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Frage von Hauke F. •

Frage an Gabriele Frechen von Hauke F. bezüglich Finanzen

sehr geehrte Frau Frechen,

ich danke Ihnen für die ausführliche Antwort, mit der Sie aber leider den Kern meiner Frage vermeiden. Es sieht so aus, als hätten Sie den Beitrag im Guardian nicht gelesen

http://business.guardian.co.uk/page/0,,2054487,00.html

(bitte beachten Sie, dass in dieser Tabelle die Zahlen in brit. Pfund angegeben sind, also mit 1,5 multipliziert werden müssen um auf Euro zu kommen.)
Nach dieser Aufstellung hat also der Spitzenverdiener unter den Fonds Managern John Arnold mit 1.5 Milliarden Euro in 2006 allein soviel "verdient" wie alle Vorstände der Stoxx 50 zusammen. Der Spitzenverdiener der Vorstandschef in Europa - Vasella von Novartis - bekommt mit seinen "bescheidenen" 22,3 Mio Euro gerade mal ein Drittel dessen, was der letzte in der Liste der Top 100 der Fondsmanager erhält.

Dank einer rot-grünen Gesetzesänderung sind seit 2004 die Einkünfte von Fondsmangern in Deutschland zu 50% steuerfrei. Zur Förderung der Wagniskapitalbranche hat das Wirtschaftsministerium noch unter Clement einen eigenen Fonds aufgelegt, den ERP-EIF Dachfonds. Wirtschaftsministerium und ERP haben jeweils 250 Mio Euro in einen Dachfonds eingelegt, welcher von der EIF gemanagt wird und in VC-Fonds investiert. Von diesen 500 Mio werden mehr als 150 Mio für die Honorierung der Geldverwalter eingesetzt. Der aktuelle Entwurf des BMF zur Regelung der beteiligungsbranche sieht weitere Steuerbegünstigungen vor.

Innovation ist wichtig, aber taugt sie wirklich zur Begründung sozialer Unausgewogenheit?

Ihr Plädoyer für den Mindestlohn wäre glaubwürdiger, wenn Sie den Antrag der Linken zur Einführung desselben nicht abgelehnt hätten.

mit freundlichen Grüßen
Hauke Fürstenwerth

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fürstenwerth,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Selbstverständlich habe ich mir den Guardian-Artikel, genauer gesagt: die Tabelle im Guardian, angeschaut. Tatsächlich sind die Einkommen von Fondsmanagern deutlich höher als die Einkommen anderer Top-Verdiener der Wirtschaft. Daraus einen Vorwurf an die Politik abzuleiten, halte ich jedoch nicht für richtig. Daraus aber ausgerechnet einen Vorwurf an die Bundesregierung und speziell die SPD zu machen, empfinde ich schon beinahe als zynisch.

Sie werden sich daran erinnern, dass die Diskussion um das Wesen und die Funktion von Fondsgesellschaften mit dem so genannten „Heuschrecken-Vergleich“ von Franz Müntefering begonnen hat. In der Folge hat sich die SPD deutlich gegen jegliche Form von Missbrauch des Instruments von Beteiligungs- und Hedgefonds ausgesprochen. Die Ablehnung einer rein renditeorientierten Nutzung großer Fonds geht mit der grundlegenden Gestalt sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik einher: Der Verbindung von Ökonomie und sozialer Verantwortung. Wo Beteiligungsfonds dringend notwendiges Kapital für junge, kreative Unternehmen bereitstellen und so für Innovation und Arbeitsplätze sorgen, finden sie unsere Unterstützung. Wo sie dagegen nur auf die Erwirtschaftung hoher Renditen ohne Rücksicht auf die Unternehmensentwicklung setzen, lehnen wir sie klar ab.

Dass man dabei über die Höhe der Gehälter der Fondsmanager aufgebracht sein kann, steht außer Frage. Inwiefern Jahreseinkommen im dreistelligen Millionenbereich gerechtfertigt sind, ist tatsächlich schwer nachzuvollziehen. Dieses Problem ist jedoch kein politisches – und das sollte es auch nicht sein. Es ist ein Grundpfeiler unserer demokratischen Ordnung, dass Löhne und Gehälter von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften verhandelt und beschlossen werden, und nicht von der Politik. Auch Spitzenmanager sind Angestellte ihrer Unternehmen, und die Entscheidung über die Höhe ihrer Bezahlung findet innerhalb des Unternehmens statt.

Ihr Argument, dass die Bundesregierung (sei es nun die rot-grüne oder die aktuelle) die Fondsmanager durch Steuererleichterungen weiter entlastet, leuchtet mir nicht ein. So hat die SPD in der Großen Koalition die so genannte „Reichensteuer“ eingeführt, die Einkommen von mehr als 500.000 Euro zusätzlich besteuert. In den letzten Jahren haben sowohl die rot-grüne als auch die aktuelle Bundesregierung mehrfach Steuervergünstigungen und Steuergestaltungsmöglichkeiten für Besserverdienende erheblich eingeschränkt. Weitere Reformen, wie die der Erbschaftsteuer, befinden sich in der Vorbereitung.
Viel wichtiger erscheint mir jedoch: Weder der von Ihnen angeführte Fonds-Manager John Arnold, noch einer der weiteren Fonds-Manager auf der Guardian-Liste hat die deutsche Staatsangehörigkeit bzw. seinen Wohnsitz in Deutschland – folglich ist keiner dieser Fondsmanager dem deutschen Steuerrecht unterworfen.
Explizit sprechen Sie eine gesetzliche Regelung aus dem Jahr 2004 an, und zwar die so genannte „Carried interest“-Regelung. Diese wurde im Rahmen der Offensive „Pro Mittelstand“ eingeführt. Die Initiatoren von Beteiligungsfonds, die Wagniskapital an wachstumsorientierte Unternehmen vergeben, erhalten einen höheren Anteil („carried interest“) am Gewinn aus dem Verkauf von Beteiligungen. Um diese Form der Finanzierung zu Gunsten von jungen Unternehmen in Deutschland zu fördern, wird dieses Carried Interest im Halbeinkünfteverfahren besteuert, statt – wie vor 2004 – mit dem persönlichen Steuersatz des Fondsmanagers. Durch die neue Regelung wurde der Anreiz, junge und innovative Unternehmen mit Mitteln aus Private-Equity-Fonds zu versorgen, verstärkt. Dass dies besonders wichtig für mittelständische Unternehmen und Start-ups ist, liegt auf der Hand. Die Regelung sorgt aber im Gegenzug auch dafür, dass der Fondsmanager nicht nur stärker am Erfolg des Fonds beteiligt wird, sondern auch an einem eventuellen Misserfolg. Außerdem wird ein Missbrauch dieser Regelung, wie Sie ihn ja offenbar befürchten, durch das aktuelle Private-Equity-Gesetz praktisch ausgeschlossen, wie ich im Folgenden erläutern werde.
Auf das Private-Equity-Gesetz selbst bin ich in meiner Antwort auf ihre erste Frage bereits eingegangen. An dieser Stelle möchte ich aber noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass dieses Gesetz die Nutzung von Venture Capital und Private Equity Fonds für junge Unternehmen mit geringer Eigenkapitalbasis gedacht ist. Eine nur kurzfristige Beteiligung an diesen Unternehmen wird im Gesetzentwurf ausdrücklich ausgeschlossen. Die von Ihnen kritisierte steuerliche Förderung dient somit Unternehmen in der Startphase, die über einen Zeitpunkt von mehreren Jahren finanzielle Mittel benötigen um sich am Markt zu etablieren. Die Plünderung von Unternehmen durch international agierende Fonds dagegen wird in keiner Weise unterstützt.
Was ihre Forderung nach der Unterstützung des Antrages der Fraktion DIE LINKE zur Einführung eines Mindestlohnes angeht, so stimme ich Ihnen keineswegs zu. Der im Bundestag zur Abstimmung gestellte Antrag entsprach fast wortwörtlich einem Positionspapier der SPD. Für mich ist die Einbringung dieses Antrags jedoch keine verantwortungsvolle politische Handlung, sondern schlichter Klamauk. Es ging den Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE nicht um die Einführung des Mindestlohnes, sondern schlicht und einfach darum, Streit in der Koalition zu säen und für mediale Aufmerksamkeit zu sorgen, ohne irgendeinen Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Das entspricht dem Selbstverständnis dieser Fraktion und Partei, ich dagegen setze mich für ernsthafte und verantwortungsvolle politische Lösungen der Probleme der Menschen ein.

Wir Sozialdemokraten wollen den Mindestlohn, und wir werden weiter dafür kämpfen. Auf politische Abenteuer mit Parteien, welche die politische Verantwortung scheuen, lassen wir uns dagegen nicht ein.
Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt ausführlich erläutern konnte.

Mit freundlichem Gruß

Gabi Frechen, MdB