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Frage von Leonard G. •

Frage an Gabriele Frechen von Leonard G. bezüglich Recht

Sie schreiben bei Abgeordnetenwatch am17.10 zur Bankenkrise Zitat "
Es wird seitens der Politik keine persönlichen Konsequenzen geben. Die Krise der Finanzmärkte hat ihren Ursprung in den USA. Hier liegt die Verantwortlichkeit. Peer Steinbrück hat ein anerkanntes Krisenmanagement geführt."

Sehr geehrte Frau Frechen,

Meinen Sie nicht auch, dass die Deregulierung für den Ärger hier in Deutschland verantwortlich ist? Die Verantwortlichkeit sehr wohl in Rot-Grün und Schwarz-Rot zu sehen sind?

2001 Steuerfreie Veräußerung von Unternehmensanteile (Riesen Geschäft für Investmentbanken) Private Riesterrente (Finanzsektor dem Milliarden zufließen)

2004 Zulassung von Hedgefonds und Derivate in Deutschland wodurch utopische Renditevorgaben zum Richtwert werden. z.B. Deutsche Bank mit 25% Renditevorgabe.

2005 Förderung von Verkauf von Kreditverträgen und Steuervorteile für private-equity-fonds

Der unkontrollierte Kreditverkauf gilt heute als die Hauptursache der Bankenkrise

Quelle: http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/1020246

Zitat 2005 Kanzlerin Dr. Angela Merkel
Die Stärkung des deutschen Verbriefungsmarktes und insbesondere von True-Sale-Verbriefungen ist eines der von der Bundesregierung mit besonderer Priorität verfolgten finanzmarktpolitischen Ziele.

Quelle: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/054/1505496.pdf und http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/055/1505559.pdf

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Grauper,

zu meiner von Ihnen zitierten Aussage stehe ich weiterhin. Die Finanzmarktkrise hat Regulierungsbedarf insbesondere auf der internationalen Ebene offenbart. Es wäre falsch anzunehmen, unser Finanzplatz in Deutschland sei ein unreguliertes Territorium. Vielmehr haben wir auf der nationalen Ebene in den Jahren seit Beginn unserer Regierungsbeteiligung viele Regeln für den Finanzmarkt aufgestellt. Auch seit der letzten Bundestagswahl hat die SPD einige politische Maßnahmen vorangetrieben, die darauf abzielen, unseren Finanzplatz gerade für Privatanleger stabil und transparent zu gestalten. Hierzu möchte ich Ihnen einige Beispiele nennen:
Mit der Umsetzung des internationalen Regelwerks Basel II haben wir neue Standards für ein besseres Risikomanagement innerhalb der Banken gesetzt. Entsprechend der jeweiligen Risikosituation muss die Bank Eigenkapital für das eingegangene Risiko bereithalten. Wie aktuell dieser Ansatz ist, zeigt nun die derzeitige Finanzkrise: Gerade das Missverhältnis zwischen Eigenkapital bzw. Ertragslage auf der einen Seite und den erheblichen Risiken auf der anderen Seite wurde vielen Banken zum Verhängnis. Die USA weigerten sich lange, ihrer Kreditwirtschaft die Regeln von Basel II aufzuerlegen. Dies wird sich angesichts der Krise hoffentlich ändern. Basel II trat bei uns am 1. Januar 2008 in Kraft – leider erst dann. Denn unter Basel II wären viele der außerbilanziellen Tätigkeiten von deutschen Banken nicht möglich gewesen.
Mit dem 2004 in Kraft getretenen Investmentgesetz sind Hedge-Fonds zum öffentlichen Vertrieb in Deutschland zugelassen worden, weil Deutschland hier aus Wettbewerbsgründen nicht abseits stehen konnte. Aber im Unterschied zu anderen Ländern haben wir gleichzeitig eine Regulierung in diesem Bereich eingeführt. Deutsche Hedge-Fonds unterliegen der Aufsicht durch die Allfinanzaufsicht BaFin (zurzeit sind rund 20-25 Hedge-Fonds zugelassen). Sie müssen weitgehende Anlegerschutzbestimmungen einhalten und der Einsatz von Fremdkapital ist begrenzt. Anteile an Einzel-Hedge-Fonds dürfen in Deutschland nicht öffentlich, sondern nur im Rahmen von Privatplatzierungen an institutionelle Anleger vertreiben werden.
Im Zusammenhang mit angelsächsischen Hedge-Fonds hat Bundesfinanzminister Steinbrück schon früh vor der Finanzmarktkrise auf potentielle Risiken für die Finanzmarktstabilität hingewiesen und ein international abgestimmtes Vorgehen in dieser Angelegenheit eingefordert. Deutschland hat mit seiner G 7/ G 8 –Präsidentschaftsinitiative im Jahr 2007 mit Blick auf eine Verbesserung der Transparenz bei Hedge-Fonds hier beharrlich versucht, Anstöße zu geben.
Sie sprechen die Riester-Rente an als ein Riesengeschäft für die Banken. Ich bin der Überzeugung, dass wir bei unserer Altersvorsorge ein Drei-Säulen-Modell brauchen, zu der auch die private Vorsorge gehört. Gerade deshalb haben wir wichtige Regelungen zum Schutz der Bürger und Bürgerinnen eingeführt, damit es eben nicht passieren kann, dass die Beschäftigten in Krisen ihre Anlagen vollständig verlieren können. Unabhängig davon, ob der Riester-Vertrag in Form einer Versicherung, eines Bank- oder Fondsparplans angelegt ist, gilt nämlich folgendes: Der Anbieter muss sowohl die eingezahlten eigenen Sparbeiträge der Bürgerinnen und Bürger als auch alle staatlichen Zulagen zum Zeitpunkt der Auszahlung garantieren. Handelt es sich um einen bei einer Versicherung abgeschlossenen Vertrag, so muss er darüber hinaus eine Mindestverzinsungsgarantie von 2,25 % absichern. Diese Garantieleistung aller Eigenbeiträge plus der staatlichen Zulage stand unter heftiger Kritik der damaligen Opposition und Teilen der Finanzwirtschaft. Erklärt wurde, diese hohe Sicherung würde zu Lasten der Rendite gehen. Schon bei der Börsenkrise 2002/2003 hat sich jedoch die Absicherung in hohem Maße bewährt.
Sie sprechen auch die True-Sale-Verbriefungen (TSI) an. Deutsche Kreditverbriefungen im Rahmen der KfW- oder TSI-Plattformen haben mit amerikanischen Subprimeverbriefungen nichts gemein. Sie beruhen auf sorgfältig bearbeiteten Kreditportfolien, die den gleichen, strengen bankaufsichtsrechtlichen Regelungen unterliegen wie nichtverbriefte Kredite. Es gibt in Deutschland keine Immobilienblase, keine aus dem Rahmen fallende Verschuldungslawine und auch der deutsche Mittelstand ist solide finanziert. Es hat daher bei deutschen Verbriefungen keine Ausfälle oder Klagen gegeben. Der deutsche Verbriefungsmarkt leidet zwar, wie fast alle Kreditprodukte - Staatspapiere ausgenommen -, zurzeit auch unter einem Käuferstreik aufgrund der allgemeinen Finanzkrise, die alle in Mitleidenschaft zieht, weil die amerikanischen Schrottpapiere den ganzen Markt mit Angst erfüllt haben. Wenn heute deutsche Banken Probleme mit Verbriefungspapieren haben, dann gerade nicht durch ihre Investitionen in deutsche Autokredit- oder Mittelstandsverbriefungen sondern durch ihr Engagement in undurchsichtige amerikanische Subprime-Papiere.
Die Finanzmarktkrise hat aber gezeigt, dass dringend vor allem auf internationaler Ebene neue Regeln notwendig sind. Deshalb besteht in der Krise der Finanzmärkte auch eine Chance. Endlich steht das Fenster offen, um eine internationale Regulierung des Finanzmarktes hinzubekommen und den Kapitalismus etwas einzudämmen. Hierzu hat die SPD unter Führung von Finanzminister Steinbrück ein Konzept erarbeitet. Unsere Antwort lautet: Wir brauchen eine neue Balance von Markt und Staat. Wir brauchen zuallererst eine stärkere Regulierung der globalen Finanzmärkte.
Die konkreten Vorschläge möchte ich in vier Grundsätzen zusammenfassen:

1.Risiken müssen erkennbar, d.h. transparent sein. Das war bislang nicht ausreichend der Fall. Finanzinstitute konnten Risiken so verstecken, dass sie nicht in den Bilanzen aufgeführt wurden. Das müssen wir ändern. Außerdem müssen Rating-Agenturen, die die Risiken von Finanzprodukten bewerten, deutlich strengeren Standards unterworfen werden.

2.Wir müssen Finanzinstituten untersagen, riskante Finanzprodukte zu verkaufen, ohne diese Risiken selbst mit abzusichern. Wir fordern deshalb eine stärkere Kapitalunterlegung solcher Risiken und Einschränkungen bei ihrem Weiterverkauf. Außerdem müssen schädliche Spekulationen wie Leerverkäufe eingeschränkt oder verboten werden.

3.Es klingt zwar banal, ist es aber nicht: Banker brauchen die richtigen Anreize, damit sie wieder vorsichtiger und verantwortungsvoller mit dem Geld anderer Leute umgehen. Deshalb müssen wir die Haftung von Bankmanagern, insbesondere deren Pflicht zum Schadensersatz verschärfen. Und wir müssen die Vergütungssysteme der Banker wieder ins Lot bringen: Deren Boni- und Gehaltssysteme dürfen nicht länger nur kurzfristigen Erfolg und die Bereitschaft honorieren, hohe und höchste Risiken einzugehen.

4.Wir fordern mehr als nur besserer Finanzmarktregeln. Wir fordern eine neue Balance zwischen Markt und Staat. „Neue Balance“, das bedeutet, dass Märkte den Menschen zu dienen haben und die Schwächeren in unserer Gesellschaft nicht den freien Kräften des Marktes ausgeliefert sein dürfen. Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der Regeln setzt und der diese Regeln durchsetzen kann.
Wenn Sie hier an ausführlichen Informationen interessiert sind, empfehle ich Ihnen folgenden Link: http://www.spd.de/show/1760006/271008_abschlussbericht_finanzen.pdf Ich hoffe, dass ich Ihnen in meiner zugegeben etwas ausführlichen Antwort zeigen konnte, das die SPD in ihrer Regierungsverantwortung dem Finanzmarkt auf nationaler Ebene Regeln gesetzt hat und jetzt die Gelegenheit nutzen will, diese in einer neuen Balance zwischen Markt und Staat zugunsten des Staats und seiner Bürger zu vertiefen.

Mit freundlichen Grüßen
Gabi Frechen MdB