Frage an Gabriele Frechen von Axel R. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Frechen,
meine Fragen: Warum kürzt der Bund die Pendlerpauschale und nimmt gleichzeitig den Bürgern die Möglichkeit weg, mit dem öffentlichen Nahverkehr zu fahren? Immerhin sind Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit durch die Gesetzeslage der Bundesregierung gezwungen, Arbeitstellen anzunehmen, die in einer zumutbaren Entfernung, d.h. bis 1,5 Stunden Fahrzeit pro Fahrstrecke, entfernt sind. Trotzdem ist nicht nur die Pendlerpauschale gekürzt worden, sondern der Bund hat auch massiv seine Zuschüsse zum öffentlichen Nahverkehr gekürzt, was zu einer starken Ausdünnung des ÖPNV in ländlichen Gebieten führt.
Warum gibt es hier nicht eine massive Aufstockung der Mittel, um den Bundesländern einen attraktiven und vertakteten Nahverkehr zumindest während des Berufsverkehrs auch in ländlichen Gebieten zu ermöglichen? Warum werden die wenigen, noch gezahlten Zuschüsse nicht an verpflichtende Auflagen geknüpft, wie z.B. eine generelle Vertaktung der einzelnen ÖPVN-Systeme (RE/RB – S-Bahn – Straßenbahn/Bus)?
Sie wollen massiv in den Umweltschutz investieren und die CO2-Belastung senken. Warum gibt es dann keine generellen, einklagbaren(!) Rechte für uns Bürger, was bestimmte Verkehrsführungen bzw. Verkehrslenkungsmaßnahmen angeht, die den CO2-Ausstoß mit Sicherheit vermindern würden? Warum gibt es z. B. kein Recht für uns Bürger, dass Ampeln innerhalb eines bestimmten Abstandes (z.B. 500 Meter innerorts und 1000 Meter außerorts) in „grüner Welle“ geschaltet sein müssen? Warum gibt es keine Pflicht, dass Umgehungsstraßen diesen Charakter behalten müssen, statt durch Industrie- und Wohnansiedlungen immer mehr in ihrer Funktion eingeschränkt werden? Warum dürfen an neuen/renovierten Kreuzungen einer Straße immer noch bevorzugt Ampeln aufgestellt werden, obwohl aufgrund des Platzes vielerorts Kreisverkehre möglich wären, die ökologisch und verkehrstechnisch wesentlich sinnvoller sind, als eine Ampel?
Mit freundlichen Grüßen
Axel Reifferscheid
Sehr geehrter Herr Reifferscheid,
vielen Dank für Ihre Frage. Meine Position zur Pendlerpauschale habe ich hier auf abgeordnetenwatch mehrfach dargelegt, etwa bei der
Antwort auf die Frage von Herrn Schäfer vom 21.02.07. Weitere Informationen können Sie auf meiner Homepage: www.gabi-frechen.de erhalten. Ich habe mich für eine andere Lösung als die heutige stark gemacht, und ich werde mich für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer einsetzen, wenn das Bundesverfassungsgericht die derzeitige Regelung für verfassungswidrig erklärt.
Ihnen geht es in Ihrer Frage um die Ausgestaltung des ÖPNV. Wie Sie wissen, hat der Bund hier nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Einflussnahme. Dazu gehört, wie Sie richtig anführen, die Bereitstellung von Regionalisierungsmitteln zur Stärkung des ÖPNV.
Sie schreiben, der Bund nehme den Menschen die Möglichkeit, den öffentlichen Personen-Nahverkehr zu nutzen, indem er die Regionalisierungsmittel massiv kürzt. Hier muss ich Ihnen widersprechen. Seit dem 1.1.2008 gilt das Zweite Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes. Ab 2009 steigen die Regionalisierungsmittel jährlich um 1,5 Prozent, wodurch die Länder von 2007 bis 2010 mehr als 27 Mrd. Euro für den ÖPNV erhalten werden. Von 6,675 Mrd. Euro in 2008 werden die Regionalisierungsmittel auf 7,298 Mrd. Euro in 2014 erhöht. In den Vorjahren hat es moderate Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln gegeben, da die Bundesländer diese oft nicht zweckmäßig verwendet haben. D.h.: der Bund stellt aus dem Bundeshaushalt Steuermittel zum Ausbau des ÖPNV zur Verfügung und die Bundesländer finanzieren damit ihre Personalkosten oder nette Projekte, die sie unbedingt haben wollen. Das geht natürlich nicht; das würden Sie auch nicht hinnehmen. Die Härte ist, dann auch noch den Bund verantwortlich zu machen, wenn er Konsequenzen aus diesem Verhalten zieht. Und für diese Absenkung erhalten die Länder auch noch eine Kompensation von 500 Millionen Euro. Statt einer „massiven Kürzung“ erfolgt also eine stetige Erhöhung der Regionalisierungsmittel.
Gerade wir Sozialdemokraten haben uns immer für einen starken ÖPNV ausgesprochen und dort, wo wir in Verantwortung sind, auch gehandelt. Sie wohnen nicht weit weg von mir und kennen sicher das Stadtbussystem meiner Heimatstadt Hürth und die Vernetzung mit der Stadtbahn und dem Bussystem im Kreis. Natürlich kann man alles immer noch besser machen, da gibt es keinen Zweifel. Aber ich finde, wir Sozialdemokraten in Hürth haben hier die richtigen Prioritäten gesetzt.
Ihre Vorschläge hinsichtlich einer umweltfreundlicheren Verkehrslenkung unterstütze ich durchaus. Tatsächlich sind Kreisverkehre sinnvoller als Ampeln, und auch die Schaltung mehrerer Ampeln in „Grüner Welle“ ist sowohl ökologisch als auch von der Verkehrsführung her wünschenswert. Hier bin ich als Mitglied des Deutschen Bundestages jedoch die falsche Ansprechpartnerin. Derartige Fragen werden vernünftigerweise auf kommunalpolitischer Ebene geklärt, da dort die tatsächliche Verkehrssituation und mögliche Auswirkungen aus einer Änderung aus eigenem täglichem Erleben bekannt sind. In meiner Heimatstadt Hürth trage ich kommunalpolitische Verantwortung. Hier sind an großen Straßen gerade in den letzten Wochen drei Kreisverkehre fertig gestellt worden.
Ich möchte Sie bitten, Ihre Vorschläge in die politischen Gremien in Frechen und in den Landesbetrieb StraßenNRW einzubringen, da sie für die Planung verantwortlich sind. Ich bin sicher, dass Ihr Engagement dort sehr geschätzt wird. Bei jeder Straßenplanung gibt es ein Anhörungsverfahren, an dem die Bürgerinnen und Bürger einer Kommune teilnehmen und ihre Bedenken und Anregungen äußern können. Mit diesen Bedenken muss sich der Planungsausschuss der Stadt im Rahmen der Planung auseinandersetzen. Sie haben also eine direkte Beteiligungsmöglichkeit in Frechen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit beantworten konnte. Ansonsten besuchen Sie mich doch einfach in meinem Büro in Frechen.
Herzliche Grüße
Gabi Frechen, MdB