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Gabriele Zimmer
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Frage von Rosi M. •

Frage an Gabriele Zimmer von Rosi M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zimmer,

wir wenden uns an Sie als Vorsitzende der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne mit einer Grundsatzfrage zur europäischen Demokratie:

Wie mehrere Medien berichten, gibt es Zerwürfnisse innerhalb der Institutionen bei den Verhandlungen mit der griechischen Regierung. Von Jean-Claude Juncker wurde ein Kompromiss vorgeschlagen, wonach „Athen Kürzungen bei kleinen Renten aufschieben [könne], wenn es im Gegenzug seine Militärausgaben um den gleichen Betrag vermindert“.

Hierbei beansprucht der IWF – als eine nicht demokratisch legitimierte Institution – die Entscheidungsgewalt über innenpolitische Angelegenheiten Griechenlands (oder i.w.S. der EU), indem er diesem Vorschlag widerspricht: „Der IWF akzeptiere keine Tauschgschäfte [sic!] dieser Art“.

Nach unserem Verständnis kann der IWF nicht festlegen, aus welchen nationalen Budgets die Rückzahlung erfolgen soll. Das widerspricht sämtlichen demokratischen Vorstellungen Europas und zeigt – schon allein durch diesen Versuch –dass die Demokratie in Europa bedroht ist. Dies bestätigt auch der in der FAZ zitierte Unterhändler: „Es ist völlig paradox. Am Ende entscheidet eine Institution über das Schicksal Europas, hinter der kein Volk steht.“

Wir bitten Sie daher – nein, in unserer „Position“ als Bürger und Wähler fordern wir Sie sogar auf – Stellung zu beziehen, wie Sie als demokratisch gewählte Vertreterin zu dieser Situation stehen und welche Schritte Sie und Ihre Fraktion einleiten können, um die europäische Demokratie zu schützen.

Denn wir sollten bedenken: „[...] the liberty of a democracy is not safe if the people tolerate the growth of private power to a point where it becomes stronger than their democratic state itself.” Franklin D. Roosevelt, April 29, 1938.

MfG,
R. M., Roy Wendler

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/spannungen-zwischen-eu-kommission-und-iwf-in-schuldenkrise-13645504.html , 13.06.2015

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Müller, sehr geehrter Herr Wendler,

ich teile grundsätzlich Ihre Kritik an der Rolle des IWF in den Verhandlungen mit Staaten wie Griechenland. Ein aktuelles Beispiel: Die griechische Regierung will das System der Branchentarifverhandlungen wieder aufbauen. Dies ist auch aus der Sicht unabhängiger Experten der richtige Weg. Der IWF versucht dies nun anscheinend abzublocken, was aus unserer Sicht ein weiterer schwerer Eingriff in soziale Grundrechte der griechischen Beschäftigten wäre.

Aus unserer Sicht liegt das Problem aber nicht nur in der Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Auch der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), aus dem die Notkredite an Griechenland ausgezahlt werden, ist eine von den nationalen Regierungen außerhalb des EU-Rechts angesiedelte Institution. Der ESM wurde so konstruiert, um die ohnehin zu schwachen sozialen Schutzstandards der EU umgehen zu können. Im Auftrag der Mitgliedsstaaten des Euro, vorneweg der Regierung Merkel/ Schäuble, setzen der IWF, die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission auf der Grundlage des ESM-Vertrages die Maßnahmen gegen die griechische Bevölkerung durch.

Die linke Regierung in Griechenland wird dabei nach dem Friss-oder-Stirb-Prinzip erpresst. Als Fraktion tun wir alles, um die Regierung Tsipras gegen die Erpressung zu unterstützen. Das ist bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im EU-Parlament unter Vorherrschaft der konservativen Parteien um die deutsche CDU/CSU, die die Hauptverantwortung für die Fehler der EU tragen, nicht einfach. Deshalb ist es wichtig, bei den bevorstehenden Wahlen auf allen Ebenen für linke Mehrheiten zu kämpfen. Wir fordern weiterhin einen Schuldenschnitt und wachstumsfördernde Investitionen. Nur so kann das kaputtgekürzte Griechenland, das heute eine Armutsquote von 36 Prozent und eine Arbeitslosenrate von einem Viertel hat, wieder zu wirtschaftlichem Wachstum kommen. Nur Wachstum kann Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen bringen, die die Schuldenquote verringern. Dies gilt für die ganze EU und insbesondere für die Eurozone.

Als Linke kämpfen wir gegen Institutionen wie den ESM. Wir wollen, dass Entscheidungen in einem klar definierten, demokratisch legitimierten Rechtsrahmen stattfinden, mit harten sozialen Schutzstandards. Dies gilt sowohl für die nationale als auch für die europäische Ebene.

Mit freundlichen Grüßen,

Gabi Zimmer