Portrait von Gabriele Frechen
Gabriele Frechen
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Gabriele Frechen zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Elfi B. •

Frage an Gabriele Frechen von Elfi B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Frechen,
Sie reden von Gerechtigkeit beim Steuersystem, was ich aber in Anbetracht der kalten Progression nicht nachvollziehen kann. Die Steuerabgaben bei den Verdienern steigen so hoch, dass bei einem Mehrverdienst von ca. 2 Prozent der Fiskus 4 Prozent mehr an Steuern abkassiert, so dass unterm Strich weniger übrig bleibt. Nimmt man dann noch die gestiegenen Kosten dazu, verliert der Arbeitnehmer noch mehr.
Im Gegensatz zu den Progressionen der Politiker, welche lediglich linear zu den Erhöhungen steigen, so dass sie mittlerweile + 11 Prozent verdienen, hat der Arbeitnehmer sogar - 12 Prozent! Und das nennen Sie tatsächlich gerecht? Viele Länder (auch die Niederlande) haben das ungerechte Steuersystem schon lange abgeschafft, weil sie sagen der Bürger würde sonst viel zu sehr belastet werden. Nur Deutschland wehrt sich mit allen Mitteln dagegen und saugt die Arbeitnehmer aus wie Vampire! Ich habe mich entschlossen in die Niederlande zu ziehen, die holländische Staatsangehörigkeit anzunehmen und auch dort zu wohnen und zu arbeiten. Ich möchte diese Ungerechtigkeit einfach nicht mehr hinnehmen. Auch meine Kinder arbeiten bereits in Holland und sie werden ebenfalls Deutschland den Rücken kehren.

Portrait von Gabriele Frechen
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Bergmann,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworten würde, wenn ich könnte. Ich kann nicht erkennen, um was es Ihnen genau geht, da die Aussagen für mich etwas widersprüchlich sind.

Die Frage nach der kalten Progression, die es ohne Zweifel gibt und die seit einigen Wochen en vogue zu sein scheint, ist mir zu abstrakt.
Deshalb möchte ich ein Beispiel machen, das zur Versachlichung, nicht zur Negierung des Problems beitragen soll:

Arbeitnehmer ledig, keine Kinder:
Brutto/Jahr .............. 30.000 ....... Steuer 4.747........ pers. Steuersatz 15,82%
Erhöhung 2.000 .... 32.000 ....... Steuer 5.342 ........ pers. Steuersatz 16.69%
Differenz ................... 2.000 ........................ 595 .......................................... 0,87

Von den 2.000 Euro mehr pro Jahr sind 595 Euro Steuern zu zahlen. Das bedeutet, der Grenzsteuersatz für die letzten 2.000 Euro liegt bei 29.75%, der persönliche Steuersatz, also der Betrag, der diesem Arbeitnehmer pro Jahr an Steuern abverlangt wird, steigt um 0,87% von 15,82 auf 16,69%. Von jedem der 32.000 Euro sind 16,69 Prozent (= ca. 17 Cent) an das Finanzamt zu bezahlen.

Arbeitnehmer verheiratet, keine Kinder:
Brutto/Jahr .............30.000 ....... Steuer 1.634 .......... pers. Steuersatz 5,44%
Erhöhung 2.000 .. 32.000 ....... Steuer 2.100 ............pers. Steuersatz 6.56%
Differenz ................. 2.000 ........................ 466 ........................................... 1,12%

Von den 2.000 Euro mehr pro Jahr sind 466 Euro Steuern zu zahlen. Das bedeutet, der Grenzsteuersatz für die letzten 2.000 Euro liegt bei 23,30%, der persönliche Steuersatz, also der Betrag, der diesem Arbeitnehmer pro Jahr an Steuern abverlangt wird, steigt um 1,12% von 5,44 auf 6,56%. Von jedem der 32.000 Euro sind 6,56 Prozent (= etwa 7 Cent) an das Finanzamt zu bezahlen.

Meine Steuererklärung steht im Internet auf meiner Homepage. Daraus können Sie entnehmen, dass mein persönlicher Steuersatz bei rund 36% liegt, ich also von jedem Euro Diät pro Jahr 36 Cent an den Staat zurückgebe. Mein Grenzsteuersatz liegt bei 42%, d.h. von jedem Euro mehr muss ich 42% an das Finanzamt bezahlen.

Es gibt bestimmt vielfältige Gründe, warum man in die Niederlande ziehen kann. In einer globalisierten Wirtschaft, bei unseren offenen Grenzen und der Vielsprachigkeit vieler Menschen, ist es heute nichts mehr Ungewöhnliches auf Zeit oder auch für immer in einem anderen Land zu leben.

Meiner Tochter hat viele Schul- oder Studienfreunde, die auf der ganzen Welt verteilt auf Zeit leben und arbeiten. Genauso hat sie aber viele Freunde aus aller Herren Länder, die auf Zeit oder auf Dauer in Deutschland leben und arbeiten.
Ich glaube nicht, dass die Steuern ein Grund sind als Arbeitnehmer in die Niederlande zu ziehen.

Laut OECD- Bericht 2004 lag die Steuerquote, also der Teil des Bruttoinlandsprodukts, den der Staat für sich beansprucht, in Deutschland in 2004 bei 20,8% in den Niederlanden bei 26,0%. Die Abgabenquote, also incl. Sozialversicherungsbeiträge, lag in Deutschland bei 34,7%, in den Niederlanden bei 39,5%.
Sollte ich mit meinen Antworten den Kern Ihres Anliegens verfehlt haben, bitte ich das zu entschuldigen und mir nochmals zu schreiben.

Herzliche Grüße
Gabi Frechen