolitischen Beziehungen zu komplex. Die Union tritt daher für eine bessere Kohärenz der Menschenrechts-, Entwicklungs-, Außen-, Sicherheits- und Außenwirtschaftspolitik ein. D.h. neben der Lage der Menschenrechte müssen auch sicherheits- und umweltpolitische Aspekte, Fragen der Wissenschafts- und Wirtschaftskooperation oder auch eventuelle intensive Kontakte weiter Teile der Bevölkerung mit in Erwägung gezogen werden.
Eine Verknüpfung von Menschenrechten mit den Wirtschaftsbeziehungen sind im Hinblick auf China aber zumindest in ausgewählten `Produktbereichen´ möglich und nötig. Daher hat beispielsweise die damalige unionsgeführte Bundesregierung nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 die Einführung eines Waffenembargos der EU gegenüber China unterstützt. Die Union bleibt auch heute bei ihrer Haltung und vertritt dezidiert eine andere Meinung als Bundeskanzler Schröder, der sich vehement für die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegenüber China ausspricht.
Erstmals im Dezember 2003 hat Schröder in China diese Forderung erhoben, ohne sich vorher mit den europäischen Partnern abzustimmen. Schröder stört sich auch nicht an einem Beschluss des Deutschen Bundestages vom Oktober 2004, in dem das Parlament Voraussetzungen für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos aufgestellt hat, die bisher nicht erfüllt sind. Damit zeigt Schröder einmal mehr, dass die im rot-grünen Koalitionsvertrag postulierte zentrale Bedeutung der „weltweiten Durchsetzung von Menschenrechten“ für ihn lediglich ein Lippenbekenntnis oder „Gedöns“ sind.
Die CDU/CSU fordert, das EU-Waffenembargo gegenüber China beizubehalten.