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Frage von Anja G. •

Frage an Gabriele Frechen von Anja G. bezüglich Familie

Hallo Frau Frechen,

ich habe eine Frage zur Unterhaltsreform,welche Anfang 2008 in Kraft treten soll.

Mein Partner ist noch verheiratet( Scheidung voraussichtlich im Dezember oder Januar).
Seine Nochehefrau betreut 2 Kinder (8 und 11 Jahre). Sie hat sich während der Ehe ausschliesslich um die Kinderbetreuung gekümmert und ihren Job aufgegeben. Die Ehedauer betrug 11 Jahre.

Nach dem neuen Gesetz heisst es, dass man grundsätzlich nur 3 Jahre lang Betreuungsunterhalt bekommt(bis zum 3.LJ des Kindes). Allerdings steht dem die Billigkeitsklausel gegenüber, wonach die Richter der Frau einen längeren Unterhaltsanspruch zusprechen können. Wie lange kann der im Höchstfall sein?3 Jahre, 5 Jahre??

Bei dem einem Kind(8Jahre) gibt es eine Übermittagsbetreuung in der Schule und das andere Kind geht auf das Gymnasium, wo keinerlei Übermittagsbetreuung angeboten wird.

Wann kann der Mutter im konkreten Fall eine Erwerbsobligenheit auferlegt werden (sie hat eine kaufmännische Ausbildung und Stellen zu ihrem Beruf gibt es)???

Mit freundlichen Grüßen
Anja Giel

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Giel,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Unterhaltsrecht. Lassen Sie mich zunächst auf die Frage eingehen, wie lange der Frau Ihres Partners ein Betreuungsunterhalt für das gemeinsame Kind maximal zusteht. Im Gesetzentwurf zur Reform des Unterhaltsrechts ist festgelegt, dass die Unterhaltspflicht für mindestens drei Jahre nach der Geburt besteht. Sie verlängert sich, solange und soweit dies angemessen und notwendig erscheint. Dabei sind besonders die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1615 I. Abs. 2 Satz 3 BGB). Eine Höchstgrenze sieht der Gesetzentwurf ausdrücklich nicht vor. Es ist somit abzuwarten, wie die zuständigen Gerichte die Neuregelung anwenden werden.

Sie fragen außerdem, wann der Mutter eine Erwerbsobliegenheit auferlegt werden kann. Hier findet mit der Reform des Unterhaltsrechts eine Neuregelung durch den § 1574 BGB statt. Demnach obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. Angemessen ist diese, wenn sie der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht. Dabei sind jedoch die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Durch diese Neufassung wird der Grundsatz der Eigenverantwortung stärker betont und die Anforderungen an die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Scheidung erhöht. Es wird klargestellt, dass den geschiedenen Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit trifft. Für den von Ihnen beschriebenen Fall ist eine Neuerung wichtig: So wurde das Merkmal der früheren Erwerbstätigkeit aufgenommen. Die Erwerbstätigkeit in einem früher ausgeübten Beruf ist grundsätzlich immer angemessen. So argumentiert auch der Bundesgerichtshof: „Dem bedürftigen Ehegatten ist es verwehrt, Unterhalt auf der Basis einer höheren Berufsqualifikation zu fordern, wenn er im Verlauf der Ehe über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg eine geringer qualifizierte Tätigkeit ausgeübt hat“ (BGH, FamRZ 2005, 23).

Sie weisen außerdem auf vorhandene Betreuungsmöglichkeiten für das gemeinsame Kind hin. Die Berücksichtigung der individuellen Möglichkeiten der Kinderbetreuung wird in § 1570 Satz 2 BGB geregelt. Im Gegensatz zum bisherigen „Altersphasenmodell“, welches auf das Alter des Kindes abzielt, wird zukünftig verstärkt berücksichtigt, inwieweit aufgrund des konkreten Einzelfalls und der Betreuungssituation vor Ort von dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit neben der Kinderbetreuung erwartet werden kann. Die Kinderbetreuungsmöglichkeiten vor Ort werden zukünftig also eine größere Rolle spielen als bisher. Von einem Elternteil kann ein baldiger Wiedereinstieg in den Beruf erwartet werden, soweit die Belange des Kindes oder mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht entgegenstehen.

Sie werden verstehen, dass ich Ihnen anhand der vorliegenden Informationen nicht sagen kann, ob oder ab wann der Mutter eine Erwerbsobliegenheit auferlegt werden kann. Außerdem vertrete ich als Mitglied des Bundestages die Legislative. Die Bewertung des konkreten Einzelfalles obliegt den zuständigen Behörden, eventuell dem zuständigen Gericht. Daher empfehle ich Ihnen, sich an die zuständigen Stellen zu wenden oder eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Erläuterungen trotzdem helfen konnte. Bei weiteren Fragen können Sie sich gern wieder an mich wenden.