Frage an Gabriele Zimmer von Harald K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Fr. Zimmer,
ist ihnen folgende Kolumne i.S. Upload-Filter und Urheberrecht bekannt:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/upload-filter-und-leistungsschutzrecht-deutschlands-digital-trumpismus-a-1215300.html
Ich arbeite seit Jahrzehnten in der IT und kann die Feststellungen des Authors nur unterstreichen. Wie ist ihre Position zu o.g. Themen?
Mit freundlichen Grüßen,
H. K.
Sehr geehrter/e Herr K.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Ich teile viele der Bedenken, die in dem von Ihnen verlinkten Artikel geäußert werden. Auch DIE LINKE. im Europaparlament wird in der kommenden Abstimmung gegen das Leistungsschutzrecht (Artikel 11) und gegen Upload-Filter (Artikel 13) stimmen. Beide Gesetzesvorschläge lehnen wir konsequent ab.
Hier sehen Sie meine Kollegin Martina Michels, die sich gemeinsam mit anderen Europaabgeordneten, gegen die Großlobbyisten und gegen diese unsinnigen Gesetze ausgesprochen hat:
Video zu Art.11 gegen das Leistungsschutzrecht https://m.youtube.com/watch?v=UINqBNzwzTA
Video zu Art. 13 gegen Upload-Filter https://m.youtube.com/watch?v=WZ_3llm9Y-0
Weitere Informationen zum Standpunkt unserer Delegation finden Sie zudem auf unserer Webseite.
Eine aktuelle Pressemitteilung zum Thema können Sie etwa hier lesen:
https://www.dielinke-europa.eu/de/article/11890.modernes-urheberrecht-404-page-not-found.html
Im Einzelnen betreffen unsere Bedenken die folgenden Punkte:
für Art. 13:
• unzulässige Begrenzung der Meinungsfreiheit: Upload-Monitoring-Software kann nicht zufriedenstellend zwischen einer tatsächlichen Urheberrechtsverletzung und einer legalen Verwendung, wie bei einer Parodie, welche durch Ausnahmen und Einschränkungen des Urheberrechts gedeckt sind, unterscheiden. Häufig funktionieren diese Filter auch nicht richtig.
• Unabhängige Urheber werden geschädigt: Plattformen erhalten Anweisungen, welche Inhalte von großen kommerziellen Rechteinhabern automatisch entfernt werden sollen. Wenn die Arbeit unabhängiger Urheber, die durch Ausnahmen abgedeckt sind oder auf andere Weise fälschlicherweise als rechtsverletzend identifiziert wurden, durch einen Filter entfernt werden, werden die Betroffenen effektiv schuldig gesprochen und müssen dann dafür kämpfen, dass ihre legalen Kreationen wiederhergestellt werden.
• Überwachungsrisiko: Die mit dem Vorschlag geforderten Upload-Filter führen in ihrer Gesamtheit zu einem potenziellen Überwachungssystem. Aufgrund der hohen Entwicklungskosten wird die Upload-Monitoring-Technologie wahrscheinlich auf wenige große US-amerikanische Anbieter ausgelagert, wodurch ihre Marktposition weiter gestärkt wird und sie direkten Zugang zum Verhalten aller EU-Nutzer von Internet-Plattformen erhalten.
• Start-up-Killer: Die Forderung stellt zudem eine enorme Belastung für Internet-Unternehmen dar und entmutigt zu Investitionen in nutzergenerierte Content-Start-ups. Die Entstehung eines effektiven Wettbewerbs der EU zu den dominanten US-Plattformen wird so verhindert und deren Marktposition weiter verfestigt.
• Unbeabsichtigte Ziele könnten geschädigt werden: Gemeinschaftsprojekte wie Wikipedia müssten wahrscheinlich auch solche Filter implementieren, obwohl sie schon jetzt nur frei lizenzierte Uploads akzeptieren.
und für Art.11:
• aus Fehlern nichts gelernt: es ist ein Versuch, auf der EU-Ebene eine Idee zu replizieren, die in Deutschland und Spanien bereits krachend gescheitert ist. Das deutsche Gesetz wird voraussichtlich vor Gericht für ungültig erklärt werden, während das spanische Gesetz "eindeutig die Sichtbarkeit und den Zugang zu Informationen in Spanien negativ beeinflusst” (EPRS). Zudem haben Journalisten auch nach der Einführung keine zusätzliche Vergütung erhalten.
• Es stellt einen Angriff auf den Hyperlink dar: Leser müssen wissen, wohin ein Link führt. Daher verbinden Webseiten Links fast immer mit sog. snippets, die einen Ausschnitt des verlinkten Inhalts darstellen. Jede Einschränkung von snippets ist daher eine Einschränkung für die Verlinkung.
• Es beschränkt die Freiheit der Meinungsäußerung und den Zugang zu Informationen: Diese Bestimmung würde nicht nur Unternehmen, sondern auch Einzelpersonen (z.B. Blogger), die News snippets veröffentlichen, beschränken. Denn das Leistungsschutzrecht, im Gegensatz zu Urheberrecht, erfordert keine Originalität des Inhalts und würde damit sogar kurze und unkreative Ausschnitte schützen, wie beispielsweise rein sachliche Überschriften.
• Es könnte Fake-News ankurbeln: Wenn es riskant oder teuer wird, Nachrichten mit snippets zu verlinken, birgt dies das Risiko, dass seriöse Nachrichteninhalte weniger geteilt werden. Da Fake-News und Propaganda-Netzwerke wahrscheinlich keine Gegenleistung für die Verwendung von snippets verlangen werden, könnten ihr Inhalt dadurch in den sozialen Netzwerken in der Zukunft sichtbarer werden.
Mit freundlichen Grüßen
Gabi Zimmer