Frage an Gabriele Frechen von Thomas F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Frechen,
aus welchem Grund ist die Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers drastisch eingeschränkt worden. Mein Kollege, welcher als Servicetechniker im Außendienst tätig ist und nachweislich keine Räumlichkeiten seitens der Firma gestellt bekommt, ist zwecks Erledigung von Bürotätigkeiten auf dieses Zimmer angewiesen. Dies bedingt zusätzliche Kosten für Miete, Energie usw. All diese Kosten wurde seitens des Finanzamtes nicht mehr anerkannt. Können Sie mir erklären, warum es Abgeordneten möglich ist, Büros oder Arbeitsräume finanziell geltend zu machen, dem Arbeitnehmer hingegen nicht??? Können Sie mir erklären, wie und durch wen diese Aufwendungen ersetzt werden sollen?
Sehr geehrter Herr Fischer,
ich danke Ihnen für Ihre Frage, die ich gern beantworte.
Zunächst möchte ich klarstellen, dass ich als Mitglied des Bundestages die Kosten für mein Büro nicht geltend machen kann, da mir keine Kosten anfallen. In Berlin verfüge ich über ein Parlamentsbüro, welches meinen beiden dortigen Mitarbeitern und mir vom Deutschen Bundestag zur Verfügung gestellt wird. Ich zahle dafür keine Miete. Neben dem Berliner Büro verfüge ich über ein Wahlkreisbüro in Erftstadt, in dem ich ebenfalls zwei Mitarbeiter beschäftige. Die Miete für dieses Büro zahle ich aus der Kostenpauschale, die mir für Aufwendungen im Rahmen meiner Abgeordnetentätigkeit gewährt wird. Genau wie fast allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird also auch mir kostenlos ein angemessener Arbeitsplatz für meine berufliche Tätigkeit zur Verfügung gestellt. Mein häusliches Arbeitszimmer kann ich nicht steuerlich geltend machen.
Für die Verärgerung Ihres Kollegen habe ich durchaus Verständnis. Tatsächlich haben wir mit dem Steueränderungsgesetz 2007 die steuerliche Absetzbarkeit von häuslichen Arbeitszimmern abgeschafft, was bei einigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu finanziellen Einbußen geführt hat. Wir hatten dafür jedoch gute Gründe.
Als die Große Koalition nach der letzten Bundestagswahl einen Kassensturz machte, stellte sich heraus, dass der Staat – und damit die Gesellschaft - in den letzten Jahrzehnten permanent über seine Verhältnisse gelebt hat. Um wieder handlungsfähig zu werden, hat sich die Koalition den Grundsätzen „Sanieren – Reformieren – Investieren“ verschrieben. Ein „weiter so“ wäre absolut unverantwortlich gewesen. Im Jahr 2003 lag das Haushaltsdefizit bei 4 %, der Staatshaushalt war letztmalig 1969 ausgeglichen. So konnte es nicht weitergehen.
Die Sanierung des Haushalts gab es jedoch nicht zum Nulltarif. Wir mussten die Mehrwertsteuer anheben und Steuervergünstigungen kürzen. Dazu gehörte auch die Absetzbarkeit von häuslichen Arbeitszimmern. In Sonntagsreden erntet man immer viel Applaus, wenn man vom einfachen Steuerrecht und vom Abbau von Ausnahmen spricht, die von allen Steuerzahlern gefordert werden. Aber eben auch nur, wenn es allgemein und unbestimmt bleibt. Wenn es konkret wird, weiß jeder, den die Streichung der Ausnahme betrifft, warum gerade diese Ausnahme nicht abgeschafft werden soll. Ich habe großes Verständnis für diese Haltung, es würde mir doch genauso gehen. Trotzdem möchte ich Sie bitten, diesen Aspekt auch einmal zu überdenken: Ein Grundsatz unseres Steuerrechts ist der, dass Kosten der privaten Lebensführung nicht steuerlich berücksichtigt werden dürfen. Aufwendungen, die sowohl beruflich als auch privat veranlasst sind, werden regelmäßig der privaten Sphäre zugeordnet. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellte die Abziehbarkeit der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer dar. Ich muss Ihnen sicher keine Beispiele aus meiner Praxis als Steuerberaterin nennen, wie oft dieses Arbeitszimmer zumindest zu einem nicht unerheblichen Teil auch privat genutzt wird. Die Verfahren vor den Finanzgerichten zeigen deutlich, wie streitanfällig diese Regelung war.
Wir haben uns daher für eine Abschaffung entschieden. Das mag für viele Betroffene sehr ärgerlich sein. Aber wir mussten handeln, damit unser Staat auch in Zukunft noch handlungsfähig ist. Wie wichtig ein finanziell handlungsfähiger Staat ist, erleben wir gerade: Konjunkturpakete und Schutzschirme für Arbeitsplätze kosten viel Geld. Und das fällt nicht vom Himmel.
Sie fragen mich, wer in Zukunft die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer ersetzen soll. Ich kann Ihrem Kollegen nur raten, wegen der zusätzlichen Kosten für das Arbeitszimmer mit seinem Arbeitgeber über einen Zuschuss zu sprechen. Für einen angemessenen Arbeitsplatz ist der Arbeitgeber zuständig, nicht der Staat. Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit beantworten konnte.
Mit freundlichem Gruß
Ihre
Gabi Frechen, MdB