Frage an Gabriele Katzmarek von Marcel K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Katzmarek,
wie stehen Sie zur GEZ-Zwangsabgabe?
Meine persönliche Meinung ist, dass jemand der - wie ich - kein Fernsehen schaut, eine geringere Gebühr zahlen sollte und jemand, der auch kein Radio hört - auch das gibt es - sollte sich befreien lassen können. Und zwar unabhängig davon, ob er einen Computer besitzt - man kann die Menschen doch nicht bestrafen, nur weil die technischen Möglichkeiten voran schreiten. Die Gebühr ist zutiefst ungerecht und trifft Menschen mit geringem Einkommen stark. Ich kenne eine Frau, die sich und ihre Tochter mit 800-900 Euro durchbringt und gar keine Zeit hätte zum Fernsehen, selbst wenn sie ein Gerät besitzen sollte.
Grundsätzlich finde ich es mezhr als fragwürdig, ob Fernsehen und Radio, die überwiegend der Unterhaltung dienen, weiterhin gebührenfinanziert sein sollten. Meiner Meinung nach sollte es das Deutschlandradio geben und einen adäuaten Informationskanal im Fernsehen und alles andere kann privat laufen.
Ich wäre gespannt auf Ihre Ansicht zu dem Thema...
Herzlichen Dank
Marcel Krohn
Sehr geehrter Herr Krohn,
leider komme ich erst jetzt dazu auf ihre Frage zu antworten.
Wir Sozialdemokratinnen und -demokraten sind für den neuen Rundfunkbeitrag und halten ihn für gerechter und für unbürokratischer als das alte System, das nicht an den Haushalt als Gebührenzahler anknüpfte, sondern an das Betreiben eines zum Empfang geeigneten Gerätes. Damit folgen wir den Grundsätzen unserer Verfassung und den Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes. Das "neue" System ist ja nicht in Willkür entstanden, sondern aufgrund der Überlegung, die Unzulänglichkeiten und auch die Ungerechtigkeiten des "alten" zu verändern. Das bezieht sich auf die derzeitige Rechtsprechung. Wir wissen derzeit nicht, wie Karlsruhe auf einige Klagen zum Haushaltsbeitrag reagieren wird. Wie man hört, gibt es diese schon.
Ein leistungs- und zukunftsfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist für eine freie Informations- und Meinungsbildung in einer demokratischen Öffentlichkeit unverzichtbar. Die deutsche Rundfunkordnung ist maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geprägt. Ihre gesetzliche Ausgestaltung fällt in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Rundfunk – öffentlich-rechtlicher wie privater Rundfunk – - hat nach der Rechtsprechung des BVerfG eine essentielle Funktion für die demokratische Ordnung. Gerade auch im weltweiten Vergleich kann man feststellen, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten einen unverzichtbaren Beitrag für Qualitätsjournalismus, pluralistische Meinungsbildung sowie Vielfalt und damit für unser demokratisches Gemeinwesen leisten – und zwar im Hörfunk, im Fernsehen und auch im Onlinebereich. Auch von daher ist es wichtig, ein Beitragssystem zu schaffen, das am Ende die größtmögliche Akzeptanz in der Bevölkerung erfährt – und dies soll mit der Neuregelung des Rundfunkbeitrages erreicht werden.
Mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag haben sich die Länder auf eine Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verständigt, welche Anfang 2013 in Kraft getreten ist. Diese sieht im Kern einen Wechsel vom bisherigen Modell der geräteabhängigen Gebühr hin zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag vor, der für jeden Haushalt und jede Betriebsstätte erhoben werden soll. Künftig gilt der Grundsatz, dass für jede Wohnung ein Rundfunkbeitrag bezahlt werden soll, egal, wie viele Personen in der Wohnung leben und wie viele Rundfunkgeräte dort vorhanden sind. Ziel der Umstellung ist es, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum einen auf eine in finanzieller und verfassungsrechtlicher Hinsicht dauerhaft tragfähige Grundlage zu stellen. Zum anderen soll das neue Beitragsmodell zu mehr Transparenz, größerer Gerechtigkeit und weniger Bürokratie beitragen.
Mit dem neuen haushalts- und betriebsstättenbezogenen Beitrag wollen die Länder diesen Vorgaben gerecht werden. Dabei gehen sie davon aus, dass jede Bürgerin und jeder Bürger und auch die Wirtschaft direkt oder indirekt vom Informationsangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und einer pluralen Medienordnung profitieren. Deshalb wird ein geräteunabhängiger Beitrag mit Beitragspflicht für jeden Haushalt und jede Betriebsstätte erhoben, der von der Höhe des Beitrages einheitlich auf Grundlage der bisherigen vollen Rundfunkgebühr (derzeit 17,98 Euro) berechnet ist. Die Differenzierung zwischen Rundfunk- und Fernsehgebühr und damit zwischen TV, Radio, Handy und PC wird aufgegeben. Im nicht-privaten Bereich wird der Beitrag pro Betriebsstätte erhoben und nach der Anzahl der regelmäßig dort beschäftigten Personen gestaffelt.
Die einkommensabhängigen Befreiungstatbestände im privaten Bereich bleiben unverändert. Dabei knüpfen alle Befreiungstatbestände an bestehende Sozialleistungen an. Für bestimmte „Härtefälle“, etwa bei einem vergleichbar geringen Einkommen, sind zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten durch die Rundfunkanstalten vorgesehen.
Es gibt generell keine Reduzierung oder Befreiung mehr vom Rundfunkbeitrag, wenn jemand nur ein Radio oder gar keine Rundfunkgeräte nutzt. Eine Befreiung oder Reduzierung ist in diesem Fall nicht vorgesehen, denn anders als die geräteabhängige Rundfunkgebühr ist der Rundfunkbeitrag geräteunabhängig angelegt. Kerngedanke ist der: Alle sollen sich gemeinsam und solidarisch an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Programms beteiligen, unabhängig davon, ob jemand einzelne Geräte besitzt oder nutzt. Es gilt für den Rundfunkbeitrag der Grundsatz: Pro Wohnung ist ein Beitrag zu zahlen, unabhängig davon, ob und welche Rundfunkgeräte vorhanden sind. Der Rundfunkbeitrag wird also für die Möglichkeit gezahlt, sich über das Rundfunkangebot informieren, bilden und unterhalten lassen zu können. Die Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks basiert auf einem Solidarmodell, zu dem alle finanziell beitragen sollen – unabhängig von dem persönlichen Nutzungsverhalten.
Insgesamt soll mit dieser Neuordnung die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf eine zeitgemäße und zukunftssichere Grundlage gestellt werden. Derzeit gibt es kein Modell, das sowohl Zustimmung als auch Kritik erfahren wird. Unter dem Strich entscheidend ist letztlich, ob es hierzu bessere Alternativen gegeben hätte. Bisher ist kein Modell bekannt, das sowohl den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt als auch die notwendige Finanzierungssicherheit langfristig sicherstellt.
Nach der Einführung des neuen Systems muss nun abgewartet werden, wie sich die Praxis entwickelt. Es ist leider so, dass man die eine oder andere Ungerechtigkeit und Konsequenz nicht immer voraussehen kann. So kann es sein, dass noch das eine oder andere geändert werden muss, etwa im Bereich der Ausnahmetatbestände , ohne jedoch die Grundstruktur zu ändern. Grundsätzlich wird es bei der Umstellung bleiben.
Mit freundlichen Grüssen
Gabriele Katzmarek