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Frage von Hartmut G. M. •

Frage an Gabriele Zimmer von Hartmut G. M. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Darf man Kritik an der EU den Rechten überlassen?

Ich meine, die Personenfreizügigkeit z.B. führt in meinen Augen zu einem Nützlichkeitsrassismus. In einem Selbsthilfeheft namens " Optimisten" berichten fibromyalgiekranke Menschen, wie sie durch Zuwanderer ausgewechselt wurden.
Können Sie nicht verstehen, dass sich solche Menschen deshalb als Verlierer vorkommen?

Herr Juncker sagte laut Wikiquote folgendes:

"»Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen!« Nirgendwo besser, nirgendwo eindringlicher, nirgendwo bewegender ist zu spüren, was das europäische Gegeneinander an Schlimmstem bewirken kann. Das Nicht-Zusammenleben-Wollen und das Nicht-Zusammenleben-Können haben im 20. Jahrhundert 80 Millionen Menschen das Leben gekostet. Jede Stunde des Zweiten Weltkrieges hat 1045 Tote gebracht." - Gedenkrede im Deutschen Bundestag anlässlich des Volkstrauertages am 16. November 2008. gouvernement.lu [Anm.: Im ersten Teil zitiert Juncker aus seiner gehaltenen Rede auf dem Soldatenfriedhof in Luxemburg am 4. Juni 2005]
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt." - zitiert von Dirk Koch: Die Brüsseler Republik. Der SPIEGEL 52/1999 vom 27. Dezember 1999, S. 136, spiegel.de

Quelle: http://de.wikiquote.org/wiki/Jean-Claude_Juncker

Nun erneuerte der Kandidat der EV diese Aussage, wie Sie in diesem Bericht nachlesen können:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article128101650/Juncker-schickt-Europagegner-auf-die-Friedhoefe.html

Ist das in Ordnung? Verwechseln manche nicht Kritik an der EU mit Kritik an Europa?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mayer,

vielen Dank für ihre Fragen.

Natürlich darf man Kritik an der EU nicht den Rechten überlassen. Das tun wir auch nicht. Aber unsere Kritik unterscheidet sich fundamental von den Rechten.
Arbeitsplatzverluste egal welcher Art sind immer ein schlimme Erfahrung. Die Schuld daran automatisch Zuwanderinnen und Zuwanderer zu geben, ist jedoch reine rechte Propaganda.

Es geht nicht darum, ArbeitnehmerInnen aus andern EU-Ländern oder Drittstaaten fern zu halten, sondern um anständige Arbeitsbedingungen für alle und gute soziale Absicherung. Wettbewerbsvorteile einzig zu Lasten der ArbeitnehmerInnen in Form von Arbeitsplatz-Konkurrenz, Lohn- und Sozialdumping, Ausländerfeindlichkeit und Abschottungstendenzen wären die krasse Folge. Arbeitnehmer müssen Löhne bekommen, die ihnen nach Gesetz und Tarifvertrag zustehen. Wir fordern klare Kriterien für Entsende-Unternehmen und entsandte Arbeitnehmer. Wir wollen überall ein gesellschaftliches Miteinander fördern, in welchem der Zuzug von Menschen aus anderen Ländern eine Bereicherung bedeutet.

Was die Aussagen von Herrn Juncker betreffen. Wir haben immer kritisiert, dass Regierungschefs in Hinterzimmern über unser Leben entscheiden. Deshalb fordern wir eine Stärkung der direkten Demokratie, des Europaparlaments, der nationalen Parlamente und Volksabstimmungen in grundlegenden EU-Fragen. Wir stellen uns gegen den ausufernden Lobbyismus und drängen auf ein öffentliches, verbindliches Lobby-Register.

Gleichzeitig will ich Sie aber auch darauf hinweisen, dass insbesondere der Ukraine-Konflikt zeigt, wie verletzlich der Friede auch heute noch ist. Frieden ist nicht selbstverständlich. Und schon gar nicht ist die EU per se ein Friedensgarant. Kritik an der EU ist sogar notwendig, wenn man sich für Frieden in Europa und weltweit einsetzen will. Er muss jeden Tag erneut verteidigt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Gabi Zimmer