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Frage von Christa M. •

Frage an Gabriele Zimmer von Christa M. bezüglich Umwelt

Kürzlich las ich in der Zeitung Berliner Morgenpost, dass die EU beschliessen will, die alten Geräte wie Kühlschränke, Gefrierkombinationen etc. verbieten will und wir Verbraucher gezwungen werden sollen, neue umweltgerechtere zu kaufen. Das kann ja wohl nicht wahr sein! Erstens sträube ich mich vehement gegen jede Aufoktroyierung der EU, die wieder nur nur einer beschränkten Lobby zuguute kommt (in diesem Fallle der Gerätehersteller), zweitens haben längst nicht alle das Geld, eine solche, nicht gerade billige, Anschaffung zu tätigen. Was gedenken Sie zu tun? MfG

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Sehr geehrte Frau Müller,

Ihre Anfrage bezieht sich auf einen Beschluss des „Regelungsausschusses für Ökodesign und Verbrauchskennzeichnung“ vom 31. März 2009. In diesem Ausschuss tagen die Regierungen der Mitgliedsländer, also auch ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der Bundesregierung. Der Beschluss wird dazu dienen, die Hersteller von sehr energieintensiven Haushaltsgeräten zu einem Mehr an Energieeffizienz zu verpflichten. So werden ab Juli 2010 nur Geräte mit mindestens der Effizienzklasse A und ab 2012 der jetzigen Effizienzklasse A+ als Neuprodukte im Handel verkauft werden. Am 22. April hat außerdem das Europäische Parlament dafür gestimmt, das bisherige Kennzeichnungssystem mit den Buchstaben G bis A grundsätzlich beizubehalten. Diese Vorschriften gelten jedoch nur für die Hersteller und nicht für die Verbraucherinnen und Verbraucher der Geräte – Sie selbst und jede/jeder andere können Ihren Kühlschrank also ohne jede Folgen weiter benutzen.

„Niemand muss mit einem Hausbesuch von EU-Beamten rechnen. Das Verbot gilt nicht für die Benutzung alter Geräte, sondern nur für neue Modelle im Handel.“ (netzwelt.de, vom 2. April 2009)

Die Entscheidung dient sowohl dem Schutz der Umwelt, als auch – auf etwas längere Sicht - dem Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher, weil der Stromverbrauch des eigenen Haushalts rapide sinkt und damit die dafür notwendigen Aufwendungen der Nutzerinnen und Nutzer. Auf lange Sicht spart ein energieeffizienteres Küchengerät also oftmals mehr Geld ein, als es zuvor mehr gekostet hat.

Ich gebe Ihnen natürlich recht, dass die Neuanschaffung eines Kühlschranks für viele Haushalte eine enorme finanzielle Belastung darstellt. Vor allem Menschen, die unter den Bedingungen des Arbeitslosengeldes II leben oder in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gepresst wurden, können sich solche Neuerwerbungen kaum oder auch gar nicht leisten Dies betrifft jedoch sowohl ältere wie neuere Kühlschrankmodelle. Das Problem, wie es von Ihnen skizziert wird, ist also vor allem ein soziales: Umweltschutz muss man sich in dieser Gesellschaft leisten können.

Das ist umso trauriger, da langfristig gesehen der oben beschriebene Nutzen eines Energiesparmodells für die betroffenen Menschen sich nicht einstellen kann, obwohl sie dieses Geld am dringendsten benötigen würden – durch die höhere Energieeffizienz könnten sie laut Berechnungen durchaus 150 € pro Jahr sparen (vgl. denselben netzwelt.de-Artikel).
Hier ist Umdenken dringend erforderlich. Die Politik in Deutschland und in der EU steht in der Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass der Beitrag eines jeden Menschen zum Klimaschutz und zur schonenden Nutzung der weltweiten Energiereserven nicht ein Luxusgut wird. Keine soziale Gruppe darf davon ausgegrenzt werden. Klimaschutz/Energiewende und soziale Gerechtigkeit sowohl in der Kommune, im Land als auch in der EU gehören für mich zusammen.

Soziale und ökologische Politik sind zwei Seiten derselben Medaille. Wer sich dem “Allheilmittel“ Markt verschreibt und Umwelt- und Sozialpolitik nur als Hindernisse auf dem Weg zu mehr Profiten versteht, wird diese Welt an den Abgrund führen oder noch darüber hinaus.
Wenn wir dieser Erde auch eine ökologische Zukunft geben wollen, müssen wir bedeutend verbrauchsärmer leben und arbeiten, auch um unseren Lebensstandard nicht weiter auf Kosten der Armen dieser Welt zu erhalten.

Deshalb unterstütze ich ausdrücklich, dass künftig Neuprodukte keine "Stromfresser" mehr sein dürfen. Zugleich trete ich für eine soziale Umgestaltung unserer Gesellschaft ein, um allen Menschen eine Perspektive, nicht nur aber auch, im Umweltschutz zu bieten.
Den Wortlaut des Beschlusses des „Regelungsausschusses für Ökodesign und Verbrauchskennzeichnung“ finden Sie – leider nur in Englisch - unter folgender Adresse:
http://www.europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/09/144&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
Liebe Frau Müller, ich hoffe, dass meine Antwort ein Missverständnis ausräumen konnte. Sollten Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich gern auch direkt an mich:
gabriele.zimmer@europarl.europa.eu

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Zimmer