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Frage von Theo S. •

Frage an Gabriele Frechen von Theo S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Frechen,

viele Politiker sprechen sich für weitere Kreditaufnahmen des Bundes aus, um die Finanzkrise bewältigen zu können. In dieser Ausnahmesituation müsse die Haushaltskonsolidierung zurücktreten. Es sieht allerdings so aus, als leben wir schon seit 1969 in einer Ausnahmesituation, denn damals wurde zu letzten Mal ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt.

Nun frage ich Sie:
Halten Sie diese Politik für verantwortungsvoll?
Haben wir in diesen Jahren nicht über unsere Verhältnisse gelebt?
Nach der letzten Wahl wurde die Mehrwertsteuer erhöht, die größte Steuererhöhung in der Bundesrepublik. Was für eine Summe! Von allen verkauften Produkten wurden 3% zusätzlich in die öffentlichen Kassen gespült, die florierende Wirtschaft sorgte für erhebliche zusätzliche Einnahmen und trotzdem wurden neue Schulden gemacht. Wann und wie sollen diese wieder zurückgezahlt werden?

Die Wahlen im nächsten Jahr verführen wieder zu weiteren Ausgaben. Ich appelliere daher an die Politiker: Ändern Sie dieses Verhalten und sagen Sie den Wählern die Wahrheit! Leider verhalten sich diese auch nicht verantwortungsvoller und belohnen die Versprechungen mit ihrer Stimme.

Über eine Stellungnahme würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Theo Staars

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Staars,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gern beantworte. Erlauben Sie mir bitte, dass ich dabei keine pauschale Bewertung der Politik von 1969 bis heute vornehme. Hier bedarf es einer Differenzierung.

Ich habe immer – auch hier bei abgeordnetenwatch.de – klar gemacht, dass ich die Haushaltskonsolidierung für eine der wichtigsten Aufgaben der Großen Koalition halte. Ich stimme Ihnen zu: In den letzten Jahrzehnten hat die Gesellschaft über ihre Verhältnisse gelebt. Im Nachhinein und besonders 40 Jahre später kann man immer gut sagen, auf welche staatlichen Leistungen die Menschen damals hätten verzichten sollen. Das tue ich nicht. Es ist verantwortungsvoll in Zeiten schwacher Konjunktur Geld ausgegeben, man darf nur in guten Zeiten nicht vergessen, dass auch wieder gespart werden muss. Das alte Sprichwort: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, gilt auch für den Staat.

Ein weiterer Grund für die horrende Verschuldung liegt in der Finanzierung der Deutschen Einheit. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Die Deutsche Einheit ist eine historisch einmalige Leistung der Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR und für mich das großartigste Ereignis der deutschen Geschichte, das ich miterleben durfte. Es bedeutete aber auch, dass die Bundesrepublik eine kollabierte Volkswirtschaft wieder aufrichten musste. Das hat sehr, sehr viel Geld gekostet. Dafür haben nicht nur viele fleißige Menschen gearbeitet, auch alle staatlichen Ebenen haben Leistungen erbracht, die mit zu der heutigen Staatsverschuldung beigetragen haben. Kein Land in Europa hat ähnliches geleistet.

Aussagen zur Mehrwertsteuererhöhung finden Sie auf dieser Seite bereits von mir. Die wiederhole ich jetzt nicht. Aber Ihre Aussage stimmt nur zum Teil, denn nur für Waren, die dem regulären Steuersatz unterliegen, wurde die Mehrwertsteuer um 3% erhöht. Bei Waren und Dienstleistungen, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, oder die von der Umsatzsteuer befreit sind, hat sich nichts geändert. Das nur der Vollständigkeit halber.

Die Große Koalition hat die Haushaltskonsolidierung zu einer ihrer Hauptaufgaben ernannt. Und das mit Erfolg: Im Jahr 2003 lag das Haushaltsdefizit noch bei 4 %. Der Staatshaushalt 2008 war erstmals seit 1969 wieder ausgeglichen. Die Neuverschuldung in Höhe von 14,7 Mrd. Euro in 2007 war der niedrigste Stand seit der Wiedervereinigung. Und ohne die zusätzlichen Belastungen durch die Finanzkrise wäre die Neuverschuldung schon im Jahr 2011 bei 0 gewesen. Gemeinsam mit dem Finanzminister Peer Steinbrück ist es uns somit gelungen, den Trend umzukehren und die Verschuldung des Staates zurückzufahren.

Wie Sie der aktuellen Berichterstattung entnehmen können, widerstehen sowohl der Finanzminister als auch die SPD der Versuchung, mit den anderen Parteien einen Wettlauf um die niedrigsten Steuern zu veranstalten.

Aber in die Krise hinein sparen, wäre genauso falsch. Wir müssen jetzt Investitionen, die so oder so geplant waren, vorziehen, energetische Gebäudesanierung vorantreiben, da das nicht nur ökologisch sondern auch finanziell nachhaltig ist und die Arbeitsplätze in Deutschland schützen. Das wird sich in ein oder zwei Jahren auch für den Staatshaushalt auszahlen. Es ist die Aufgabe des Staates, in solchen Situationen entschlossen einzugreifen und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Das haben wir getan.
Wenn ich die Wahl habe, heute in Arbeit zu investieren oder morgen in Arbeitslosengeld, ziehe ich das erste vor.

Herzliche Grüße aus Berlin

Gabi Frechen, MdB